Zeitreise(n) durch Bad Iburg |
Mühlenpforten-Rott - Haus Nr. 74 (heute: Große Straße 25)
An der Grenze zum Hagenberger-Rott befand sich im Mühlenpforten-Rott das Haus Nr. 74.
Die von Bischof Konrad III. von Diepholz (1455 - 1482) errichtete Stadtbefestigung bestand im Osten des Grundstücks aus einer Sandsteinmauer.
Plan vom 04. Dezember 1875 (rot eingekreist: Haus Nr. 74) |
1669 wird auf dem Grundstück ein Greve wohnhaft gemeldet.
Im Jahre 1670 folgt Johan
Achtermeyer, geboren um 1607, der dort mit seiner vierten Ehefrau
Anna Catharina, geb. Poppen, und den Kindern lebte.
In erster Ehe war Johan mit Margaretha, geb. Schütte verheiratet
- das Paar hatte drei Kinder. Kurze Zeit später heiratete er
Margaretha, geb. Schriver, die ihm zwei Kinder schenkte. Einige
Jahre später ehelichte er Anna Catharina, geb. Maners, die ein
Kind zur Welt brachte. Und wieder wenige Jahre später führte er
Anna Catharina zum Traualtar - getauft wurden deren Kinder Anna
Catharina am 24. April 1667, Lucretia Margaretha am 9. Mai 1670
und schließlich Catharina Sybilla am 11.11.1676.
Die Tochter Anna Catharina heiratete am 12. November 1702 Philipp Arnold Vering, der 1706 als Besitzer des Hauses genannt wird. Arnold Vering wurde am 28. November 1674 getauft und hatte mit seiner Ehefrau eine Tochter, die am 22. November 1705 auf den Namen Catharina Sybilla getauft wurde. Mit fast zwei Jahren verstarb jedoch die Tochter und wurde am 21. Oktober 1707 in Iburg beerdigt. Anna Catharina wurde am 11. April 1717 in Iburg beerdigt - sie war eine bescheidene Frau; Arnold Vering folgte am 19. Februar 1732.
1743 wohnten Brüner in dem Haus - über diese Familie ist leider nichts bekannt; die Schreibweise dieses Namens änderte sich auch immer wieder von Brüner zu Bruner, Bruners und Bruns sowie weitere Schreibweisen.
Im Jahre 1751 wohnte Joannes Henricus Vering mit seiner Familie in dem Haus. Joannes Henricus, getauft am 1. Januar 1730, war verheiratet mit Anna Sophia, geborene Poppe. Das Paar hatte drei Kinder: Catharina Gertrud wurde am 1. März 1753 getauft, Maria Catharina Elisabetha im September 1755 und Anna Maria Catharina Dorothea am 26. August 1758. Der bei allen drei Kindern auftauchende Name Catharina rührte von der Großmutter väterlicherseits her, die am 12. März 1702 geborene Catharina Gertrudis Ketteler, später verheiratet mit Gerhardus Vering - die beiden hatten neun Kinder. Zudem war Catharina Gertrudis Taufpatin bei Joannes Henricus Vering.
Sowohl 1789 als auch 1799
wohnte auf dem Grundstück die Witwe des Glasers Bernhard
Heinrich Schove, Catharina Maria Schove.
Bernhard Heinrich Schove wurde am 14. Oktober 1747 in Iburg
getauft. Dieser heiratete wahrscheinlich 1774 Catharina Maria,
geborene Uthoff. Das Paar bekam zwischen 1774 und 1785 fünf
Kinder. Bernhard Heinrich Schove verstarb im Januar 1787 und
wurde am 26. Januar 1787 in Iburg beerdigt; seine Ehefrau, das
älteste Kind war 12 Jahre alt, das jüngste Kind war gerade 1
Jahr alt, musste die Kinder alleine großziehen.
Die älteste Tochter Clara Elisabeth Schowe, getauft am 10. November 1774 in Iburg, heiratete am 2. Oktober 1798 den am 12. Mai 1778 in Laer geborenen Caspar Heinrich Heuer. Das Paar bekam zwei Kinder: der am 28. Juli 1800 geborene Sohn David Heinrich wanderte am 19. Februar 1836 als Theologe nach Nordamerika aus, Henricus Ludovicus wurde am 22. August 1804 geboren und verstarb bereits wieder am 18. Mai 1805. Das Paar wohnte im Hause der Witwe Catharina Maria Schove - diese verstarb am 1. Februar 1830 an Altersschwäche.
Den Lebensunterhalt verdiente sich das Ehepaar mit Blaufärben und Rollomalerei und kurze Zeit später mit dem Handel von Waren des täglichen Bedarfs.
Als am 13. Februar 1803 das Kloster im Rahmen der Säkularisation aufgelöst wurde, verblieben Pater Placidus Frye, der seit 1789 Pastor in Iburg war und die freie Konventstafel genoss, sowie Pater Anton Gottfried Buß, der als Cooperator (Assistent) der Pfarre Iburg wirkte, in Iburg - sie erhielten kurzzeitig im Hause Heuer ihre Unterkunft. Placidus Frye zog im selben Jahr in das Pastorat (Haus Nr. 42, heute: Schloßstraße 4) um - über den Verbleib von Anton Gottfried Buß ist nichts bekannt; dieser verstarb als emeritierter Kaplan zu Iburg am 1. Januar 1851.
Ebenfalls 1803 fand die 1. französische Besetzung (auch) in Iburg statt - im Juni und im Oktober nahmen napoleonische Truppen bei ihrem Durchzug im Hause Heuer Quartier.
Am 3. Juli 1805 starb Clara Elisabeth Heuer, anderthalb Monate nach dem Tod ihres jüngsten Sohnes, und wurde zwei Tage später in Iburg beerdigt.
Am 26. November 1805 heiratete Caspar Heinrich
die am 10. Januar 1782 getaufte Maria Elisabeth, geborene
Nollmann sive Brunemann. Der Vater von Maria Elisabeth, Johan
Henrich, hieß mit Geburtsnamen Brüneman und hatte den Namen
Nollmann angenommen; in den Taufbüchern sind bei den
Geschwistern von Maria Elisabeth die Schreibweisen "Brünemann
genannt Nollmann", "Brünemann sive Nollmann" und
"Nollmann" ohne weiteren Namenszusatz angegeben.
Mit seiner zweiten Frau hatte Caspar Heinrich sechs Kinder
- doch das älteste Kind Joannes Henricus verstarb bereits nach 1
1/2 Monaten, der Sohn Franciscus verstarb mit 4 Jahren und der
jüngste Sohn Joannes Mathias Henricus verstarb fast einjährig.
In einer Bevölkerungsliste von 1819 wurde Heinrich mit der Berufsbezeichnung Kaufmann und Glaser eingetragen; im Zeitraum 1815 bis 1824 kümmerte sich Heinrich zudem als Kirchenprovisor um die finanziellen Angelegenheiten der Kirchengemeinde.
Maria Elisabeth Heuer verstarb am 25. Oktober 1819, einen Monat vor dem Tod ihres jüngsten Sohnes - sie wurde zwei Tage später in Iburg beerdigt.
Am 26. April 1820 heiratete Caspar Heinrich
zum dritten Mal: Maria Catharina, geborene Brune, aus Eppendorf
bei Borgloh - diese schenkte ihm weitere vier Kinder;
die ersten beiden Kinder verstarben jedoch noch im Kindesalter.
Damit lebten Ende 1825 mit Caspar Heinrich
und Maria Catharina noch fünf Kinder im Haushalt.
In diesem Jahr pachtete Heinrich Heuer den Krusenteich (Föhrenteich)
an der Krusendehne hinter der Laeregge.
Nach langwieriger Krankheit verstarb Caspar
Heinrich am 8. Januar 1830 - die Beerdigung auf dem Friedhof der
Fleckenskirche erfolgte am 11. Januar 1830.
Bis einschließlich 1837 erfolgten die Beerdigungen auf dem
Friedhof unmittelbar an der Fleckenskirche - die erste Beerdigung
auf dem heute als "Alter Friedhof" bezeichneten
Friedhof erfolgte am 2. Januar 1838.
Die Witwe Maria Catharina wurde nunmehr, obwohl erst 47 Jahre alt, liebevoll "Oma Brune" von der Familie genannt - sie musste nun eigenständig für ihren und der Kinder Unterhalt sorgen. Sie war eine äußerst geschäftstüchtige und umsichtige Frau.
Am 4. Oktober 1831 heiratete die Tochter aus zweiter Ehe, Maria Anna, in Iburg den Osnabrücker Lohgerber Frans Christopher Oberholthaus - die Ehe blieb kinderlos und Maria Anna verstarb am 27. Januar 1843 in Osnabrück.
1833 ließ Maria Catharina ("Frau Witwe Heinrich Heuer") bei der "Vaterländischen Feuer-Versicherungs-Gesellschaft" mit Hauptsitz in Elberfeld (heute: Wuppertal) über den Osnabrücker Haupt-Agenten Jacob Friedrich Meyer unter der Police Nr. 2477 nicht nur ihr Mobiliar, sondern auch die Warenvorräte gegen Brandschaden versichern.
Von Iburg ging sie zu Fuß zu ihren Lieferanten
nach Osnabrück: beim Vollerbenhof Entrup in Nahne (heute:
Iburger Straße 228) versteckte sie ihre "Landschuhe"
im Gebüsch und setzte ihre Reise mit den "Stadtschuhen"
bis zu ihren Lieferanten fort - auf dem Rückweg wurden die
Schuhe wieder getauscht.
Alleine für den ca. 12 km langen Weg bis
zu Entrup musste man zu Fuß 2 1/2 Stunden einplanen.
Im Jahre 1858 erhielt die kath. Kirchengemeinde von der Witwe Maria Catharina Heuer und dem Lohgerber Josef Benedikt Stapenhorst Grundstücke auf der Laeregge zur Anlegung eines Kreuzweges.
Am 21. Mai 1862 heiratete die Tochter aus dritter Ehe, Catharina Agnes Elisabeth, den Iburger Bäcker Caspar Heinrich August Bruns.
1864 übernahm der Sohn David Joseph August Heuer, geboren am 16. Februar 1824, von der Mutter das Geschäft; er beherrschte die englische und französische Sprache.
Im selben Jahr, am 10. April 1864, heiratete er die am 16. November 1830 in Ostbevern geborene Anna Julia, geborene Hülswitt.
Im Königreich Hannover - Iburg gehörte seit
dem 9. November 1813 zum Königreich - wurde mit dem
Einführungsgesetz vom 5. Oktober 1864 das allgemeine Deutsche
Handelsgesetzbuch zum 1. Januar 1865 eingeführt. Damit verbunden
war die Pflicht von Firmen sich im Handelsregister eintragen zu
lassen.
Am 1. Februar 1865 erfolgte beim Amtsgericht Iburg unter der
laufenden Nummer 5 von August Heuer die Eintragung der Firma
"August Heuer" für die bestehende Manufaktur,
Colonialwaren- und Eisenwarenhandlung.
Eintragung der Fa. "Aug. Heuer" vom 1. Februar 1865 beim Amtsgericht Iburg |
Am 20. März 1865 wird Sohn Lambert Joseph
geboren - verstirbt jedoch nach Krämpfen am 29. Juli 1865. Der
Nächstgeborene, Caspar Heinrich August, wurde am 21.
März 1866 geboren. Die Großmutter erlebte noch die Geburt der
beiden Kinder, bevor sie am 1. Dezember 1866 an Altersschwäche
starb und am 4. Dezember 1866 in Iburg beerdigt wurde.
Der Grabstein - bestehend aus einem Kreuz
und Sockel aus Sandstein - befindet sich (noch heute) auf dem
Alten Friedhof in Bad Iburg. Der Querbalken des Kreuzes trägt
die Inschrift "M.C. Heuer geb. Brune", auf der
eingelassenen Platte aus schwarzem Glas steht die vertiefte,
geblasene Inschrift "Ruhestätte der Familie Heuer".
Die 1867 geborene Tochter Maria Catharina Elisabeth verstarb drei Monate nach der Geburt.
Am 15. Juni 1868 wurde Johann Heinrich geboren - die Taufe erfolgte zwei Tage später.
1870 wurde Maria Catharina Agnes geboren, doch ihr Leben endete im April 1878.
Am 7. April 1872 wurde die Tochter Maria Anna Julia geboren, am 31. August 1874 folgte Tochter Gertrud Maria Antonia.
Das Sortiment wurde ständig erweitert: irdenes
Geschirr, Gartengeräte und Sämereien; die Sämereien wurden von
der landwirtschaftlichen Samengroßhandlung F. A. Waldmann in
Osnabrück, Turmstraße 11-12, bezogen - Heuers waren bald bei
den Landwirten dieser Gegend für die besten Sämereien bekannt.
Bezahlt wurde ab 1871 mit der "Goldmark".
1874 befand sich im Hause Heuer zudem ein Ausschank - Heuer's hatten nämlich eine Konzession für eine Gast- und Schenkwirtschaft.
Um die Jahrhundertwende übernahmen die Brüder
Caspar Heinich August und Johann Heinrich das
Geschäft von ihrem Vater in der 3. Generation.
August war hauptsächlich für das Geschäft zuständig, Heinrich
hielt die Verbindungen zu den Landwirten und lieferte die
Sämereien - er fehlte auch auf keiner Holzauktion.
Neben der Arbeit handelte August gern mit Wertpapieren und sang
im "Männergesangverein Iburg von 1891 e.V.".
Heinrich Heuer, um 1891 |
Heinrich war 1910 als "Heinrich III." Schützenkönig von Iburg - Schützenkönigin war Gertrud I. Wacker.
1912 wurde das südlich an das Haus grenzende Grundstück und Haus Obermeier erworben und neu gebaut.
Die Kinder Caspar Heinrich August (genannt
"Onkel August"), Maria Anna Julia und Gertrud
Maria Antonia heirateten nicht.
Am 28. Mai 1913 heiratete Johann Heinrich in der St.-Barholomäus-Kirche
zu Wellingholzhausen die am 21. Mai 1885 in Wellingholzhausen
geborene Maria Kemper. Aufgrund hoher Kindersterblichkeit
überleben die Kinder Elisabeth (geb.: 1914), Ernst-August (geb.:
3. Oktober 1915), Josef (geb.: 1917) und Hans-Hermann (geb.: 1923).
David Joseph August Heuer konnte 1914 mit 90 Jahren noch sein erstes Enkelkind Elisabeth auf dem Schoß halten - August verstarb ein Jahr später.
Anwesen Heuer (rechtes Gebäude) |
Nunmehr wurden auch Beschläge, z.B. für
Möbel und den Baubedarf, sowie der Handel mit "Kochmaschinen"
(oder auch "Küchenhexen" genannt; Herde)
vorangetrieben; dafür war der Sonntagsverkauf sehr wichtig, da
die Kundschaft an diesem Tage am besten Zeit hatte.
Die Herde und Öfen wurden teils über den Großhandel, teils
aber auch bei "F. Küppersbusch & Söhne" in
Gelsenkirchen-Schalke und die "Buderus'sche
Handelsgesellschaft m.b.H." direkt bezogen.
Die Hyperinflation von 1923 hinterließen bei Heuer's große Spuren: das den Bauern geliehene Geld bekamen sie als Papiergeld entwertet zurück. Aber auch die Weltwirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre und der 2. Weltkrieg bis zur Währungsreform 1948 beeinträchtigten den Handel in starkem Maße.
1926 hieß der erste Kinderschützenkönig im Iburger Schützenverein Ernst-August I. (Heuer).
Als im Februar 1929 die Wasserleitung des Krankenhauses "Franziskus-Hospital" einfror, versorgten Heuer das Krankenhaus bis Anfang April mit Trinkwasser.
Gartenidylle |
Als 1934 im Schloss Iburg durch die Sturmabteilung der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) eine "SA-Sportschule" eingerichtet wurde, lieferten Heuer sämtliche Öfen und Ofenrohre und stellte diese dann auch auf - durch die wenigen Kaminzüge im Schloss mussten lange Verbindungen mit den Ofenrohren hergestellt werden.
Im Jahre 1935 wurde das alte Haus an der Große Straße abgerissen und ein neues Haus erbaut.
Abriss Heuer 1935 |
Über der Durchfahrt zu den hinteren Häusern
wurde eine Verbindung zu dem Bau von 1912 geschaffen und der
Wohnbereich vergrößert. Im Erdgeschoss wurde der Laden mit
Ausstellungsfläche vergrößert und erhielt ein modernes Gesicht.
Die Anschrift des als Gemischtwaren geführten Geschäftes
lautete Nr. 91 und man war telefonisch unter der
Telefonnummer 254 erreichbar.
Später lautete die Anschrift Großestraße 91 sowie
während des 2. Weltkrieges Adolf-Hitler-Straße 91.
Der 1917 geborene Sohn von Heinrich Heuer, Heinrich Josef Heuer, begann eine kaufmännische Lehre bei der Kolonial- und Eisenwaren-Großhandlung "Rudolf Lüer" in der Johannisstraße in Osnabrück, während der 1923 geborene Sohn Hans-Hermann eine kaufmännische Lehre bei "August Uhlmann", einem Geschäft für Eisenwaren, Werkzeuge sowie Haus- und Küchengeräten an der Wittekindstraße in Osnabrück begann.
Tochter Elisabeth hatte (ebenfalls) viel Interesse am Geschäft - neue Geschäftsverbindungen wurden geknüpft; in das Sortiment wurden Emaille Töpfe, Wasserkessel, hochwertiges Porzellan sowie Glas aufgenommen.
Gebäudeansicht von 1935 - 1955 | Gebäudeansicht von 1935 - 1955 |
Während des 2. Weltkrieges wurden die Söhne
Ernst-August, Josef und Hans-Hermann eingezogen.
Während Josef in Rußland vermisst blieb, kam Hans-Hermann 1945
aus der Gefangenenschaft heim. Nach Kriegsende wurde Ernst-August
Arzt in Werne - dort verstarb er am 26. April 2006.
1946 heiratete Elisabeth den Export-Kaufmann Erich Leist aus
Hamburg, beide blieben aber zunächst in Iburg. Dort konnte Erich
Leist durch seine alten Verbindungen zahlreiche Kontakte knüpfen
und Waren beschaffen; Hans-Hermann fuhr dann mit einem
holzgasbetriebenen LKW in das Ruhrgebiet um die Waren abzuholen.
1949 verstarb Caspar Heinrich August Heuer ("Onkel August") und sein Neffe Hans-Hermann Heuer übernahm seinen Anteil am Geschäft, nachdem er bereits 1945 in die Firma eingetreten war. Als 1951 der Vater Johann Heinrich starb, führte Hans-Hermann mit seiner Mutter Maria das Geschäft als Offene Handelsgesellschaft weiter.
Die Anschrift lautete: Große Straße 25.
Ansicht der Großen Straße von unten nach oben - 4.
Haus auf der rechten Seite: Aug. Heuer, 1951 |
Inzwischen waren Elisabeth und Erich Leist mit
ihren beiden in Iburg geborenen Kindern nach Hamburg gezogen.
Dort lernte Hans-Hermann durch Erich die Spirituosenherstellung
kennen: der Alkohol wurde bei der Bundesmonopolstelle in
Lüdinghausen gekauft und dann entsprechend in der neu
eingerichteten kleinen Destillations- und Likörfabrik
verschnitten. Die selbst hergestellten
Spirituosen - Korn, Wacholder, Rum Weinbrand und Liköre - wurden
nicht nur im Laden verkauft, sondern auch an den Großhandel der
Umgebung geliefert. Daneben wurde auch der Handel mit guten
Weinen gepflegt.
Bei einer Rückfahrt von Lüdinghausen nach
Iburg rollte auf dem Prinzipalmarkt in Münster in volles 300
Liter-Fass aus dem Bulli - Hans-Hermann konnte mit Hilfe von
Passanten das Fass wieder in den Bulli verfrachten.
Innenansicht |
1956 erfolgte der erste große Umbau nach dem Krieg: die bisherige Durchfahrt zu den hinteren Häusern wurde geschlossen und diese neu entstandene Flächen kamen zur Ladenfläche hinzu - ebenfalls wurden Laden und Schaufensterfront neu gestaltet.
In diesem Jahr wurde auch Josef Heuer für tot erklärt.
Geschäftshaus 1956 |
Gewerbliche Anzeige 1957 aus: Festschrift zum 25jährigen Gründungstag der Freiwilligen Feuerwehr Iburg |
Luftbild , April 1957 |
1958 heiratete Hans-Hermann Heuer Margret Karrenbrock aus Iburg - 1961 wurde der Sohn Reinhard Erich und 1966 Christian Ernst-August geboren. Maria, Mutter von Hans-Hermann, zog sich aus dem Geschäft zurück und war fortan der ruhende Pol der Familie.
Ansicht von der Großen Straße, 1960 |
Rückwärtige Ansicht des Hauses (links) vom Hagenpatt, 1961 |
Das Hauptaugenmerk lag 1960 auf den Verkauf von Eisenwaren und Lebensmitteln; im Jahre 1964 wurde das zweite "Eduscho Röstfrisch-Depot" (Shop-in-Shop-Prinzip) in Deutschland eröffnet.
Im Frühjahr 1969 wurden, bis
auf den 1956 umgebauten neuen Teil vorn an der Großen Straße,
die alten Häuser abgerissen - Wohnung und die Lager mussten
nunmehr während der Bauzeit auf kleinsten Raum in den
verbliebenen Räumlichkeiten untergebracht werden.
Mit dem Abbruch der alten Häuser wurde auch die kleine
Destillations- und Likörfabrik aufgegeben.
Der größte Teil des Fachwerks wurde im Garten verbrannt - eine
Woche lang loderte das Feuer.
Einige alte Balken der abgebrochenen
Häuser zieren die Decke in der Diele des heutigen Wohnhauses.
Bei den Ausschachtungsarbeiten machte der vorhandene Lößlehm immer wieder zu schaffen.
Beginn des Hausabrisses 1969 | Hausabriss 1969 |
Die Ladenfläche im Erdgeschoss wurde mehr als
verdoppelt, hinzu kamen ein Kellergeschoss, ein neuer Bürotrakt,
ein neues Lager sowie ein neu gestalteter Innenhof. Das private
Wohnhaus entstand im Garten - mit direktem Zugang zum Bürotrakt.
Ende August 1969 konnte Richtfest gefeiert werden.
"Oma Maria" ging im Oktober für einige Wochen zum Sohn
Ernst-August nach Werne, aus Hamburg reiste zur tatkräftigen
Unterstützung bei den nun anfallenden Arbeiten Elisabeth Leist
aus Hamburg an.
Anfang Oktober zog die Familie erst einmal provisorisch in die
obere Etage des neuen Wohnhauses ein, da einige Bereiche noch
nicht fertig gestellt waren.
Mitte Oktober musste der gesamte bisherige Laden
geräumt werden - die Lebensmittelabteilung wurde in der Garage
aufgebaut und dort behelfsmäßig weitergeführt. Porzellan, Glas
und Hausrat wurden in die untere Etage des Wohnhauses gebracht,
doch nur in "Notfällen" wurde versucht etwas für die
Kunden zu finden.
Das neue Wohnhaus entsteht |
Am 13. November 1969 wurde der neue Laden,
erstellt mit komplett neuer Ladeneinrichtung nach neuesten
Erkenntnissen, eröffnet: auf 350 m2 Verkaufsfläche
standen nun 120 m2 für die Lebensmittelabteilung mit
Getränkebereich, Freilandtheke, Gefriergondel und
Bedienungstheke für Aufschnitt und Brot sowie 230 m2
für die Glas- und Porzellanabteilung zur Verfügung. Zudem kamen
im Untergeschoss für die Abteilung Hausrat und Gartenmöbel ca.
120 m2 hinzu.
Für eine bessere Belieferung und einer kostenorientierten
Preispolitik schloss sich das Unternehmen der Großhandelskette
VeGe an, zudem wurden auf Messen direkte Kontakte mit den
Herstellern gesucht und gefunden.
Gewerbliche Anzeige 1972 aus: Festschrift zum 40jährigen Gründungstag der Freiwilligen Feuerwehr Bad Iburg |
1975 trat die Firma in die Einkaufsgemeinschaft "EK-Großeinkauf eG Bielefeld" ein und wurde in das Genossenschaftsregister eingetragen - besonders wichtig war dabei das Delkrederegeschäft (Übernahme der Ausfallbürgschaften) sowie die zentrale Begleichung der Lieferanten-Rechnungen über die EK-Großeinkauf zur Entlastung der Büroarbeiten.
Im Jahre 1974 starb "Oma" Maria Heuer im Hause im Alter von 89 Jahren.
In den Folgejahren wurde die Porzellanabteilung
erweitert:
1977 - neue Abteilungen für Hutschenreuther und Villeroy &
Boch,
1979 - neue Abteilung für die Rosenthal-Studio-Linie.
Ebenfalls 1979 wurde die Schaufensterfront neu gestaltet und durchgehend mit Teppichboden belegt.
Im April 1980 begann mit dem Ausverkauf im Lebensmittelbereich das Ende der mehr als 180 Jahre bestehenden Lebensmittelabteilung; anschließend bekam der Laden einen einheitlichen Teppichboden.
In der im Untergeschoss untergebrachten Abteilung Hausrat und Gartenmöbel wurde der Verkauf von Gartenmöbeln aufgegeben.
Die Verkaufsfläche, die nunmehr zur Verfügung
stand, wurde Porzellanabteilung mit weiterem bedeutenden
Markenporzellan, kunstvoll hergestellten Gläsern und Bestecken (Auswahl):
1980 - Rosenthal Classic Rose und Haviland,
1981 - Riedel,
1984 - Königliches Kopenhagen (Royal Copenhagen) und Swarovski,
1986 - KPM Berlin - Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin,
1987 - Theresienthal,
1989 - Robbe & Berking.
Gewerbliche Anzeige 1982 aus: Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Bad Iburg |
1990 wurde das alte Vordach zur Straße abgerissen und die Schaufensterfront mit Vorbauten versehen. Die Seitenpfeiler, der Schaufenstersockel sowie der Boden im Eingang und in der Passage wurden mit einem hellen Granit belegt; Schaufenster und die Eingangs-Doppeltür wurden rahmenlos konzipiert.
Ansicht Heuer von der Großen Straße, Dezember 1991 |
Der nächste größere Umbau erfolgte 1994:
Der Innenhof zwischen Laden und Wohnhaus wurde ausgebaggert - die
Stützpfeiler waren schon beim Neubau 1969 gesetzt worden - und
die Ladenfläche der Haushaltsabteilung auf ca. 240 m2
erweitert; zwei große Lichtkuppeln lassen das Tageslicht
einfallen.
Am Hagenpatt wurde ein neuer (Kunden-)Parkplatz angelegt und von
dort ein großzügiger Eingang in das Geschäft geschaffen.
Neu gestaltet wurde in diesem Zusammenhang auch das Treppenhaus
zwischen Haushalts- und Porzellanabteilung mit hellem Granit.
Auf beiden Etagen wurde ein gleich aussehender Teppichboden, eine
Extraanfertigung mit dem Muster einer Kaffeekanne, verlegt.
Im Zuge der Erweiterung wurde auch das Büro vergrößert.
Die feierliche Eröffnung des neu gestalteten Geschäftes
erfolgte im Mai 1995.
Rückansicht vom Hagenpatt |
Anfang 1995 kam Sohn Reinhard Heuer in das Unternehmen und übernahm die Haushaltsabteilung. Nach seiner Ausbildung im Geschäft für Koch- und Tischideen "Clemens Benner" in Lingen/Ems, dem Besuch der "Fachschule des Deutschen Eisenwaren- und Hausrat-Handels" in Wuppertal und der Tätigkeit in großen Häusern der Branche, zuletzt als Außendienst-Mitarbeiter der Porzellanfabrik Arzberg, ist er seit Anfang 2008 Inhaber der Firma Porzellan- und Haushaltswaren "Aug. Heuer".
Anlässlich des Jubiläums 200 Jahre Firma Aug. Heuer fand vom 5. bis zum 17. Oktober 1998 ein Jubiläumsverkauf statt.
Beschäftigte und Inhaber 1998 (links: Reinhard Heuer, rechts: Hans-Hermann und Margret Heuer) |
Gewerbliche Anzeige 2001 aus: 50 Jahre Fahnenkompanie Bad Iburg im Schützenverein Iburg von 1869 e.V. Eine kleine Dokumentation |
Am 16. Juli 2023 verstarb der Inhaber Reinhard
Heuer.
Reinhard Heuer war im Vorstand des "Bad Iburger Marketing (BIM)
e.V." tätig - im Schützenjahr 2019/2021 war er im Hofstaat
von König Thomas III. (Hartlage) und Königin Beate I. (Große-Rechtien).
"Aug. Heuer" ist das älteste (inhabergeführte) in Bad Iburg befindliche Geschäft.
Für die Bereitstellung von Unterlagen und zahlreichen Informationen danke ich ganz herzlich Ehepaar Hans-Hermann und Margret Heuer sowie Reinhard Heuer!
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