Zeitreise(n) durch Bad Iburg

Iburg während des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648) und seine Bedeutung für den westfälischen Frieden

1. Die Jahre vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges

a) Feindliche Truppen durchziehen das Hochstift Osnabrück

Bereits vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges durchzogen Truppen das Hochstift Osnabrück.

1553 belagerten und plünderten der kaiserliche Obrist und Landsknechtsführer Christoph von Wrisberg, der kurländische Bischof und Domherr von Verden Johann von Münchhausen und der Feldherr Dietrich XIX. von Quitzow die Iburg, als sie mit Philipp Magnus von Braunschweig-Lüneburg gegen das Hochstift Osnabrück zogen.

Auch durchzogen Söldner des Spanisch-Niederländischen Krieges (1568 - 1648), auch "Achtzigjähriger Krieg" genannt, mordend, raubend und plündernd das Osnabrücker Land:
Am 8. März 1604 fielen mehr als 1.400 niederländische Reiter und 500 Mann Fußvolk in den südlichen Teil des Amtes Iburg ein - so bezogen sie u.a. Quartier bei Bauern in Glane und belagerten den Flecken Iburg; dieser galt aufgrund der Stadtmauern und den drei Stadttoren jedoch als sicher - Fürstbischof Konrad III. (geb.: 1424, gest.: 21.05.1482) hatte den Ort durch eine Stadtmauer mit den drei Toren Darpdieksporte (Beckerteichpforte), Hagenbergtor und Mühlentor gesichert.

Im Februar 1607 wurden Iburg und seine Umgebung abermals heimgesucht, ein Jahr später zogen Soldaten plündernd durch Glane.

Der spanisch-niederländische Waffenstillstand vom 9. April 1609 brachte keine Entlastung - immer wieder durchstreiften spanische und niederländische Truppen das Fürstbistum.

Italienische Söldner fielen im Juni 1609 in das Amt Iburg ein und wüteten in Glane und anderen Orten des südlichen Hochstifts.

b) Kirchliche Verhältnisse

1591 wurde Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel, seit 1586 Bischof von Verden, zusätzlich auch Fürstbischof im Hochstift Osnabrück.
In der Wahlkapitulation (capitulatio caesarea) des Fürstbischofs Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel aus dem Jahre 1591 sicherte sich das Domkapitel gegenüber dem neuen evangelischen Landesherren ab: Schutz der katholischen Religionsausübung, Bestätigung aller Privilegien und Freiheiten, Einfluss auf die Außenpolitik und Personalpolitik des Bischofs.

2. Der Dreißigjährige Krieg 1618 - 1648

Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 war ein Konflikt um die Vormachtstellung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen und in Europa, der als Religionskrieg begann und als Territorialkrieg endete; als Auslöser gilt der sogenannte "Zweite Prager Fenstersturz" vom 23. Mai 1618, dem Beginn des Aufstandes der böhmischen Protestanten gegen die katholischen Habsburger.

Es folgten vier Konflikte aufeinander, die in der Geschichtswissenschaft nach den jeweiligen Gegnern des Kaisers und der Habsburger Mächte benannt wurden:
· "Böhmisch-Pfälzischer Krieg" (1618 - 1623),
· "Niedersächsisch-Dänischer Krieg" (1625 - 1629),
· "Schwedischer Krieg" (1630 - 1635),
· "Schwedisch-Französischer Krieg" (1635 - 1648).

Der Dreißigjährige Krieg, vorwiegend im Heiligen Römischen Reich und in Europa ausgetragen, war mit weiteren Konflikten eng verbunden:
· "Achtzigjähriger Krieg" zwischen den Niederlanden und Spanien (1568 - 1648),
· "Bündner Wirren" zwischen den Koalitionen Frankreich-Venedig und Spanien-Österreich um den heutigen Kanton Graubünden (1620 - 1631),
· "Oberösterreichischer Bauernkrieg" (1626),
· "Mantuanischer Erbfolgekrieg" zwischen Frankreich und Habsburg (1628 - 1631),
· "Französisch-Spanischer Krieg" (1635 - 1659),
· "Torstenssonkrieg" zwischen Schweden und Dänemark um die Vorherrschaft im Ostseeraum (1643 - 1645).

Die Soldaten bestanden zumeist aus Söldnern, die, da der Sold oftmals nur sporadisch gezahlt wurde, für ihren Unterhalt selbst sorgen mussten.

Söldner plündern einen Bauernhof im Dreißigjährigen Krieg

Söldner plündern einen Bauernhof im Dreißigjährigen Krieg,
Gemälde von Sebastian Vrancx, 1620,
Deutsches Historisches Museum, Berlin

 

Das Hochstift Osnabrück wurde wiederholt von niederländischen und spanischen Truppen heimgesucht. Deshalb schickte der von einer Reise zurückgekehrte Osnabrücker Bischof Philipp Sigismund im Herbst 1618 den Rittmeister Werner von Merode zu Kosseler und Merfeld nach Den Haag und beschwerte sich beim niederländischen Parlament und dem Prinzen Moritz von Oranien über die Überfälle und erreichte für 475 Gulden Schutzbriefe für das Osnabrücker Hochstift; eine Besserung trat aber nicht ein.

Für die Aufstellung eines dänischen Heeres suchte Rittmeister Caspar von Oer zu Palsterkamp, auch der "dulle Oer" genannt, im Raum Osnabrück Anfang 1621 nach Soldaten der schweren Reiterei ("Kürassiere") - Caspar von Oer zu Palsterkamp war seines Drostenamts enthoben worden, nachdem er 1620 den Iburger Klostervogt Nicolaus Bevervörden im Streit vorsätzlich getötet hatte.

Nachdem der niederländische Rittmeister Christian II. von Braunschweig-Wolfenbüttel, auch der "Tolle Christian" genannt, Mitte November 1620 das Stift Paderborn überfiel, suchten Benediktinermönche der Klöster Marienmünster und Abdinghof Sankt Peter und Paul Zuflucht im Kloster Iburg - auch der Paderborner Weihbischof Johannes Pelcking fand Zuflucht in Iburg.
In dieser Zeit hatte das Iburger Kloster sehr unter umherstreifenden niederländischen Soldaten zu leiden.

In den "Iburger Klosterannalen des Abts Maurus Rost" schrieb dieser über das Jahr 1621:

"In diesem Jahre entbrannte der deutsche Krieg, (...). Herzog Christian von Braunschweig wüthete und kam den Holländern zu Hülfe, obgleich unser Fürst, sein Verwandter, ihm oft dringend abgerathen haben soll. Während er als Feind mit Feuer und Schwert im Stift Paderborn hauste, suchten mehrere Brüder aus Marienmünster und Abdinghof bei uns Zuflucht, da sie dachten, daß unser Fürst uns treu und standhaft schützen werde. Auch der Weihbischof von Paderborn war unter diesen Schutzsuchenden. Es dauerte aber der Aufenthalt mehrerer Brüder bei uns fast ein Jahr, während welcher Zeit wir aus brüderlicher Liebe für ihren Unterhalt sorgten. Doch auch wir blieben nicht ohne Schaden, indem umherstreifende Scharen der Holländer die Dämme aller unserer Fischteiche in Aschendorf durchstachen, und alle unsere Pferde in diesem Jahre starben. (...) Da aber Herzog Christian, "Gottes Freund und der Pfaffen Feind", wie der sich nannte, im Lande hauste und die katholischen Gotteshäuser plünderte, da fielen, erschreckt durch solches Unglück, oder durch böses Beispiel verlockt, einige wenige Laienbrüder, dagegen zu Osterberg in der Grafschaft Tecklenburg alle, vom Glauben ab, mit Ausnahme eines einzigen Geistlichen, der durch Noth getrieben nach Osnabrück flüchtete."

Nach dem Tod von Philipp Sigismund am 19. März 1623 in Iburg wurde Eitel Friedrich von Hohenzollern am 18. April 1623 zum Bischof von Osnabrück gewählt; er war seit 1574 der erste katholische Bischof des Hochstifts und führte zu Beginn seiner Herrschaft im Jahre 1624 den Gregorianischen Kalender ein.

In den bereits erwähnten Iburger Klosterannalen schrieb Abt Maurus Rost zum Jahr 1623:

"In diesem Jahre starb der Fürst Philipp Sigismund zu fast aller Trauer, nicht sowohl aus Altersschwäche oder an seiner Krankheit, sondern vor Kummer über die Angriffe seines unsinnigen und von Leidenschaft hingerissenen Verwandten, des Herzogs Christian, gegen den Kaiser. Sehr selten wurde das Stift unter ihm durch Schatzungen geplagt; zwischen ihm und dem Domcapitel herrschte ein großes gegenseitiges Vertrauen; gegen Arme und Nothleidende erwies er sich sehr gütig; mit einem Worte, abgesehen vom rechten Glauben, zeigte er sich überall als ein ganz vortrefflicher Fürst. [...] Gleich nach seinem Tode [von Philipp Sigismund] nahmen der Domprobst, der Domdechant und der Domküster das Schloß zu Iburg in Besitz1, während Christian in der Nachbarschaft hauste. Deshalb dachten sie aus Furcht daran, nach Osnabrück zurückzukehren; doch ermahnte das Domcapitel sie zur Standhaftigkeit und versprach, wenn sie gefangen genommen würden, sie loszukaufen, damit sie die Besitzergreifung nicht aufgäben. Doch eine ganz ungewöhnliche Freundlichkeit Christians benahm ihnen ihre Furcht. Denn als er nach einiger Zeit durch das Stift zog und das fürstliche Schloß zu Iburg besuchte, wo ihn auf dem Schloßhofe die Prälaten erwarteten, sprang er bei ihrem Anblick aus seinem Wagen, begrüßte sie freundlich und nahm sie zur Mahlzeit mit sich nach dem Freudenthal. Und da er hörte, daß die meisten unserer Brüder in die Berge geflohen waren, ließ er das Kloster mit neuen Thürschlössern verwahren und Wachen aufstellen, damit niemand das Kloster Schaden zufügte. Unterdes wurden die meisten Lebensmittel verzehrt, die Vorräthe durch Geschenke an die Kriegsobersten aufgezehrt, fast alles Korn auf den Feldern von Iburg theils als Futter für die Pferde verwendet, theils von ihnen zertreten."

In den drei Tagen der Belagerung in Iburg mit 15.000 Soldaten bekam Herzog Christian von Braunschweig von den Iburger Bürgern 10.000 kg Brot, 400 Fass Bier, Schlachtvieh und 50 Fuder Hafer.

Im Jahre 1624 beauftragte Eitel Friedrich von Hohenzollern den päpstlich legitimierten Notar und bischöflichen Generalvikar Albert Lucenius mit der Visitation der hiesigen Kirchspiele - damit wollte er die Rekatholisierung des Fürstentums beginnen. Die Visitation der Fleckenskirche "St. Nikolaus" erfolgte am 27. November 1624:

"(...) Der äußere Zustand der Kirche: Das Sakramentshaus des Allerheiligsten ist nicht ehrenvoll genug geschmückt; seine Schlüssel hatte der Küster, sie wurden jedoch sofort an den Seelsorger ausgehändigt. Das Taufbecken ist nicht verschlossen. Wenige, verschlissene und schmutzige Priestergewänder sind vorhanden; die Altardecken sind in ähnlichem Zustand. Der Altar der hl. Maria Magdalena außerhalb des Chores ist nicht einmal bedeckt; unter ihrem Namen gibt es eine bestimmte Bruderschaft, deren Stiftung unsicher ist. Ein vergoldeter Kelch und ein zweiter kleinerer aus Silber sind vorhanden, ein dritter aus vergoldetem Kupfer ist abgenutzt. Die Kapsel oder Pyxis des Allerheiligsten besteht aus vergoldetem Kupfer mit einer Silbervase darauf. Die Bilder sind an verschiedenen Stellen wahllos und ohne Ordnung angebracht, manche von ihnen sind alt, beschädigt, zerfressen, viele sollten in eine dunkle Kammer gebracht oder versteckt werden. Auch sonst müsste man vieles an den äußeren Dingen besser ordnen und erneuern; das kann man jedoch eher durch persönliche Zurechtweisung als durch ein Strafverfahren erreichen.
Der oben genannte Seelsorger [Pater Heinrich Augustini] hat seit seiner ersten Einsetzung auf Anordnung des verstorbenen Fürsten und Bischofs sowie auf Wunsch des derzeitigen Abtes [Johann Martini] bei der Spendung des ehrwürdigen Sakraments des heiligen Abendmahls die Verwandlung des Blutes des Herrn zum Schein durchgeführt. Er gießt nämlich nach der ersten Annahme des Kelches, die er selbst vornimmt, den Wein aus dem gemeinsamen Becher in den Kelch und zeigt ihn dem Volk mit der Verkündung der Worte: "Das Blut unseres Herrn Jesu Christi bewahre Deine Seele bis ins ewige Leben!" So verführt er das Volk entweder zum Götzendienst, das sie zu empfangen meinen, was die Worte aussprechen, oder schwankt mit ihm und hat Teil an der lutherischen Glaubensspaltung, damit es nicht so aussieht, als sei der Gebrauch des Kelches gänzlich genommen. Er schwankt auch in vielen anderen Dingen und Riten und ist nachsichtig gegenüber dem Volk wie z.B. bei den deutschen Psalmen während der Messe. Auch habe ich selbst ihn vor der Predigt die Rede des Herrn mit der Hinzufügung nach lutherischem Brauch vorsprechen gehört: "Denn Dein ist das Reich, die Kraft und die Herrlichkeit usw.". Ich habe ihn selbst gegen Ende der Messe vor dem Segen in deutscher Sprache vieles vorausschicken hören, was nach dem volkstümlichen Germanismus Luthers schmeckte.
Ob seine Lehre in sich selbst rein, heilsam und völlig katholisch oder kalt, nüchtern und ungebildet ist und nur für die Ohren des Volkes, nicht aber für einen wahren katholischen Priester ausreicht, kann leicht beurteilt werden.
Vom Sakrament der Firmung wird kein Gebrauch gemacht, und es befindet sich kaum einer unter den Alten im Dorf, der gefirmt worden ist. Bei den Jüngeren ist dies nicht sehr verwunderlich. Das Sakrament der Buße vollzieht sich in der Regel in dem allgemeinen Schuldbekenntnis; von der letzten Ölung wird kein Gebrauch gemacht."

Zusammengefasst war die Kirche somit unordentlich und schmutzig, der Seelsorger ungebildet.

1625 durchzogen dänische Soldaten das südliche Osnabrücker Land.

1629 durchzogen sieben kaiserliche Regimenter (ca. 6.000 bis 9.000 Soldaten) unter dem Feldherrn Albrecht Wenzel Eusebius Wallenstein durch das Osnabrücker Hochstift.

1631 steht in den Klosterannalen:

"Am 9, November besuchte [Johann T'Serclaes von] Tilly, der General der kaiserlichen und bairischen Truppen, der die sichere Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang der Dinge erregte, unsern Bischof und besprach sich mit ihm über die mannigfachen Bedrängnisse des Reiches. Um für unsere eigenbehörigen Bauern Schonung zu erlangen, schenkten unsere Brüder ihm ein Pferd, von dem sie wußten, daß es ihm gefiel."

Im Jahre 1632 wurden Schloss und Kloster Iburg durch den niederländischen Oberst Thomas Stackenbruch mit ca. 1.500 Reitern und 1.000 Fußsoldaten belagert und geplündert; den Abzug ließ sich Oberst Stackenbruch bezahlen.

Im Jahr 1633 kam es erneut zu Plünderungen.

Schwere Plünderungen erfuhren die Gebäude während der Besetzung durch die Schweden in den Jahren 1634 bis 1645. Vom Anbeginn der Besetzung schrieb Maurus Rost:

"Die vom Herzog von Braunschweig-Lüneburg verheißene Sicherheit und Freiheit hörte bald auf, (...), ja, nach Vertreibung unsers Paters Augustinus aus der Kirche im Flecken und des Paters Geisel aus der Kirche zu Glane, wurde in diesen beiden incorporirten Nachbarkirchen am Sonntage Misericordias Domini [2. Sonntag nach Ostern im April 1634] zuerst eine lutherische Predikt gehalten durch Bernhard Pöttker, der in beiden Kirchen zu bestimmten Stunden als lutherischer Prediger auftrat."

Und später weiter:

"(...) kam am 23. Mai Dr. [Joachim Wilhelm] Hast2, Gograf zu Iburg, nebst zwei Notaren, dem Nicolaus Pöppelmann, früherem Schreiber unsers Klosters und wegen erwiesener Veruntreuung abgesetzt, und dem Adrian Rastrup, einem unverschämten Lutheraner, ganz dreist ins Kloster. Sie riefen den Abt, den Prior Bernhard Maes und den Küchenmeister Pater Conrad in den Saal des Abts zusammen und erklärten ihnen, das Kloster sei von den Schweden in Beschlag genommen und dem Gustav Gustavson3 zum Geschenk gemacht. (...) So wurde der Abt gewaltsamer Weise aus dem Kloster getrieben und floh nach der Stadt Münster, (...). Einige wenige Brüder ließ man aus Barmherzigkeit im Kloster, da hohes Alter oder körperliche Gebrechlichkeit oder geistige Schwäche ihnen die Flucht unmöglich machte, (...). Anderen, die körperlich rüstig waren, gab der Abt Empfehlungsbriefe an den Präses der Congregation, der sie wieder an verschiedene Klöster, (...). Wie allen dabei wird zu Muthe gewesen sein, besonders denjenigen Greisen, denen der lutherische Administrator des Klosters nur ein dürftiges Brod gönnte, wird der Leser sich denken können. (...)
Unterdessen gab sich der vertriebene Abt durch Vermittlung gläubiger Männer die größte Mühe, dem französischen Residenten [Claude de Mesmes Comte d'Avaux] zu Hamburg nachzuweisen, daß unser Kloster der Vereinbarung zwischen den Kronen Frankreich und Schweden zuwider in fremden Besitz gekommen sei, um durch seinen Beistand die Rückgabe zu erlangen."

Maurus Rost berichtete über das Jahr 1636:

"In dieser Zeit leuchtete uns einige Hoffnung auf Rückgabe, besonders weil in diesem Jahre die kaiserlichen Truppen das ganze Stift mit Ausnahme der Stadt Osnabrück wieder in ihre Gewalt bekommen hatten. Aus diesem Grunde fühlte sich der Pater [und Kellermeister] Johann Geisel von neuem ermuthigt, wenngleich zu voreilig, und mit einer Handvoll Soldaten verjagte er den Prädicanten zu Neuenkirchen, der dort aufgezwungen war, von der Kanzel und aus der Kirche, worauf er erst selbst den Gottesdienst hielt, dann einen Ordensmann für sich eintreten ließ, [...] Ebenderselbe Geisel war es, der in dieser Zeit eine kleine Schar Soldaten von Warendorf her mit sich nahm, in der Nacht heimlich durch ein Fenster des Bierkellers in unser Kloster gelangte und dann den Administrator Wildt und zugleich den Prädicanten Pöttker gefangen nach Warendorf brachte, wo der Administrator, wie man annimmt, an der Pest gestorben ist. Den Prädicanten fand man gerathen, um größeren Schaden zu verhüten, gegen ein Lösegeld wieder frei zu lassen. Wenn dies zwar auch in löblichem Eifer geschah, so hatte der Mangel an Mäßigung und der übereilte Anschlag für das Kloster unglückliche Folgen, denn als das Glück sich von den kaiserlichen Waffen wieder abwandte, war Gustavson und andere um so mehr gegen die Unsrigen gereizt."

Und aus dem Jahr 1638 teilte Maurus Rost mit:

"Während die wenigen im Kloster zurückgelassenen Brüder von schweren Leide niedergedrückt waren, fanden sich doch selbst unter den Feinden solche, die mit dem Unglück der Unsern Mitleid hatten, unter ihnen besonders der Schotte [Berenhard Jacob] Henderson, ein Calvinist, der mit einer katholischen Erbtochter [Agnes Josina] Hakes zu Scheventorf verheirathet und unter Gustavson Oberstlieutenant war. Er bemühte sich wiederholt bei dem schwedischen Kriegscommissar Carl Gregorson und bei andern um den Schutz der Unsern und selbst der Cleriker; und in Folge der unerschrockenen und unablässigen Anstrengungen unseres Abts und anderer Leute für das Kloster schrieb am 28. August [1638] der schwedische Geheimrat [Johan Adler] Salvius4 aus Hamburg an den Commandanten zu Osnabrück und den Commissar Peter Brand im Namen der Krone Schweden, er solle das Kloster zurückgeben, die Vertriebenen wieder zulassen und den Administrator abrufen. Dasselbe solle mit [Franz] Everding, dem Administrator des Klosters Gertrudenberg geschehen, damit es nicht den Anschein hätte, als wolle man den Vereinbarungen mit der Krone Frankreich zuwider handeln. Aber durch allerlei Winkelzüge und Vorwände wurde der Befehl vereitelt, und die fetten Bissen konnten dem Gustavson nicht aus dem Rachen gegriffen werden."

Für das Jahr 1640 ist festgehalten:

"Am 28. März erließ die Königin Christina von Schweden einen sogenannten Schutzbrief für die Geistlichen im Stift, wonach diese in keinem Stücke mehr belästigt werden sollten, als die Lutheraner, und worin ihnen freie Ausübung der katholischen Religion zugestanden wurde. Am 10. November wurde derselbe durch den schwedischen General Leonhard [Lennart] Torstenson bestätigt."

In den Anmerkungen zu den Iburger Klosterannalen, wahrscheinlich vom Oberlehrer Dr. Carl Stüve geschrieben, ist festgehalten wie sich Abt Jacobus Thorwarth und Franz Wilhelm von Wartenberg um die Rückgabe von Schloss und Kloster Iburg bemühten:

"Am 8. März 1642 (...) schrieb der Syndicus [Theodor] Morrien an die zurückgebliebenen Conventualen des Klosters, Gustavson sei nicht abgeneigt, gegen eine angemessene Summe Geldes das Kloster wieder herauszugeben, worauf die Antwort erfolgte, man wolle sich deshalb an den Abt wenden. Als solcher wurde bald darauf, am 31. März, Thorwarth in Meppen gewählt und im October durch Franz Wilhelm bestätigt. Es folgten nun die von Maurus [Rost] erzählten Verhandlungen mit den französischen und schwedischen Abgesandten zu Münster, die zu keinem Ziele führten, so daß man sich doch genöthigt sah, einen Loskauf zu versuchen. Torwarth berichtet darüber in zwei Briefen an den Fürsten [Franz Wilhelm von Wartenberg], vom 17. und 18. April 1645. Danach besuchte er am 20. März auf einer Reise nach Iburg Gustavson in seinem Schlosse zu Vörden, wo er wohl aufgenommen und prächtig bewirthet wurde. Bei der Tafel trank Gustavson auf das Wohl Franz Wilhelms, den er sehr rühmte. "Unter andern sagte Herr Gustavus, wan Ew. Fürstl. Gn. durch interposition [Einschaltung] der Cron Frankreich, welches leichtsamb geschehen könnte, Sein Stift Osnabrügk wollte widerumb haben und mich davor mit 50 000 Thaler an den Haltz werfen, wollen wir uns balt vergleichen." Also für 50 000 Thaler wollte Gustavson das Stift Osnabrück an Franz Wilhelm wieder überlassen. Dann wurde über die Klosterangelegenheit verhandelt. "Im Anfang unsers accords [Vereinbarung] hat er gefurtert 20 000 Thaler. Da hab ich Ihme 1000 praesentirt, endlich durch guter Leut interposition [Einschaltung] ist es gekommen ad 6000 Thaler, dabey auch verplieben." Gustavson ist erst auf 15 000, dann auf 7000 Thaler heruntergegangen, bis man sich über 6000 Thaler verglich. Als Pression [Druck] für den Abt scheint das Vorgeben eines anderweitigen Angebots gedient zu haben. "Zu deme hatt ein Schwedischer Obrister, es ist ein Wrangel, dem Gustavo praesentirt für das Kloster 12 000 Thaler, und dieser letzter Post hat mich angst gemacht." Für die Beschaffung des Geldes wußte der Abt allerdings noch keinen Rath, weshalb er schreibt: "Es hatt der Gustavus über die maßen prechtich mich tractirt, aber der Nachschmack war mir zu herb und bitter ..... Ich will gute Leut umb den ersten Entsatz ersuchen. Jedermann sagt, daß dieser accordt wol gemacht, und freuen sich mit mir". Die Friedensverhandlungen zögen sich noch hin, und möglicher Weise hätte dann Gustavus das Kloster noch einige Jahre behalten. Wohin dann der Abt mit den exulirten [verbannten] Conventualen sich hätte wenden sollen? Vom 20. März alten Stils ist ein von Gustavson selbst unterschriebenes Concept vorhanden, "daß er dem Abt und Convent das Kloster Iburg restituire [wiederherstelle], welches ihm nebenst allen dazu gehörigen Gerechtigkeiten, Gefällen und Intraden geschenkt und wirklich eingeräumet sei". Die gleichlautende Originalurkunde, ausgestellt zu Vörden am 20. März, ist ebenfalls von Gustavson unterschrieben und besiegelt. Da sie aber nur auf Papier geschrieben ist, so ließ das Kloster nachher noch eine notariell beglaubigte Abschrift auf Pergament herstellen. (...) Maurus schreibt den französischen Abgesandten ein zu großes Verdienst zu. Die mündliche Verhandlung Thorwarths mit Gustavson wird ihm nicht bekannt gewesen sein."

Unter dem Jahr 1644 schrieb Maurus Rost:

"Des langen und traurigen Krieges müde, begannen die streitenden Könige und Fürsten Europas nach Übereinkunft beider Parteien um das Jahr 1643 zu Münster in Westfalen und Osnabrück durch ihre Gesandten über den Frieden zu verhandeln. Diese Gelegenheit benutzte der Abt Jacobus [Thorwarth], der in seiner Probstei oder Pfarre zu Meppen verweilte, um die Sache des Klosters energisch zu betreiben, und schickte den gerade aus Douay zurückgekehrten Pater Albert Albachten am 18. April 1644 nach Münster zu den kaiserlichen Gesandten, Grafen Johann Ludwig von Nassau und Doctor Isaak Volmar, um ihren Rath zu hören; darauf zu den Gesandten der Krone Frankreich, Claudius de Mesmes Grafen d'Avaur und Abel Servien, um ihre Hülfe zu erlangen, und ebenfalls zu den Räthen der Krone Schweden selbst, [Johan Adler] Salvius, [Johan Axelsson] Oxenstierna und anderen, um sie zum Mitleid zu bewegen. Die Beschwerden des Klosters wurden allen klar dargelegt, und von Seiten des Abts mit größtem Eifer die Sache zu fördern gesucht. Aber obwohl die Königin Christina von Schweden auf das Ersuchen und die Vorstellungen der französischen Gesandten die Rückgabe befohlen hatte, so wies doch Oxenstierna unter verschiedenen Vorwänden die dringenden Bitten der Unsern sowie die Versuche der französischen Gesandten zurück, indem er uns beschuldigte, durch die Unternehmung des [Paters] Johann Geisel [im Jahre 1636] die Neutralität verletzt zu haben, auch habe sogar der Abt Jacobus selbst unter der kaiserlichen Besatzung von Meppen dem Kaiser den Fahneneid geleistet. Und obgleich mit mehreren Gründen die Richtigkeit der Anklage nachgewiesen wurde, so trug doch, was die Zurückbehaltung des Klosters anging, die Hartnäckigkeit der schwedischen Gesandten den Sieg davon. So schrieb Claudius de Mesmes, der vielen vergeblichen Mühe überdrüssig, dem Abt, er möge sich nur kurze Zeit gedulden, bis die übrigen Friedensverhandlungen weiter gediehen wären, dann würde er beim Könige von Frankreich einen bestimmten Befehl zur Rückgabe des Klosters und einen Schutzbrief auswirken. Da aber der Abt sich hierbei nicht beruhigte, machte Abel Servien, der über das Drängen der Unsern unwillig wurde, ihnen den Vorschlag, wenn Sie den Rath der französischen Gesandten nicht befolgen wollten, so möchten sie gegen schriftliches Zahlungsversprechen ihr Kloster einlösen. Mitunter schein es freilich, als wenn Oxenstierna und Salvius die Rückgabe des Klosters betreiben oder wenigstens bewilligen wollten. Aber da man wegen ihrer zweifelhaften Handlungsweise sich nicht auf sie verlassen konnte, so suchte der Abt Jacobus sich in der Umgebung [Gustav] Gustavsons, des Besitzer des Klosters, Gönner zu verschaffen, und theils durch seine eigenen, theils durch die Vermittlungsschreiben der französischen Gesandten brachte er es im Jahre 1645 zuwege, daß an die Stelle des Paters Heinrich Glindtmeyer Pater Bernhard Maeß hingeschickt wurde, der für die Disciplin der wenigen zurückgebliebenen Brüder und zugleich für die Instandhaltung des Klosters sorgte."

Gustav Gustavson

Gustav Gustavson
Öl auf Leinwand, spätes 17. Jhdt.,
Vorraum zum Rittersaal auf Schloss Iburg.

Die Inschrift lautet: "Gustavus Gustavson Graf von Wasaburg etc.
stand dem Bistum Osnabrück vor in Kriegswirren, als noch Bischof
Franz Wilhelm lebte, von Januar 1634 bis zum Ende des Jahres 1650."

In den Inventaren von 1719/20 und 1765
taucht diese Bildnis noch nicht auf.

Für die Rückgabe des Klosters verlangte Gustav Gustavson, ein unehelicher Sohn von König Gustav Adolf von Schweden und Administrator des Hochstifts Osnabrück, 20.000 Thaler; am 20. März 1645 erlangte Abt Jacobus für 6.000 Thaler die Rückgabe des Klosters. Das Geld kam von verschiedensten Geldgebern, da das Kloster nicht selber über ausreichende Geldmittel verfügte:
- 1.800 Thaler: Graf Moritz von Tecklenburg (gegen Verpfändung des Zehnten in Lienen),
- 2.000 Thaler: Joachim von Böselager zu Eggermühlen, Drost zu Grönenberg,
- 400 Speciestaler: Lambert Corfey, fürstlicher Rentmeister zu Iburg,
- 100 Speciestaler u. 100 Taler in Dukaten: Gerhard Gülich, Magister und Pfarrherr von St. Katharinen in Osnabrück,
- 100 Thaler: Iburger Tuchmacher,
- restliche Summe: von begüterten Bürgern gegen Pfandverschreibungen sowie durch den Verkauf von Klosterland.

Abt Jacob Thorwarth, der in Meppen im Exil lebte, wurde am 25. März 1645 durch den Iburger Drosten Johann Adolf Werpup im Auftrag von Gustav Gustavson wieder feierlich in den Besitz des Klosters gesetzt.

Gustav Gustavson wurden für den Verzicht auf die Landesherrschaft 80.000 Reichs-Thaler und die Wiedereinsetzung von Franz Wilhelm von Wartenberg, der seit Oktober 1625 Bischof von Osnabrück war, zugestanden. Die Entschädigung war zu gleichen Teilen vom Fürstbischof und den drei Ständen des Hochstifts (Domkapitel, Ritterschaft, Städte) aufzubringen.

Am 24. Oktober 1648 endete der Krieg, dessen Feldzüge und Schlachten überwiegend auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reicher Deutscher Nationen stattgefunden hatte. Die Kriegshandlungen und durch sie verursachten Hungersnöte und Seuchen hatten ganze Landstriche verwüstet und entvölkert.

Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg kehrte erst am 27. oder 29. November 1650, nach Aufenthalten im Rheinland und Bayern sowie in Norddeutschland, von Münster aus nach Iburg zurück, wo ihn der Abt Jacobus Thorwarth mit dem Konvent feierlich empfing:
"Da aber das bischöfliche Schloß wegen seiner verfallenen Dächer in solchem Zustande war, daß sich kein geschützter und geeigneter Wohnraum für den Bischof dort fand, so benutzte er sechs Wochen lang mit seiner Umgebung das Kloster zur Wohnung (...)", so Maurus Rost in den Klosterannalen.

3. Die Verhandlungsorte

Die Hauptverhandlungen zur Beendigung des 30jährigen Krieges wurden in Münster und Osnabrück geführt. Die Wahl von zwei Orten für den Friedenskongress war das Ergebnis eines Kompromisses, um die unterschiedlichen Interessen der beiden Hauptgegner des Kaisers Ferdinand III., Schweden und Frankreichs, unter einen Hut zu bringen; vorhergegangene Versuche einer Einigung schlugen fehl. Im "Hamburger Präliminarfrieden" akzeptierte der Kaiser am 25. Dezember 1641 die Wahl der beiden Orte und schuf die Grundlage für einen Friedenskongress zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges.

In Münster sollte Spanien mit Frankreich Frieden schließen, zudem sollte dort der Spanisch-Niederländische Krieg mit den Vereinigten Niederlanden beendet werden - für die Zusammenkünfte der Reichsstände wurde der Münsteraner Bischofshof ausgewählt.
In Osnabrück sollte es um den Friedensschluss des Kaisers Ferdinand III. mit Schweden und Frankreich gehen - für die Zusammenkünfte wurde das Neue Rathaus ausgewählt.
Beide Städte bildeten für die Dauer der Verhandlungen neutrale Zonen - dasselbe galt auch für die Verbindungsstraßen.

Stadtansicht von Osnabrück aus der Vogelperspektive

Stadtansicht von Osnabrück aus der Vogelperspektive, Blickrichtung West, von Wenzel Hollar (geb.: 13.07.1607 in Prag,
gest.: 25.03.1677 in London) aus dem Jahr 1633 mit zahlreichen faktischen Fehlern in Einzelheiten und der Beschriftung.
Das "Heger Tor" bezeichnete Hollar als "Bremer Thor", das "Johannnistor" nannte er "Iburger Thor"; Wenzel Hollar
war nie in Osnabrück gewesen.
Die Inschrift des Plans lautet übersetzt: "Osnabrück, eine großartige und sehr alte Stadt, ist ebenso wie Aureliopolis [in Asia],
das nach seinem Gründer Kaiser Aurelium berühmt ist, sein [Weihbischof von Osnabrück Caspar Münster OCC] Bischofssitz."
Kulturgeschichtliches Museum Osnabrück.

Für die Reisen zwischen Osnabrück und Münster standen zwei Routen zur Auswahl:
- von Osnabrück durch das "Heger Tor" Richtung Hellern über Hasbergen, Lengerich, Ladbergen und die Bauerschaft Fuestrup (heute: Greven) nach Münster,
- von Osnabrück durch das "Johannistor" Richtung Nahne über Oesede, Iburg, Glandorf, Ostbevern und Telgte nach Münster.
Üblicherweise wurde die westliche Strecke über Lengerich gewählt, die französische Delegation dagegen wählte mehrfach die östliche Route und zogen über Iburg; die Franzosen hatten zeitweise Räume im Herrenhaus Harkotten im heutigen Sassenberger Stadtteil Füchtorf eingerichtet.

Johannistor im Jahr 1842

Johannistor im Jahr 1842 vor dem Abbruch,
Postkarte des Weltpostvereins aus dem Verlag
Gerhard Thien, Elberfeld

Auch Iburg wurde von dem schwedischen Hauptgesandten Johan Axelsson Oxenstierna af Södermöre, einem Sohn des schwedischen Reichskanzlers Axel Gustafsson Oxenstierna af Södermöre, als Verhandlungsort in Erwägung gezogen, jedoch von den Franzosen als absurd verworfen.

Johan Axelsson Oxenstierna

 

Isaak Volmar

 

Johann Ludwig von Nassau-Hademar

Schwedischer Hauptgesandter
Johan Axelsson Oxenstierna
af Södermöre,
unbek. Künstler, 17. Jhdt.
  Kaiserlicher Hauptgesandter
Isaak Volmar,
Kupferstich aus dem Klebeband
"Malerakademie" des Salzburger
Fürsterzbischofs Hieronymus von
Colloredo, 1640
  Kaiserlicher Gesandter
Johann Ludwig von Nassau-Hademar,
unbek. Künstler

Am 11. Juni 1646 sollten im Schloss und Kloster Iburg eine Konferenz mit den reichsständischen Deputierten stattfinden, doch der Vorschlag zum Treffen wurde wieder verworfen. In einer Korrespondenz von dem Kaiserlichen Hauptgesandten Isaak Volmar an den Kaiserlichen Gesandten Johann Ludwig von Nassau-Hademar vom 19. Juni 1645 ist festgehalten: "Den ortt betreffendt were daß hauß Yburg gar übel abgegangen, also daß man weder vor regen noch windt darinn gesichert und in der statt gar schlecht unterkommens; (...)"; erst am 24. März 1645 war nach dem Rückkauf des Klosters von den Schweden der in Meppen im Exil lebende Abt Jakob Thorwarth eingeführt worden. Stattdessen fand am 10. und 11. Juli 1645 eine Konferenz in Lengerich statt.

4. Der Westfälische Frieden

Am 4. Dezember 1644 - ein Tag zuvor fand noch die "Schlacht bei Jüterbog" (Kleinstadt in Brandenburg) statt - wurden die ersten Vorschläge zum Friedensschluss unterbreitet; erste ernsthafte Verhandlungen über einen Frieden wurden ab Juni 1645 geführt.

Am 15. Mai 1648 begannen die Friedensverhandlungen in Osnabrück und Münster.

Am 6. August 1648 versammelten sich die Gesandten Schwedens, des Kaisers und der Reichsstände um 10:00 Uhr in der Residenz des schwedischen Hauptgesandten Johann Axelsson Oxenstierna in der Schwedenstraße 3 in Osnabrück, dem ehemaligen Haus der Domherrenkurie.
Mit dem Rücken zum Fenster saßen die kaiserlichen Gesandten, von ihnen aus gesehen links die schwedischen Gesandten und der Resident (Gesandte) Matthias Biörenklou (6). Rechts vor den kaiserlichen Gesandten saßen die Vertreter des Kurfürsten, links davon an einer langen Tafel die der Reichsfürsten, rechts von diesen abgesetzt die der Reichsstände, und links vor den Schweden nahmen die Sekretäre Platz.

Der kaiserliche Hauptgesandte Isaak Volmar verlas über mehrere Stunden den mühsam ausgehandelten Entwurf des Friedensvertrages, wobei auch noch einige Korrekturen erfolgten.

Osnabrücker Handschlag

 

Osnabrücker Friedensinstrument

Beschwörung des schwedisch-kaiserlichen Vorfriedens ("Osnabrücker
Handschlag") am 6. August 1648 in Osnabrück.
Den Vorsitz an der Stirnseite des Raumes führten u.a. Isaak Volmar (2)
und Johann Oxenstierna (4).

Bleistift und Tinte auf Papier, 5 x 50 x 34 cm,
Thüringisches Staatsarchiv Gotha, Inv. Geheimes Archiv Gotha A VIII,
Nr. 12, fol. 334-335

  Auszug aus dem Osnabrücker Friedensinstrument ("Instrumentum Pacis Osnabrugense")
vom 24. Oktober 1648 mit 41 Unterschriften mit Lacksiegel

Papier, 40 x 30,5 cm (aufgeschlagen),
Österreichisches Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien,
Allgemeine Urkundenreihe 1648 Oktober 24

Gegen 16:00 Uhr wurde der Text durch Handschlag zwischen den kaiserlichen, schwedischen und den Gesandten von Kurmainz und Kurbayern für unveränderlich und der Vertrag für geschlossen erklärt. "Deo sit gloria et honor" ("Gott sei Ruhm und Ehre"), schloss der Jurist und Vertreter des Fürstentums Calenberg, Jakob Lampadius, den Bericht nach Hannover.

Am 24. Oktober 1648 wurden die beiden Friedensverträge in Münster und Osnabrück unterzeichnet.

Der Osnabrücker Friedensvertrag war vom römisch-deutschen Kaiser Ferdinand III., Frankreichs König Ludwig XIV. sowie Königin Christina von Schweden unterzeichnet - einen Tag später wurde der Frieden von der Rathaustreppe in Osnabrück aus verkündet.

Verkündung des Westfälischen Friedens von der Rathaustreppe zu Osnabrück

 

Westfälischer Friede - Vertrag von Osnabrück

Verkündung des Westfälischen Friedens von der Rathaustreppe zu Osnabrück,
Leonhard Gey, 1880.
Das Gemälde wurde in der Aula der Städtischen Realschule 1. Ordnung von Osnabrück
(heute: Schulzentrum Sonnenhügel - Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium) gefertigt und auf der
Berliner Kunstausstellung 1880 gezeigt - während des 2. Weltkrieges wurde das Wandgemälde
am 10. August 1942 durch Feuer zerstört.
  Ferdinand III., Gustav Adolf:
Westfälischer Friede - Vertrag von Osnabrück.
Philipp Jacob Fischer, Frankfurt 1649, Seite 3.

Maurus Rost schrieb für das Jahr 1648:

"Dieses Jahr machte dem Elend der verflossenen Zeit ein Ende und trocknete die Thränen wieder, da nach dem fast dreißig Jahre ununterbrochenen fortgesetzten Kriege die kämpfenden Völker und Fürstens Europas zu Münster in Westfalen durch ihre Abgesandten sich wieder die Friedenshand reichten. Deshalb herrschte am 24. October nicht bloß dort Freude, sondern überall, wohin die schnell verbreitete Kunde drang, hob sie die Gemüther aller Deutschen."

Dennoch kam der Austausch der Ratifikationen wegen hauptsächlich von Schweden erhobenen Einwänden erst am 18. Februar 1649 zustande.

Insgesamt hatte der Krieg rund sieben Millionen Opfer gefordert.

Bleiplatte anlässlich der Feierlichkeiten zum 300. Jahrestag des Westfälischen Friedens 1948

Bleiplatte anlässlich der Feierlichkeiten zum 300. Jahres-
tag des Westfälischen Friedens 1948,
Sammlung: Horst Grebing, Halle/Westf.

5. Capitulatio perpetua Osnabrugensis ("Immerwährende Kapitulation")

Der Vorschlag des bereits erwähnten Isaak Volmar, nicht das Normaljahr 1624 als Grundlage für die Aufteilung der Kirchspiele im Hochstift Osnabrück zwischen Katholiken und Protestanten zu nehmen, sondern die aktuellen konfessionellen Verhältnisse, wurde auch als als "Volmarscher Vorschlag" bekannt.

Nach diesem Vorschlag wurden dann im Jahre 1650 gemäß Artikel XIII, Absatz 4, des "Westfälischen Friedensvertrages von Osnabrück" und den Beschlüssen auf dem "Nürnberger Friedensexekutionskongress", der zahlreiche Fragen regelte, die bei der Verhandlung des Westfälischen Friedens offen geblieben waren, die Osnabrücker Kirchspiele aufgeteilt.

Im Osnabrücker Friedensvertrag war festgelegt worden (in hochdeutscher Übersetzung):

§ 4
Religiöse Verhältnisse im Bistum Osnabrück
Drittens soll das Verhältnis beider Bekenntnisse, der Zustand der Kirchengemeinde und der ganzen Geistlichkeit sowohl in der Stadt Osnabrück als auch in den übrigen zu diesem Bistum gehörenden Herrschaften, Städten, Höfen, Dörfern und allen anderen Orten in den Zustand zurückversetzt werden, der am 1. Januar 1624 bestanden hat; dies jedoch in der Weise, daß zuvor wegen der im Jahre 1624 in Bezug auf die Diener des göttlichen Wortes und des Gottesdienstes vorgenommenen Veränderungen eine genaue Regelung getroffen und eine Verordnung erlassen wird, die zum Bestandteil der vorerwähnten Kapitulation gemacht werden soll. Außerdem soll der Herr Bischof bei Gelegenheit der Huldigung durch schriftlichen Revers den Ständen und seinen Untertanen garantieren, daß er ihre Rechte und Freiheiten und was sonst wegen der künftigen Verwaltung des Bistums und wegen der Sicherheit der Stände und Untertanen für notwendig erachtet wird, unberührt lassen wolle.
§ 5
Nachfolge des Bischofs
Viertens soll nach dem Tode des Herrn Bischofs Herr Herzog Ernst August von Braunschweig und Lüneburg im Bistum Osnabrück nachfolgen und auf Grund dieses öffentlichen Friedens zum Nachfolger erklärt werden. Das Domkapitel Osnabrück wie auch die anderen Stände und Untertanen sollen sogleich nach dem Tode oder nach Amtsverzicht (post decessum aut resignationem) des jetzigen Bischofs Herrn Ernst August als Bischof anerkennen und die vorerwähnten Stände und Untertanen innerhalb von 3 Monaten nach dem [Inkrafttreten] dieses Friedensschlusses zu diesem Zweck die herkömmliche Huldigung, wie oben festgelegt ist, nach den in der beständigen und mit dem Kapitel abzuschließenden Wahlkapitulation enthaltenen Vorschriften leisten.
§ 6
Alternative Besetzung des Bistums Osnabrück
Sollte aber Herzog Ernst August nach dem Tode des jetzigen Bischofs nicht mehr am Leben sein, so soll das Kapitel einen Nachkommen Herrn Herzogs Georg von Braunschweig und Lüneburg zu seinem Bischof wählen und zwar in der Weise, daß die in der angenommenen Wahlkapitulation enthaltenen Vorschriften stets eingehalten werden. Sollte aber auch dieser sterben oder Verzicht leisten, so soll das vorerwähnte Kapitel entweder durch Wahl oder durch Postulation einen katholischen Bischof bestimmen. Sollten die Kanoniker aber bei dieser Gelegenheit fahrlässig handeln oder uneins sein, ist nach den Vorschriften des kanonischen Rechtes und der bisherigen Gewohnheiten in Deutschland vorzugehen, die beständige Wahlkapitulation wie auch dieser Vertrag jedoch unberührt und die alternative Nachfolge zwischen den aus der Mitte des Kapitels oder von außen zu postulierenden katholischen Bischöfen und Bischöfen der Augsburgischen Konfession - bei diesen jedoch ausschließlich Nachkommen der Familie des erstgenannten Herzogs Georg für immer aufrecht zu lassen; dies in der Weise, daß wenn mehrere Fürsten vorhanden sind, der Bischof aus dem Kreis der jüngeren erwählt und postuliert, falls keine jüngeren vorhanden sind, aus dem Kreis der regierenden Fürsten (ex principibus regentibus) genommen werden soll. Sollten aber auch diese fehlen, sollen die Nachkommen des Herzogs August gemäß der oben bezeichneten dauernden Alternation zwischen ihnen und den Katholiken die Nachfolge antreten.
§ 7
Religiöse Verhältnisse im Bistum
Fünftens: Es sollen nicht allein der vorerwähnte Herzog Ernst August, sondern sämtliche Angehörigen des Hauses der Herzoge von Braunschweig und Lüneburg, soweit sie der Augsburgischen Konfession angehören, in diesem Bistum alternativ nachfolgen, und sollen das Bekenntnis, die Kirchengemeinden und die gesamte Geistlichkeit sowohl in der Stadt Osnabrück als auch in den übrigen zu diesem Bistum gehörenden Herrschaften, Städten, Höfen, Dörfern und anderen Orten schützen und bewahren, wie dies oben in Artikel III sowie in der beständigen Wahlkapitulation bestimmt worden ist.

Der "Nürnberger Friedensexekutionskongress" fand zwischen April 1649 und Juli 1650 statt - dort fanden letzte Verhandlungen über Gebietsverteilungen, Reparationen und konfessionelle Aufteilungen statt. Teilnehmer waren Gesandte aus Schweden und Frankreich, Gesandte des Deutschen Kaisers und zahlreiche Gesandte der Reichsstände. Die Ergebnisse wurden im "Interims-Rezess" vom 25. September 1649 und im "Nürnberger Reichs-Friedens-Rezess" vom 26. Juli 1650 niedergelegt; der gesamte Wortlaut der beiden Rezesse ging als "Jüngster Reichsabschied" in den Reichstag vom 17. Mai 1654 ein. Unter der Leitung von Kaiser Ferdinand III. war u.a. der Osnabrücker Bischof Franz Wilhelm Graf von Wartenberg Teilnehmer des Reichstages.
Für den Besitzstand der Konfessionen bedeutete der Rezess, dass die 53 Kirchspiele des Hochstifts in 28 katholische, 17 lutherische und acht bikonfessionelle, sog. "simultaneum necessarium", eingeteilt wurden.

Allegorische Darstellung "Triumph des Osnabrücker und Nürnberger Friedens"

Allegorische Darstellung "Triumph des Osnabrücker und
Nürnberger Friedens" mit der Friedensgöttin Pax im Triumph-
wagen und Kriegsgott Mars in Ketten,
Kupferstich von Johann Ebermeier, 1649

Glane und Iburg erhielten einen katholischen Pfarrer.

Die grundsätzliche Regelungen wurden im "Iburger Nebenrezess" vom 31. März 1651 konkretisiert - hier wurden die konkrete Zusammensetzung des mit 22 katholischen und drei lutherischen Kapitularen klar altgläubig dominierten Osnabrücker Domkapitels fixiert. Im Domkapitelsprotokoll vom 1. April 1651 ist über die Beratungen um die Zustimmung zum "Iburger Nebenrezess" zu lesen: "Man stimmte nur zu, um den allgemeinen Friedensschluss nicht zu gefährden."
Der "Iburger Nebenrezess" stellte später selbst einen Streitpunkt zwischen dem Domkapitel und dem Hause Braunschweig-Lüneburg dar, da er seitens der Welfen nicht anerkannt und seine Neuverhandlung gefordert wurde.

6. Kriegsfolgen

Von den im Jahre 1656 insgesamt 2.217 Höfen im Amt Iburg waren noch 144 wüst oder vakant.

Die lange Abwesenheit der Mönche im Iburger Kloster und die schwedische Herrschaft trugen dazu bei, dass Iburg zur Zeit des Friedensschlusses ein evangelischer Ort war; nach einer Volkszählung im Jahre 1651 waren 62% der Familien evangelisch (29% waren katholisch und 9% gemischt religiös).

Dies half den Protestanten wenig - für die zukünftige Konfession war, wie bereits erwähnt, das Jahr 1624 entscheidend, und zu dieser Zeit versah der katholische Mönch Heinrich Augustini den Gottesdienst. Zudem machte der Katholik Franz Wilhelm von Wartenberg Iburg nach seiner Ernennung im Jahre 1625 zu seiner Residenz - damit war der konfessionelle Druck auf die Bevölkerung besonders groß. Die Rekatholisierung gelang, auch wenn sich eine evangelische Minderheit halten konnte.
Ab 1674 fanden sich wieder mehr Katholiken als Protestanten in Iburg.

Die in der "Immerwährenden Kapitulation" festgelegten Regelungen zur freien Religionsausübung der beiden Konfessionen behielten ihre Gültigkeit bis 1802, als Georg III. von England das Fürstbistum Osnabrück dem Königreich Hannover einverleibte.

 

1 Nach dem Tode von Philipp Sigismund, während der Sedisvakanz, führte das Domkapitel die Regierung des Landes; ein großer Teil der bischöflichen Einnahmen fiel in dieser Zeit ebenfalls dem Domkapitel zu.
2 Dr. Joachim Wilhelm Hast war unter Gustav Gustavson Direktor der schwedischen Kanzlei.
3 Das Klostervermögen wurde von schwedischen Beamten verwaltet - Gustav Gustavson selbst bewohnte ein neu erbautes prächtiges Haus in Vörden.
4 Der schwedische Geheime Rath Dr. Johan Adler Salvius führte in Hamburg von schwedischer Seite die Friedensverhandlungen; später war er Abgesandter bei den Verhandlungen in Osnabrück.

 

Folgende Quellen wurden hauptsächlich für die vorliegende Ausarbeitung genutzt:
HISTORISCHER VEREIN zu Osnabrück (Hrsg.): Osnabrücker Geschichtsquellen. Band III. Die Iburger Klosterannalen des Abts Maurus Rost. Osnabrück 1895.
STEINWASCHER, Gerd & RÖTRIGE, Ursula: Krieg, Frieden, Toleranz. Quellen zum Dreißigjährigen Krieg und Westfälischen Frieden aus dem Fürstbistum Osnabrück. Kultur im Osnabrücker Land, Band 7, Osnabrück 1996.
STEINWASCHER, Gerd: Dreißigjähriger Krieg, Westfälischer Frieden und die Folgen für das Osnabrücker Land. Ausstellungskatalog, Osnabrück 1997.
BUßMANN, Klaus & SCHILLING, Heinz (Hrsg.): 1648: Krieg und Frieden in Europa. Ausstellungskatalog, Münster/Osnabrück 1998.
VOLLBRECHT, Gerhard: Dreißigjähriger Krieg. Belastungen der Bevölkerung im Raum Iburg, Glandorf 1998.
Die Veröffentlichungen sind für weiterführende Studien sehr zu empfehlen!

 

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