Zeitreise(n) durch Bad Iburg

Haus Dütemeyer, Mäscher 28 (Osnabrücker Straße 7)

1. Dütemeyer

Erbaut wurde das Haus wahrscheinlich vom Osnabrücker Amtsgerichtsrat Georg Heinrich Dütemeyer (geb.: 26.02.1862 in Hankenberge, gest.: 1921 in Iburg). Der Gerichtsassessor Georg Dütemeyer wurde 1899 zum Amtsrichter ernannt und nahm 1901 eine Stelle als Amtsrichter in Bassum an und wurde später zum Amtsgerichtsrat zu Bassum (Alter Amtshof 71) und Osnabrück ernannt.
In Papenburg war Rudolf Dütemeyer als Amtsgerichtsrat tätig.

Seine Eltern waren der Landwirt und Kornbrennereibesitzer Georg Heinrich Dütemeyer, geborener Westerheide (geb.: 07.02.1823, gest.: 09.09.1901), und Maria Gertrud Kemper aus Hankenberge; das Paar hatte sieben Kinder.

Georg Dütemeyer war in der Tertia im Osnabrücker Gymnasium "Carolinum" ein Mitschüler von Christian Dütting; er studierte Jura in Leipzig und wohnte dort in der Hainstraße 30.

Georg Dütemeyer heiratete im Mai 1901 in Hankenberge Hedwig Louise Helene Sander (geb.: 11.12.1875), eine Tochter des Iburger Bürgers Franz Conrad Sander. Hedwig Dütemeyer, zuletzt wohnhaft in der Goethestraße 13 in Osnabrück, wurde auf dem Osnabrücker Hasefriedhof beerdigt.
Die Tochter Maria Sander (geb.: 22.02.1871, gest.: 18.04.1945) heiratete Prof. Heinrich Aschenberg (geb.: 20.09.1857, gest.: 28.02.1940) - das Ehepaar hatte drei Kinder.
Das Ehepaar Hedwig und Georg Dütemeyer hatte (ebenfalls) drei Kinder:
- Annemarie Gertrud, geboren am 2. Dezember 1902 in Bassum,
- Gertrud Anna, geboren am 29. Mai 1905 in Bassum (Zwilling),
- Hedwig Maria ("Hete"), geboren ebenfalls am 29. Mai 1905 in Bassum (Zwilling). Hedwig Maria war mit Heinrich Josef Hubert Schüller (geb.: 1883, gest.: 1961) aus Bonn verheiratet und verstarb als "Oma Iburg" in Titz-Müntz (Kreis Düren).

Im "Adreßbuch der Stadt und des Landkreises Osnabrück 1935/36" war der Rentner Franz Dütemeyer unter der Anschrift "Iburg Nr. 126" aufgeführt, unter der Anschrift "Mäscher 28" waren der Osnabrücker Taubstummen-Lehrer i.R. Wilhelm Ehebrecht, Agnes Kramer sowie die Witwe Maria Steinrück gemeldet.

In späteren Jahren lag das Haus hinter großen Bäumen versteckt.

Nach 1976 wurden in dem Gebäude für einige Jahre sog. "Boatpeople" (Bootsflüchtlinge) untergebracht, die in der Folge des Vietnamkrieges in Südostasien, vornehmlich aus Vietnam, geflohen waren.

Im angrenzenden Anbau waren zweitweilig der Malteser Hilfsdienst e.V. (MHD), Ortsgruppe Bad Iburg, untergebracht.

Im "Verzeichnis der Baudenkmale" vom November 1990 wurden als Eigentümer Elisabeth und Irmgard Dütemeyer, wohnhaft in der Kolpingstraße 1 in Georgsmarienhütte-Oesede, genannt.

Lageplan des Hauses Dütemeyer (mittig)

2. Praxis Dr. Elisabeth Bremer

"Es war im Jahre 1938, ein sonniger Herbsttag lockte uns nach Iburg zu fahren. Wir waren damals auf der Suche nach einem geeigneten Haus dort für uns. Am Offenen Holz stiegen wir aus dem Bus und gingen begeistert von der schönen Herbstlandschaft über die Osnabrücker Straße bis zum Haus Dütemeyer, das uns geradezu faszinierte durch die behäbige Kastanie in dem großen Vorgarten", so die Erinnerungen von Dr. med. Elisabeth Bremer (geb.: 24.08.1910, gest.: 03.11.1988).
Zu diesem Zeitpunkt war das Haus nur noch von der Witwe Agnes Kramer bewohnt.

Bald wurde mit dem Besitzer ein Pachtvertrag abgeschlossen und am 15. April 1939 eröffnete die Ärztin Dr. med. Elisabeth Bremer in dem Haus eine Arztpraxis.

In den erwähnten Erinnerungen lesen wir später: "Alte und junge Bürger kamen, ließen sich beraten und nahmen kneippsche Wechselgüsse in dem einzigen Badezimmer des Hauses. Der Druck der Wasserleitung war gering, aber es gab in der Küche eine herrliche kupferne Pumpe, und mit Hilfe einer Gießkanne konnten jetzt die Anwendungen sachgemäß durchgeführt werden.
Im Garten wurde die große Wiese zum Tautreten und für Gymnastik benutzt, der Kohlbach hinter dem Garten zur Wassertretstelle ausgebaut."
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Gymnastische Übungen im Garten der Arztpraxis von Dr. Bremer - im Hintergrund
die Neubauten am Dahlkamp

Die Arztpraxis an der Osnabrücker Straße betrieb Dr. Elisabeth Bremer bis zur Eröffnung einer neuen Praxis auf dem Dahlkamp im Jahre 1952.
1951 erbaute Dr. Elisabeth Bremer auf dem Dahlkamp (Sebastian-Kneipp-Allee 7) neue Praxisräume und ein privates Kneipp-Sanatorium mit allen Einrichtungen wie Badeabteilung sowie Ruhe- und Massageräumen. Das führte dazu, dass Iburg 1953 als Kneipp-Kurort anerkannt wurde.
1987 wurde Dr. Elisabeth Bremer zur Ehrenbürgerin von Bad Iburg ernannt.

3. Knoblich

Nach dem Tod des in Iburg tätigen Rechtsanwaltes und Notars Dr. Rudolf Salis mietete 1948 der im Jahre 1904 geborene Rechtsanwalt Dr. jur. Otto Knoblich dessen Büroräume an, um in Iburg als Rechtsanwalt und Notar zu arbeiten.
Zuvor war Dr. Otto Knoblich in Beuthen/Oberschlesien (Kaiser-Franz-Joseph-Straße 4) als Notar und Rechtsanwalt tätig.

Ansicht des Hauses von Südwest, 1957

Die private Wohnung befand sich im Haus Dütemeyer. Dort wurde in den Jahren 1959/60 auch noch Agnes Kramer als wohnhaft gemeldet.
In dem Haus verkaufte später sein Sohn, der Kürschnermeister Klaus Knoblich, Pelze.

Einnäher

4. Gaststätte Zeus

Seit dem 1. Januar 1994 befindet sich das griechische Restaurant "Zeus" in der Jugendstil-Villa.
Zuvor befand sich das Restaurant "Zeus" in den Räumlichkeiten der gegenüber liegenden ehemaligen Gaststätte Haverkamp (Osnabrücker Straße 10).

Inhaber war anfänglich Stergios Koutelidas - seit dem 13. Januar 2019 ist Athina Kritsinioti alleinige Inhaberin.

Lebensmittelgeschäft Lieselotte Kettler

Auf dem Grundstück Dütemeyer wurde von der Iburgerin Lieselotte Kettler, die mit ihrem Ehemann, dem Kaufmann Heinrich Kettler, privat am Eichholzweg 16 wohnten, ein Lebensmittelgeschäft erbaut. Baubeginn war am 12. April 1957, die Eröffnung erfolgte am 15. August 1957. Gleich in der Nacht vom 15. auf den 16. August 1957 erfolgte mittels Einschlagen der Eingangs-Glastür ein Einbruch.

Später befand sich in dem Gebäude ein Lebensmittelladen von Heinrich Bolte aus Georgsmarienhütte und der Imbiss "Pfannengrill" von Elke Rass (noch unter der Anschrift Osnabrücker Straße 9).
Seit 1991 befindet sich in dem Gebäude (heute: Osnabrücker Straße 7A) das Sonnenstudio "Lichtblick".

Der Einmannbunker (Splitterschutzzelle)

Nordnordöstlich des Hauses befindet sich eine sogenannte Splitterschutzzelle (SSZ), auch Einmannbunker, Einzelschutzraum und Luftschutzstelle genannt.

Die Splitterschutzzelle mit der Kennnummer RL3-43/31 (Einmannbunker) wurde ab 1943 von den Klöckner-Werken in Osnabrück-Eversburg produziert. Sie wurde aus Stampfbeton hergestellt und besteht aus mehreren rundwandigen Fertigbetonelementen (Sockel-, Mittel- und Deckenelement), welche beim Aufbau durch Eisenbolzen miteinander verankert wurden. Verstärkt wurden die Wände durch Spundwandstahl, welcher anschließend vom Stampfbeton ummantelt wurde; die Wanddicke betrug 40 cm - das Gewicht betrug damit etwa 10 Tonnen. Die Einstiegsluke konnte nach dem Aufbau an zwei Scharnieren eingehängt werden. Die sechs Sehschlitze ermöglichten eine 360 Grad Rundsicht. Um zu verhindern, dass die Splitterschutzzelle durch Explosionsdruckwellen umgeworfen werden konnte, wurde diese auf einem Fundament aus Beton errichtet. Bis zu zwei Personen fanden in der Splitterschutzzelle Platz.
Gegenüber anderen baugleichen Objekten wurde bei diesem Bunker das Deckenelement mit einer zusätzlich aufgesetzten Betonschicht verstärkt.
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In Osnabrück-Eversburg wurden ferner durch die Klöckner-Werke die "Betonblende mit Einbaugewände" zum Schutz von Kellerfenstern (RL3-38/195) und die "Luftschutzzelle aus 25 cm dickem Stahlbeton" (RL3-43/41) hergestellt.

Die Splitterschutzzelle war lediglich darauf ausgerichtet vor Splittern durch Bombenexplosionen oder Beschuss mit leichten Feuerwaffen zu schützen; vor Bombenvolltreffern konnten diese die Schutzsuchenden nicht schützen.

Der transportable Bunker wurde im Rahmen der Maßnahmen zur Verteidigung Osnabrücks gegen die Aliierten Bodentruppen dort abgeladen.

Etwa an gleicher Stelle soll sich ab dem 11. März 1945 eine Stellung des Volkssturms befunden haben, die zum äußeren der zwei Verteidigungsringe um Osnabrück gehörte; vermutlich sollte dieser Einmannbunker als splittersicherer Beobachtungsstand dienen. Neben den Männern vom Volkssturm wurden auch ältere Heimschüler der obersten Klasse (Zug 5) der "Deutschen Heimschule Schloß Iburg" eingesetzt.
Auf der gegenüberliegenden Seite in der ehemaligen Gaststätte Haverkamp (Osnabrücker Straße 10) befand sich ab dem Abend des 31. März 1945 der Gefechtsstand des "Ausbildungs-Regimentes 551". Das Regiment bestand aus den Ausbildungs-Bataillonen "588-Hannover", "17-Braunschweig", "211-Hildesheim", "348-Hameln" und "590-Hameln" - Kommandeur war der Ritterkreuzträger und Oberstleutnant der Reserve Hermann Spandau; zu diesem Zeitpunkt befand sich nur das Ausbildungs-Bataillon "590-Hameln" im Dörenberg. Am nächsten Tag (Ostersonntag, 01.04.1945) kam das Bataillon "17-Braunschweig" zusätzlich in den Raum Iburg. Weitere Einheiten wurden im Laufe des Tages aufgefangen und dem Regiment unterstellt: "Artillerie-Abteilung 394", "1. Pionier-Bateillon 20" und das "Panzer-Zerstörer-Infanterie-Geschütz 19".
Am Abend des 2. April 1945 wurde der Kommandeur der "84. Infanterie-Division", Generalmajor Heinz Fiebig, mit Stab auf dem Gefechtsstand bei Haverkamp bewirtet - dieser hatte sich aus dem Raum Münster durch die Feindlinie durchgeschlagen.
Am späten Nachmittag des 3. April 1945 erfolgte der geheime Regimentsbefehl: "(...) Trotz des heutigen Abwehrerfolges löst sich die Kampfgruppe aus eigenem Entschluss in der Nacht vom 3./4.4.45 vom Feind, setzt sich nach Nordosten ab und geht in der Linie Osnabrück-Wissingen-Westerhausen neu zur Verteidigung über." Als Begründung wurde angeführt, dass damit zu rechnen sei, dass am nächsten Tag der Gegner die vollständige Einschließung und Vernichtung " (...) der Kampfgruppe Spandau (...)" beabsichtigte. Das Ausbildungs-Bataillon "590-Hameln" verließ um 22:00 Uhr Iburg, das Ausbildungs-Bataillon "17-Braunschweig" verließ um 23:00 Uhr Iburg - der Marschweg führte über Borgloh, Holte und Bissendorf nach Schledehausen bzw. Wissingen-Ellerbeck.3

Nach dem Zweiten Weltkrieg forderten die Alliierten im Rahmen der Entmilitarisierung auch die Zerstörung bzw. Unbrauchmachung aller Luftschutzbauten, und damit auch aller Einmannbunker, auf. Aufgrund der großen Anzahl an Splitterschutzzellen blieben einige auch bestehen; einige Splitterschutzzellen wurden in der Vergangenheit von Gebietskörperschaften unter Denkmalschutz gestellt.

 

1 Ein Herbstspaziergang. In: Kur- und Verkehrsverein Bad Iburg e.V. (Hrsg.): Bad Iburg. Eine kleine Dokumentation. Bad Iburg 1984.
2 Homepage "Osnabücker Bunkerwelten", Dokumentationsplattform zur Erfassung ehemaliger Luftschutzanlagen des 2. Weltkriegs, https://www.osnabruecker-bunkerwelten.de/luftschutzanlagen/objekt/splitterschutzzelle-osnabruecker-strasse-pestalozzistrasse.html (abgerufen: 13.05.2022), Hauke-Tim Haubrock, Osnabrück.
3 Wegmann, Günter: Das Kriegsende zwischen Ems und Weser 1945, Kommissionsverlag H. Th. Wenner, Osnabrück 1982.

 

 

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