Zeitreise(n) durch Bad Iburg |
Glashütte Iburg
Vorgeschichte
Philipp Sigismund von Wolfenbüttel (geboren am 1. Juli 1568 auf Schloss Hessen (Sachsen-Anhalt), gestorben am 19. März 1623 in Iburg) wurde 1591 Fürstbischof im Hochstift Osnabrück; kurz nach Regierungsantritt lebte er abwechselnd in seinen Residenzen Schloss Iburg und Renaissance-Schloss Rotenburg (Wümme). Philipp Sigismund von Wolfenbüttel war nämlich bereits seit 1586 Fürstbischof von Verden; die Belehnung des Fürstbistums Verden erhielt er durch den Kaiser Rudolf II. jedoch erst 1598.
1594 ließ Philipp Sigismund
von Wolfenbüttel einen Lustgarten südlich des Klosters und der
Klotzbahn errichten - der Lustgarten erstreckte sich über die
Fläche des seit 2013 bestehenden sog. "Knotengartens",
der Fläche des katholischen Pfarrhauses (dieses wurde erst 1825
errichtet) und des vom Pfarrhaus südlich gelegenen Geländes.
Der Lustgarten wurde "Freudenthal", ein seinerzeit
beliebter Name für Lustgärten, genannt.
In der 1792 gedruckten Ertmannschen Chronik "Geschichte des
Fürstentums und Hochstifts Osnabrück" heißt es dazu:
" (...) darneben ließ Ihre Fürstliche Durchlauchtigkeit
einen trefflichen, schönen Lustgarten bereiten, welcher alle
diejenigen, so darinkamen, nicht wenig belustigte, und wurd
derselbe Lustgarte der Freudenthal genennet."
Zur Anlage des Gartens musste der felsige Untergrund eingeebnet werden - die weggebrochenen Steine und der Schutt wurden zum unmittelbar südlich des Lustgartens befindlichen Vorwerks des Iburger Klosters hin aufgeschüttet.
1597 war die Lustgarten
fertiggestellt - ebenfalls wurde ein seit 1595 erbautes Lusthaus
am westlichen Ende des Gartens fertiggestellt. Das Lusthaus
bestand aus zwei Etagen: im Erdgeschoss befanden sich die
Wirtschaftsräume, im Obergeschoss befand sich ein
repräsentativer Saal mit Nebenräumen. In lateinischer Schrift
stand (in deutscher Übersetzung) über dem Eingang: "Gütig
erschuf die Natur aus Felsen Garten und Lusthaus. Lange sei Dir,
o Fürst, glückliches Leben zu Theil."
Im Lustgarten wuchsen ausländische Blumen und auch Pflanzen zum
Gebrauch für die Apotheke; zudem war der Lustgarten mit
Bildsäulen geschmückt.
1650 ließ der Fürstbischof Franz Wilhelm von Wartenberg (geboren am 1. März 1593 in München, gestorben am 1. Dezember 1661 in Regensburg), von 1625 bis 1661 Bischof von Osnabrück, das Lusthaus an seinen heutigen Standort im ehemaligen "Thiergarten", dem heutigen Kurpark, versetzen; heute befindet sich in dem Gebäude das Café und Restaurant "Jagdschloss Freudenthal" (Philipp-Sigismund-Allee 2).
Aufgrund der "immerwährenden Kapitulation",
nach der abwechselnd ein katholischer und ein lutherischer
Bischof aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg gewählt werden
musste, wurde 1662 der lutherische Ernst August
von Braunschweig-Calenberg als Kurfürst Ernst August I. (geboren
am 20. November 1629 auf Schloss Herzberg im Harz, gestorben am
23. Januar 1698 in Schloss Herrenhausen, Hannover) Fürstbischof
von Osnabrück.
Ernst August I. bezog mit seiner Frau Sophie von der Pfalz, den
beiden kleinen Söhnen Georg Ludwig und Friedrich August sowie
der Ziehtochter Liselotte von der Pfalz das Schloss Iburg; es
folgten fünf weitere Kinder, darunter die 1668 noch in Iburg
geborene Tochter Sophie Charlotte.
In den Iburger Klosterannalen des Abts Maurus Rost ist zu lesen: "Diesen Garten hielt der Nachfolger, Franz Wilhelm, noch lange Jahre im Stande, doch Ernst August ließ ihn, ich weiß nicht, aus war für Gründen, verkommen und fast ganz verwildern."
1673 erfolgte der Umzug von Ernst August I. in das ab 1667 neu erbaute Schloss in Osnabrück.
Das Schloss Iburg verlor seine Bedeutung als Residenz.
Glashütte Iburg
Im Sommer 1674 errichtete Kurfürst Ernst August I., dort, wo sich seit 2013 der sog. "Knotengarten" befindet, gegen Südwesten eine Glashütte. Durch den Umzug nach Osnabrück nutzte man den dortigen Garten für repräsentative Zwecke, der Iburger Lustgarten konnte für andere Zwecke genutzt werden.
General-Plan von der vormaligen Bischöflichen
Residenz zu Iburg, vermessen im Jahr 1776 von Franz Schaedler roter Kreis: vermutlicher Standort der Iburger Glashütte |
Zweck der Glashütte war den Bedarf seiner Hofhaltung an Trinkgläsern, Pokalen, Tafelgeschirr, Flaschen und anderen hochwertigen Glaserzeugnissen zu decken.
In Iburg traf 1674 der homburgisch-landgräftliche
Glasmacher Johann Wentzel (geb. um 1630, gest. September 1696)
mit dem italienischen Karhäusermönch Giacomo Bernardini
Scapitta zusammen, der das Geheimnis des weißen Glases in
Amsterdam erfahren hatte.
1677 betrieb Scapitta eine Glashütte in
Altona, ein Jahr später eine Glashütte auf dem Kungsholm in
Stockholm; Scapitta fiel zudem häufig durch seine Betrügereien
auf. Von 1682 bis 1685 betrieben beide die landgräfliche
Glashütte in Homburg.
Aus weißen durchsichtigen Kieseln, die
zerkleinert und gemahlen wurden, stellte man die Gläser her. Die
Rohstoffe stammten hauptsächlich aus dem Harz, Natriumnitrat (Salpeter)
und Borax wurden aus Münster importiert - gelegentlich wurde
Borax auch aus Zwolle (Niederlande) bezogen. Außerdem benötigte
man große Mengen an Kaliumcarbonat (Pottasche), Tartrate (Weinstein)
und Holz; allein an Holz benötigte man ca. 36 Fuhren in einer
Woche.
Aufgrund der reichen Silbervorkommen im
Harz ließ Ernst August I. auch zahlreiche Münzen in den
Münzstätten Melle und Hannover prägen.
Die Gläser wurden bis nach Amsterdam, Wien und zahlreichen anderen Orten verschickt - auch der Graf Johann Adolf von Bentheim-Tecklenburg (1637 - 1704) zählte zu den Abnehmern.
In den Iburger Klosterannalen des Abtes Maurus Rost (1633 - 1706) ist dann nachzulesen:
"Aber wegen Holzmangels nach Abholzungen des Grafensundern, abgesehen davon, dass die Gläser, obgleich sehr rein und hell, wegen ihrer Sprödigkeit nicht sehr geachtet waren, wurde die Arbeit wieder eingestellt, ...". Mehrmals war die Iburger Glashütte gezwungen bereits geliefertes Glas wieder zurückzunehmen. So musste im August 1676 der Iburger Hausvogt Johann Caspar Vornholz (aus Glane-Visbeck) nach Amsterdam reisen, um das dort noch stehende Glas wieder abzuholen. Die Einstellung der Glashütte erfolgte 1677.
Und es heißt weiter: "(...) zum großen Nutzen für das Kloster, dem der fortwährende Besuch neugieriger Fremden großen Schaden verursachte."
In den Anmerkungen ist verzeichnet: "Noch im Juni 1677 hat Ernst August eine Schuld von 1009 Thalern für die Hütte bezahlt."
Damit endete bereits nach drei Jahren die Produktion von Glas in der Iburger Glashütte.
Nachtrag
Der ehemalige Lustgarten wurde später als "Amts-Garten" und als "Garten des Amtsrichters" genutzt.
Der Osnabrücker Fürstbischof Ernst August II. (1674 - 1728) richtete 1721 oder 1726 in Borgloh-Wellendorf am Südhang des Strubberges eine Glashütte ein, die allerdings aus ähnlichen Gründen 1738 eingestellt wurde.
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