Zeitreise(n) durch Bad Iburg |
Charlottensee
Am Charlottensee steht auf einer Erläuterungstafel geschrieben:
Der Charlottensee |
Luftbild mit Charlottensee, um 1960 |
Doch wie und unter welchen Umständen entstand der Charlottensee und welche Nutzung erfolgte hier früher?
Einst befand sich in diesem Bereich ein mit Erlen bestandenes feuchtes und sumpfiges Areal, welches weder verkehrsmäßig noch zivilisatorisch erschlossen war.
Erst 1595 ließ Philipp Sigismund von
Braunschweig-Wolfenbüttel (geb.: 01.07.1568 auf Schloss Hessen,
gest.: 19.03.1623 in Iburg), seit 1591 Fürstbischof im Hochstift
Osnabrück, einen Mühlteich und eine Mahlmühle anlegen. An der
Westseite des heutigen Cafés und Restaurants "Schloßmühle
Bad Iburg" findet sich noch heute ein Gedenkstein aus
Baumberger Sandstein mit der Inschrift:
"Philipp Sigismund, von Gottes Gnaden ernannter Bischof
von Osnabrück und Verden, Probst von Halberstadt, Herzog von
Braunschweig und Lüneburg hat erstmals den Auftrag gegeben, dass
diese Mühle gebaut wurde im Jahr 1595, dem 4. Jahr seiner
Regierungszeit."
Dieser Gedenkstein wurde 1605 von dem Bildhauer Berendt Kottmann
aus Münster gefertigt - Ende August 1605 wurde der Wappenstein
abgeholt.
Der Mühlen- und Stauteich wurde zeitgleich nördlich der Mühle angelegt. Dazu wurden aus den umliegenden Kirchspielen die dienstpflichtigen Bauern zu kostenlosen Hand- und Spanndiensten herangezogen. Lediglich die Verpflegung, darunter auch Bier, wurde von der bischöflichen Verwaltung zur Verfügung gestellt. So wurde den Dienstpflichtigen aus dem Kirchspiel Glane Bier für 3 Thaler, 13 Schilling und 6 Pfennig gegeben, den Bauern der Kirchspiele Hilter und Borgloh wurden "vor das Graben" 3 Tonnen Grüßing, ein würziges, statt Hopfen mit Gagelstrauch versetztes Kräuterbier, verabreicht.
Der Historiker Rainer Rottmann berichtete:
"In mühseliger Handarbeit mussten Erlen und Gestrüpp
gerodet und der Teich in dem feuchten Gelände ausgeschachtet
werden."
Zur Mühle hin wurde ein Wall errichtet, damit das Wasser höher
gestaut werden konnte. Dieser Wall wurde als "Mollendeickes
Damm" ("Mühlenteichsdamm") bezeichnet. Um dem
Druck des aufgestauten Wassers stand zu halten, wurden mit einer
großen Ramme Eichenpfähle in den Untergrund eingebracht, der
Damm mit Steinen befestigt und mit Torfsonden sorgfältig
abgedichtet.
Die Wasserzuführung erfolgte über den Kolbach, dessen Quelle etwa 1,5 km nördlich von Iburg auf einer Höhe von 198 m über NN an der Südwestflanke des Dörenbergs entspringt.
Im Jahr 1596 wurden für 14 Thaler 1.220 Zuchtkarpfen aus der Senne beschafft und überwiegend in den neuen Mühlenteich eingesetzt.
In den Iburger Klosterannalen des Abtes Maurus
Rost ist dazu festgehalten:
"Der Fürst, der nicht unthätig sein konnte, errichtete
zum Gebrauch für seinen Hof und die Bevölkerung die sogenannte
Neue Mühle und verwandelte den mit Erlen bestandenen Grund in
einen Teich, damit das Wasser desselben die Mühlenräder treiben
könnte. Obgleich dies dem Abt [Johann Strubbe] als
Präjudiz sehr unangenehm war, und er sich darüber beklagte, so
ließ er es doch, weil der Bau nothwendig erschien, aus
Vernunftsgründen und auf den Rath von einigen geschehen."
Im "Manuale Monasterii Iburgensis Super Consuetudinibus eiusdem" ("Handbuch des Iburger Klosters über dessen Gewohnheiten") aus dem Jahr 1690 schrieb der Abt Maurus Rost über die klostereigenen Fischteiche: "Die Ufer und Zuflüsse bei den Fischteichen sind im Herbst sowie im beginnenden Frühjahr zu besichtigen und zu reparieren, ja sie müssen im Laufe des Jahres einige Male geprüft werden, ob genügend Wasser vorhanden ist und ob eventuell durch einen Fremden Wasser zu unerlaubten Stellen abgeleitet wird (...). Jedes Jahr ist ein Fischteich zu erneuern und von Sand bzw. Schlamm zu reinigen. (...) Es darf nicht geduldet werden , daß Hausenten in unsere Fischteiche hineinschwimmen, weil sie sowohl die Fischeier hinunterschlucken und die kleinen Fische verschlingen als auch das Gras zertreten und ausreißen." Gleiches geschah sicherlich auch bei den fürstbischöflichen Teichen.
Ab spätestens 1724 fand eine Verpachtung der Mühle statt:
Jahr: | Pächter: |
1724 | Johann Kreeling, Melle |
1736 | Johann Heinrich Brune, Iburg |
1741 | Christian Pohlmann, Iburg |
1746 | "Provisor Cruse", Iburg |
1763 | Franz Möller, Bissendorf |
1767 | Johann Heinrich Sattler, Hagen |
1773 | Daniel Vehmeyer Franz Vehmeyer (Sohn) |
Schloß und Kloster sowie Flecken Iburg, in der unteren linken Bildhälfte der Mühlenteich (von mir koloriert) mit der Mühle, Federzeichnung von Renier Roidkin, um 1733 - 1737 |
1746 und 1768 wurde die Mühle nach einer verheerenden "Wasserfluth" schwer beschädigt - 1768 wurden sogar die Staudämme vom Wasser durchbrochen.
"Carte von einigen Landesfürstlichen Dominal
Grundstücken im Amte Iburg" mit der "Landesfürstlich
verabpachteten Neuen Mühle", vermessen von Georg Heinrich Hollenberg im Jahre 1796, K = Mühlenteich, g = der runde Kamp, h = die Wiese am runden Kampe, i = der Kamp am Klostergarten, l = die erste Wiese NLA OS K 73 Nr. 111 H |
Im Rahmen der Säkularisation gelangte die Mühle und der Mühlteich in das Eigentum der Königlichen Kloster-Kammer - diese verpachtete die Mahlmühle im Jahre 1811 an Johann Diederich Diersing aus dem Kirchspiel Ankum; dieser trat 1833 vom Pachtvertrag zurück.
1833 wurde die Mühle zu einer Korn- und
Bokemühle erweitert - Pächter war ab 1833 der Branntweinbrenner
Ernst Schierhölter aus Averfehrden.
Dieser schrieb 1845, dass der Mühlenteich "großen Theils
zugeschlämmet" sei (NLA OS Rep 350 Nr. 1194).
Am 9. April 1856 verkaufte Schierhölter das Erbpachtrecht an den Müller Gerhard Heinrich Führmeyer aus Engter (Amt Vörden).
Neben der Korn- und Bokemühle entstand 1881 eine Sägemühle, deren erster Pächter Carl Greve wurde. Am 29. August 1894 übernahmen die Söhne Adolf und Louis Greve den Mühlbetrieb.
Benachbarte Anwohner beschwerten sich 1898, dass sie durch das Stauen "feuchte Keller" hätten (NLA OS Rep 350 Nr. 5614), obwohl bereits 1884 das "Stauziel für die Greven'schen Wassermühlen oberhalb und unterhalb des Schlosses" verbindlich festgelegt wurde.
Ab 1900 wurde die Wasserkraft nicht mehr für den Mühlenbetrieb eingesetzt.
Postkarte vom Langenberg Richtung Schloss und Kloster
Iburg, im Vordergrund die Mühle mit dem Mühlenteich, Postkarte gelaufen im September 1907 |
Ab dem 24. November 1912 führte Adolf Greve alleinig den Sägebetrieb weiter - er fertigte Holzkisten.
Blick von Süden Richtung Mühle mit Sägewerk (rechts), Postkarte 1915 gelaufen |
In der noch vorhandenen Mahlmühle arbeitete bis ca. 1920/21 der angestellte Müller Krampe; danach wurde die Mahlmühle geschlossen.
Mitte 1923 beantragte Adolf Greve die formelle
Eintragung der Wasserrechte in das "Wasserbuch". Der
beauftragte Vermessungsingenieur schrieb diesbezüglich am 17.
Juli 1923:
"Das Sägewerk des Antragstellers (...) erhält sein
Betriebswasser aus dem Kolbach. Dieser wird auf Parzelle
Gemarkung Mäscher Flur 2, Nr. 219/38 zu einem Sammelteiche
aufgestaut." Adolf Greve wurde als "Wassermüller"
bezeichnet.
1928 übernahm August Schwartengräber als Pächter das Sägewerk und begann dort eine Stielfabrikation - die Produktion erfolgte mit Dampfmaschinen und kam ohne Wasserkraft aus.
Blick Richtung Nordwest auf das Sägewerk, um 1930 |
Der Mühlen- und Stauteich verlandete immer mehr.
Spaziergang auf der verlandeten Fläche - mittig:
Christian Dütting, Foto um 1921 |
Am 16. Juni 1932 schloss der spätere Iburger
Ehrenbürger Robert Hülsemann (geb.: 16.10.1868, gest.: 05.07.1950)
mit dem Mühlenbesitzer Adolf Greve einen Vertrag zur Nutzung des
Teichgeländes: "Greve gestattet Hülsemann die
ausschließliche Benutzung seines in der Flur Mäscher unter
Artikel 23 eingetragenen Teichgeländes zur Anlage eines Stausees
und Ausnutzung desselben durch gewerbsmäßigen Bootsverleih,
Fischzucht und Eislauf (...)". Der Verpächter Adolf Greve
behielt sich eine begrenzte Wasserentnahme vor. Hülsemann war es
dagegen laut § 6 des Vertrages freigestellt, "(...) an
seine Stelle den [noch zu gründenden] Kurverein Iburg treten zu
lassen." Hintergrund dieser Regelung war, dass Leistungen
des Freiwilligen Arbeitsdienstes nicht von Privatpersonen,
sondern nur von Vereinen in Anspruch genommen werden konnten, die
gemeinnützige Ziele verfolgten.
Der Freiwillige Arbeitsdienst (FAD) war ein
im Jahr 1931 eingeführtes öffentlich gefördertes
Beschäftigungsprogramm der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung
und Arbeitslosenversicherung der Weimarer Republik. Junge,
arbeitslose Menschen sollten sich freiwillig in einem
Arbeitslager zusammenfinden, um von hier aus für eine befristete
Zeit einer Tätigkeit nachzugehen, die für die Allgemeinheit
einen Nutzen stiftete und andererseits den Betroffenen das
Gefühl gab gebraucht zu werden.
Am 22. Juni 1932 wurde der "Kurverein e.V.
Iburg" auf Anregung von Robert Hülsemann zur Hebung des
Iburger Kurbetriebs mit einem Stammkapital von 5.000,- Reichsmark
gegründet - dazu wurden 100 Anteil-Darlehnsscheine zu je 50,-
Reichsmark veräußert. Dem 1. Vorstand gehörten der Fabrikant
Heinrich Tepe sen. (Vorsitzender), Schriftsteller Robert
Hülsemann (Schriftführer), der Krankenkassenrendant Fritz
Kuhnert (Kassierer), der Seilermeister Friedrich ("Fritz")
Körner, der Kreissekretär Willi Beinkämpen und der
Justizsekretär Fritz Knickenberg an.
Auf deren Initiative sollte der Bau eines größeren Sees als
"Sommererholungsstätte für abgearbeitete Stadtbewohner"
und Wassersportstätte für die Jugend geschaffen werden.
Am 25. Oktober 1932 trat der Kurverein Iburg in den oben erwähnten Vertrag zwischen Greve und Hülsemann ein (NLA OS Dep 13b, Nr. 290).
Im Juni 1932 wurde beim Landesarbeitsamt
Niedersachsen in Hannover ein Antrag auf Anerkennung dieser
Maßnahme gestellt und abschließend genehmigt. Der "Kurverein
e.V. Iburg" wurde als "Träger des Dienstes" und
"ausführende Stelle" ermächtigt 35 jugendliche
Arbeitsdienstfreiwillige unter 25 Jahren einzustellen; die
Arbeitszeit betrug 8 Stunden täglich, wovon eine Stunde pro Tag
der geistigen und sportlichen Ertüchtigung gewidmet sein mussten
- diese Aufgaben übernahmen bereitwillig einige Iburger Herren.
Die Entlohnung betrug 2,- Mark pro Tag.
Die Gesamtkosten der Maßnahme wurden auf 7.900,- Mark
festgestellt, wovon der Freiwillige Arbeitsdienst 2.300 Tagwerke
im Betrag von 4.140,- Mark übernahm. Das Arbeitsamt Osnabrück
übernahm die Überwachung der Durchführung.
Am 9. August 1932 erfolgte der erste Spatenstich. In den
Folgemonaten mussten rund 10.000 m3 Erdmassen mit
Schaufeln ausgehoben und in Kippwagen verladen werden.
Elektrische Winden beförderten die Loren mit der Erde auf
Gleisen in die Umgebung, wo sie zur Auffüllung von Sumpf- und
Brachland verwendet wurden.
Arbeitsdienstfreiwillige für den "Stausee am
Iburger Schloßberg", aus: Osnabrücker Tageblatt, 01.10.1932 |
Auf späteren Anträgen wurde die Maßnahme um
3.200 Arbeitswerke erweitert und die Gesamtkosten auf 15.000,-
Mark erhöht, wovon der Freiwillige Arbeitsdienst 9.480,- Mark
übernahm.
Während der Bauphase wurden 111 Arbeitsfreiwillige beschäftigt
- viele während der gesamten Zeit ihrer gesetzlich auf 20 Wochen
beschränkten Zulassung.
Der größte Teil der Arbeitsfreiwilligen bestand aus
Ortseingesessenen, die anderen kamen aus dem Kreis Iburg. Ihrem
Beruf nach setzten sie sich wie folgt zusammen:
20 Schlosser und Schmiede, 17 Zimmerleute und Tischler, 8 Maurer,
7 Bäcker, 6 Schlachter, 5 Sattler, 5 Landarbeiter, 4 Schneider,
2 Schuhmacher, 2 Handlungsgehilfen, 2 Gärtner, 2 Elektriker, 2
Klempner, 1 Maler, 1 Kalkbrenner, 1 Buchbinder, 1
Milchkontrolleur, 18 ungelernte Arbeiter, 3 Studenten und 4
Schüler.
Robert Hülsemann berichtete im "Iburger
Fremdenblatt" 1933 weiter:
"Inmitten des Sees wurde eine Insel angelegt, deren Kern
aus einem auf eingerammten Pfählen ruhenden Betonblock besteht,
auf dem später ein Beleuchtungsturm errichtet werden soll, in
dessen Sockel ein Bruthaus für das Wassergeflügel vorgesehen
ist.
In der oberen Bucht wurde nach dem Plan der [weltweit
tätigen] Firma Richter & Borcherdt in Berlin eine
moderne Fontäne angelegt, die das Glanzstück der Anlage bildet.
19 Strahlen sprudeln aus einem Becken empor, aus denen bei
Einstellung der höchsten Leistung je Stunde 80 Kubikmeter Wasser
bis zu 27 Meter Höhe emporgeschleudert werden können, und deren
Kugellager-Konstruktion der Düsen es ermöglicht, die
mannigfachen Wasserbilder herzustellen. Der Standort der Fontäne
ist einzig. Von allen Bergeshöhen ringsum ist sie zu sehen,
dabei beeinträchtigt selbst bei starkem Wind die Streuung den
Bootsbetrieb auf dem See nicht. Zu Füßen der Fontäne bildet
der Überlauf des Beckens rundum einen gardinenartigen Wasserfall.
Dank der Kugellager-Konstruktion der Düse des Hauptstrahls kann
im Winter die Eisfläche allabendlich übersprengt werden, um
für den Schlittschuh- und Eissport täglich eine neue
spiegelglatte Fläche zu schaffen. (...)
Als besondere Zierde wurde in der oberen Tiergartenbucht eine
Gruppe besonders schöner Wasserrosen angepflanzt, zur Erinnerung
daran, daß sich zur Zeit Ernst Augusts dort das "Paradies"
an der Liebesinsel befand."
Die Seerosen stammten zum Teil aus China und wurden als Ableger
importiert - es waren vier Sorten in den Farben weiß, gelb, rosa
und rot.
Später wurde dieser Bereich "Seeroseneck" genannt.
Ansichtskarte aus dem Verlag Rennert, um 1942 | Ansichtskarte mit dem "Seeroseneck", im Hintergrund Haus Winninghoff |
Am Ende waren Baukosten i.H.v. 16.000,- Mark
verzeichnet, wovon der Kurverein ein Drittel dazusteuerte;
außerdem zerbrachen Hunderte Schüppenstiele.
Robert Hülsemann äußerte Ende 1933: "Dank sei vor
allen Dingen auch den Beamten des Arbeitsamtes Osnabrück, die zu
jeder Zeit bereitwillig und entgegenkommend mit Rat und Tat das
Werk fördern halfen und den Geschäftsverkehr in angenehmster
Weise vollzogen."
Am 15. Mai 1933 war der See fertig gestellt -
die festliche Einweihung des Charlottensees erfolgte am Sonntag,
den 18. Juni 1933.
Das Programm der Einweihungsfeier sah folgendermaßen aus:
06:00 Uhr | Großes Wecken |
11:00 Uhr - 12:30 Uhr |
Morgenkonzert am See ausgeführt von der Sturmbannkapelle II/78 und der Stahlhelmkapelle Osnabrück |
13:00 Uhr | Gemeinsames Mittagessen im Waldhotel
Felsenkeller (Gedeck 1,50 Mark. Anmeldungen tags vorher erwünscht) |
15:00 Uhr | Antreten zum Festmarsch Zugordnung: - Sturmbannkapelle II/78 - Adw.-Kompagnie mit geschulterter Schüppe - Mitglieder des Kurvereins Iburg - Stahlhelmkapelle Osnabrück - Sommergäste und Wochenendbesucher - Viel Volk Der Zug bewegt sich durch das festlich geschmückte Iburg über die Große Straße und Lindenallee zum Festplatz am See |
16:00 Uhr | Festrede und Einweihungsakt (Taufe und
Kanonensalut) Darauf Rundgang über den Seesteg und Enthüllung eines Mirakels. Rundfahrt der Mitglieder des Kurvereins. Bootrudern und Wasserscherze für die Gäste. |
18:00 Uhr | Springen der großen Iburgfontäne |
nachmittags | Konzert am See |
abends | Lampionfahrten mit Feuerwerk und Vorträge des
Männergesangvereins Iburg: "Das Meer erglänzte so
weit hinaus" und "Still ruht der See" Trompetensoli vom Burgberg Festball |
Tageskarten konnte man für 1,- Reichsmark,
Nachmittagskarten für 0,50 Reichsmark erwerben.
Für eine evtl. Rückfahrt nach Osnabrück standen Sonderwagen
der Reichspost bereit.
Eine Festrede hielt der Leiter des Arbeitsamtes
Osnabrück, Dr. Kellner, der die Rede mit einem "See-Heil
auf die Seestadt Iburg" beendete.
Die Taufe des Sees vollzog "Fräulein Gili Rinklake",
die Tochter des Iburger Bürgermeisters Hermann Heinrich
Rinklake. Nachdem die Kapelle das Flottenlied gespielt hatte,
schleuderte sie mit den Worten "Charlottensee, du sollst zu
allen Zeiten von Iburgs Schönheit Kunde rings verbreiten"
ein Glas deutschen Sekts in den See, während von der kleinen
Insel Kanonenschläge ertönten und die Fontäne ihre größte
Höhe erreichte.
Zur Einweihungsfeier veröffentlichte Robert Hülsemann folgendes Gedicht:
Am Fuß der Iburg liegt ein See,
Beschattet von uralten Bäumen,
Dort lebt noch heute die Waldesfee,
Sie ladet dich ein zum Träumen.
Sie spricht zu dir: Neunhundert Jahr
Steht hoch die Burg dort oben,
In ihr ward einst eine Königin
Aus heil'ger Taufe gehoben.
Viel Gäste weilten dazumal
Dort oben im alten Schlosse.
Hell strahlten die Lüster im Rittersaal,
Laut wieherten feurige Rosse.
Und hier auf dem See, in lauer Nacht,
Da gondelten auf und nieder
Viel Edeldamen in großer Pracht
Und sangen Minnelieder.
Drum sei zu Ehren der Königin,
Die Preußen hier erstand,
Der See in fernste Zeiten hin
Charlottensee genannt.
Für den Ruderbetrieb wurden zunächst neun
Boote angeschafft - vier Ruderboote, vier Paddelboote und ein
Juxboot.
Die Ruderboote trugen die Namen "Philipp Sigismund" (Fürstbischof
von 1591 - 1623), "Franz Wilhelm" (Fürstbischof von
1625 - 1661), "Ernst August" (Fürstbischof von 1662 -
1698) und "Maurus Rost" (Abt von 1666 - 1705). Die
Paddelboote hießen "Sophie" (Gemahlin von Ernst August),
"Charlotte" (Tochter von Ernst August), "Liselotte"
(Pfalzgräfin) und "Leonore" (Herzogin von Celle). Das
Juxboot nannten sie nach einem der Wiedertäufer "Knipperdolling".
Im Kurverein Iburg waren folgende Mitglieder
mit Zuständigkeiten betraut:
Fritz Knickenberg - Boote und Bänke,
Adolf Vornbäumen - Wassergeflügel,
Heinrich Beermann - Fontäne,
Josef Winninghoff - Fische,
Wilhelm Hinze - Anlagen,
Bernhard Hunkemöller - Bootskarten,
Fritz Kuhnert - Fischfangbeauftragter,
Bernhard Hellmann - Fischfangbeauftragter.
Am 16. Juli und 20. August 1933 fanden die Wasserfeste des Kurvereins Iburg mit folgendem Programm statt:
11:00 Uhr - 12:30 Uhr |
Morgenkonzert am See, ausgeführt von der Sturmbannkapelle II/78 aus Osnabrück |
15:30 Uhr | Beginn der Wasserwettstreite auf dem
Charlottensee 1. Buchtenfahrt für Ruderboote (1.000 m) 2. Buchtenfahrt für Paddelboote (1.000 m) 3. Schönheitsfahrten für Paddelboote (Inselfahrt) 4. Vorführung und Wettfahrten für Faltboote 5. Schulrudern für Ruderboote 6. Wasserscherze im Juxboot Knipperdolling |
18:00 Uhr | Springen der großen Iburgfontäne |
19:00 Uhr | Preisverteilung |
Bei Eintritt der Dunkelheit |
Lampionreigen auf dem See, venetianische Nacht, Konturenillumination |
Nachmittags- und Abendkonzert am See, darauf Kurball |
Die Tageskarten kosteten 0,50 Reichsmark, Inhaber von Kurkarten hatten freien Eintritt - die Tanzkarten kosteten für alle 0,50 Reichsmark.
Der "1. Petri-Fischzug", als "Schluß
der Saison", folgte am 28. Oktober 1933 mit anschließendem
Fischessen im Waldhotel Felsenkeller.
Dazu war zu lesen: "Es besteht die Absicht bei der
feierlichen Einweihung des neu angelegten Stausees dem See den
Namen Charlottensee zu geben, nach der am 24. Oktober 1668 auf
der Iburg geborenen ersten preußischen Königin. Alljährlich am
Geburtstage der hohen Taufpatin wird ihr zu Ehren der See
ausgefischt, und damit sich alle die, die sich als Jünger Petri
für den Fischfang interessieren, den Tag besser in ihr
Gedächtnis einprägen können, wird der Petri-Fischzug im
Charlottensee zu Iburg alljährlich am Nachmittag des letzten
Oktobersonnabends vor sich gehen."
Am 4. Mai 1933 wurde der Charlottensee mit 225 zweisommerigen
Karpfen und 100 ebenso alten Schleien besetzt. Durch die
Fütterung - das Futter war beim Seewart zu bekommen - hoffte man
nun auf 1.000 Pfund Fisch.
Und dazu war noch zu lesen: "Bessere Fische als unsere
Karpfen und Schleien im Charlottensee sind undenkbar. In reinem,
noch von keinen anderen Zuflüssen verunreinigtem Gebirgswasser
aufgezogen, gefüttert mit Reiskleie und Maizena [ein aus
Mais gewonnenes Stärkemehl], gebührt ihnen unbedingt das
Prädikat "Feinkost"! Gewiß buddeln auch unsere Fische
auf dem Seeboden im Schlamm, das ist ihre Bestimmung, aber es ist
reiner Naturschlamm."
Die Nähe von Robert Hülsemann zur Seefahrt äußerte sich in den am See aufgestellten Fahnen: die fünf Flaggen entsprachen dem internationalen Signalwesen auf See - es waren die Signalflaggen I - B - U - R - G.
Signalflaggen, die in dieser Reihenfolge das Wort "Iburg" ergeben |
1934 entstand ein Park am Charlottensee -
mehrere Personen stifteten dafür Bäume und Bänke.
Viele erinnern sich noch an den "Baum der Liebe", unter
dem eine Holzbank zum Verweilen einlud. Frühere Hochwasser
hatten die dort stehenden Ulmen unterspült, wodurch eine
schattige Laube entstand, dessen Umgebung der Iburger
Verschönerungsverein mit Bänken versah.
"Baum der Liebe", Postkarte 1936 gelaufen |
Mühlenrad, fotografiert am 20. März 1938 von Hans Hasekamp |
Von 1948 bis zum Ende der 1960er Jahre mussten die Schüler der Niedersächsischen Heimschule Iburg morgens in der ersten großen Schulpause einmal den Charlottensee umrunden.
Ansichtskarte mit Blick von Osten - im Hintergrund
das hölzerne Verkaufshäuschen, Postkarte gelaufen 1956 |
Ansichtskarte mit Blick von Nordnordwest - im
Hintergrund das neu erbaute Toilettenhäuschen, Postkarte gelaufen 1966 |
In den 1960er Jahren kaufte Albert Riemann das gesamte Gelände - er baute die alte Mühle um und errichtete Anbauten für das Café und Speiserestaurant "Schloßmühle". Im Untergeschoss der Schloßmühle befand sich der "Schloßkeller" bzw. der "Benno-Keller"; vor der "Schloßmühle" befand sich einst eine kleine Kanone.
Ansichtskarte mit Blick von Osten | Kleine Kanone vor der "Schloßmühle" |
In einem kleinen hölzernen Häuschen
vertrieben Huster-Hankers Andenken, Getränke, verkauften
Bootskarten und gaben die Schläger für den Minigolfplatz heraus.
Heute befindet sich an dieser Stelle der
"Charlottensee Grill Café" (Charlottenburger Ring 25).
Ansichtskarte mit Blick auf das Verkaufshäuschen, vor 1958 | Iburger Andenken vor 1967: Nassklebe-Etikette der Fa. Anton Rathgeber, München |
Blick auf die Boote, Ansichtskarte gelaufen 1973 |
Blick auf den Minigolfplatz, fotografiert vom Dach des ehem. Toilettenhäuschens |
1970 wurde die Fußgängerbrücke über die Rennbahn (heute: Charlottenburger Ring) gebaut und "schlug eine Brücke" zwischen Charlottensee und ehemaligem Kurhausgelände.
Bau der Fußgängerbrücke 1970 | Winterfreuden auf dem Charlottensee, Winter 1972/73, im Vordergrund der Autor auf Gleitschuhen, im Hintergrund Haus Hunke, Foto: Albert Grebing |
Im Jahr 1992 wurde eine kleine Veranstaltungsinsel im Charlottensee angelegt und der nordöstliche Bereich des Geländes neu gestaltet; die offizielle Einweihung erfolgte am 23. Mai 1992.
Für die Landesgartenschau im Jahre 2018 wurde das Gelände völlig überarbeitet und vom 18. April bis zum 14. Oktober 2018 in den Bereich der Landesgartenschau eingegliedert.
Nunmehr wird das Café und Restaurant "Schloßmühle Bad Iburg" (Charlottenburger Ring 27) von dem Gastronomen Ralf Schirmer fortgeführt.
Für Hinweise danke ich Rainer Rottmann, der in seinem Buch "Geschichte der Mühlen in Iburg und Glane" einen interessanten und aufschlussreichen Beitrag zur Iburger Mühlengeschichte verfasst hat.
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