Zeitreise(n) durch Bad Iburg |
Robert Hülsemann (1868 -
1950)
Ehrenbürger
"Robert Hülsemann (...) ist einer der rührigsten Werber in Wort und Tat für den schönen Bergflecken Iburg", so die "Neue Tagespost" am 15. Oktober 1949.
Robert Hülsemann wurde am 16. Oktober 1868 als Sohn des Buchhändlers Gustav Hülsemann und seiner Ehefrau in Soest geboren - er entstammte einer alten Soester Familie, deren Zweige auch in Osnabrück zu finden waren. Die Buchhandlung in Soest wurde am 1. November 1863 gegründet; zudem züchtete der Vater "Schwarze Spanier" (Hühner). Sein Bruder war der spätere Oberregierungsmedizinalrat Dr. Hans Hülsemann (geb.: 21. März 1879).
Nach seiner Schulzeit und einer im väterlichen Geschäft begonnenen Lehre, die er jedoch vor der Prüfung abbrach, fuhr er zur See - ständiger Begleiter und (fast) nie ausgehend war seine Tabakpfeife. Er war später Mitinhaber eines "Agentur- und Kommissionsgeschäftes" für Kaffee und Südfrüchte sowie einer Kaffeerösterei in Soest; ebenfalls war er von 1911 bis 1916 Stadtverordneter in Soest.
Robert Hülsemann |
1920 schied er aus seiner Firma aus und
siedelte von Amsterdam nach Iburg über und bezog dort das "Haus
Urmolle" am Urberg (heute: Am Urberg 12).
Das Haus wurde wahrscheinlich vom Vorbesitzer, dem Geheimen
Regierungsrat Heising, um 1913 erbaut und "Haus Urmolle"
getauft.
Eine Besonderheit des Hauses ist die
historische Wasserversorgung: der Garten konnte mit Wasser vom
nördlich des Urberges gelegenen Sunderbach gespeist werden. Dazu
befand sich südlich des ehemaligen Ausflugslokals "Teutoburger
Waldschänke" (Völler) ein Wasser-Staubecken und unweit die
Ruine des "Hydraulischen Widders" (Stoßheber), eine
stoßweise wirkende, selbsttätig arbeitende Wasserpumpe - das
Wasser-Auffangbecken für 10m3 Wasser (Hochbehälter)
lag hinter dem ehemaligen Grundstück von Robert Hülsemann; Die
Einfallhöhe betrug ca. 10 m, die Steighöhe ca.70 m. Das Wasser
strömte durch das Gefällrohr in den Hydraulischen Widder, durch
den Wasserdruck schloss das Stoßventil und das Öffnungsventil
wurde durch den Wasserdruck nach oben gedrückt und öffnete den
Windkessel. Die Luft im Windkessel wurde komprimiert und ließ
das im Windkessel befindliche Wasser über die Steigleitung in
den Hochbehälter gelangen. War der Luftdruck im Windkessel
wieder groß genug, schloss wieder das Öffnungsventil und das
Stoßventil fiel durch sein Eigengewicht wieder nach unten,
öffnete sich, Wasser strömte heraus, schloss das Stoßventil
aber durch den Wasserdruck wieder und Wasser wurde wieder über
die Steigleitung hochgepumpt.
Schema eines Hydraulischen Widders |
Im "Haus Urmolle" war er ab dem Alter
von 52 Jahren Rentier und lebte von seinen Ersparnissen.
Früh morgens um 6:00 Uhr stand er auf um Tau zu treten -
sonnabends ab 16:00 Uhr spielte er Schach im Hotel Felsenkeller.
"Haus Urmolle" |
1926 erschien sein erstes Buch mit dem Titel
"Nordlandfahrt - Durch Fjorde und Schären Norwegens" -
es folgten weitere Geschichten über ferne Länder sowie
Geschichten aus dem alten Soest:
"Unter Segel zum Äquator", "Auf der Walfischinsel",
"An der grünen Front" (Lustiges vom deutschen
Landleben) im Verlag Wilhelm Stollfuß, Bonn, "Soester
Schnurren" (illustriert von Edmund Krause) und "Schnurriges
Westfalen".
1930 erschien "Das Buch der Spiele für Familie und
Gesellschaft" und das "Lehrbuch der Kartenspiele und
Patiencen".
aus: Iburger Fremdenblatt, 1. Jahrgang, Nr. 2, 11. Juni 1930 |
Auch in Iburg betätigte sich Hülsemann heimatkundlich: im Frühjahr 1930 erschien im Verlag Rudolf Hankers das Buch "Iburg und seine Geschichte. Den Sommergästen des Bades Iburg gewidmet.".
aus: Iburger Fremdenblatt, 1. Jahrgang, Nr. 3, 18. Juni 1930 |
Robert Hülsemann war ebenfalls Schriftleiter
des "Iburger Fremdenblattes", einer Saisonbadezeitung
für die Iburger Sommergäste, die er 1930 gegründet hatte:
"Wir wollen verhindern, daß sie der Langeweile verfallen
und Reißaus nehmen, wenn mal der Wettergott einige Tage grollt.
(...) Wir bringen auch nichts, was politischen Charakters ist,
handle es sich um Reichs-, Staats- oder Ortspolitik, wir wollen
kein Radaublatt sein! Auch keine Nachrichten aus der Welt bringen
wir - tun als keiner Zeitung Abbruch - wir wollen lediglich ein
Iburger Unterhaltungsblatt sein, ...".
Während der Sommersaison erschien die Zeitung wöchentlich (ca.
16 Ausgaben pro Jahr) und konnte für 10 Pfennig erworben werden
- im zweiten Jahrgang 1931 erschien aufgrund der schlechten
Wirtschaftslage Deutschlands lediglich ein Saison-Fremdenblatt.
Lag anfänglich Druck und Verlag bei Rudolf Hankers, Iburg, wurde
das Blatt ab 1933 bei Meinders & Elstermann in Osnabrück
gedruckt. 1935 wurde das Fremdenblatt eingestellt.
Robert Hülsemann's "Haus Urmolle",
einst zu Ostenfelde mit der Anschrift "Ostenfelde Nr. 92"
gehörig, stand ebenfalls erholungssuchenden Kurgästen als
Unterkunft zur Verfügung; ein Telefon war im Hause nicht
vorhanden.
1930 weilten u.a. folgende Kurgäste im Hause: Frl. Schubart (Osnabrück),
Hauptmann a.D. Braun mit Familie (Remscheid), Frl. Elfriede
Masberg (Düsseldorf), Herr G. Siemens-Fischer (Hangelar bei Bonn),
Kurt Braun (Remscheid) sowie Walter Olmesdahl mit Familie (Lippstadt).
Erst 1937 wurde der Urberg gegen den Willen
des Ostenfelder Gemeinderates nach Iburg eingemeindet, nachdem
sich bereits 1929 der Flecken Iburg mit der Samtgemeinde Mäscher
zusammengeschlossen hatte.
1933 entstand auf seine Initiative hin der
Charlottensee - ein Jahr zuvor, am 22. Juni 1932, gründete er
den Kurverein Iburg, deren späterer Ehrenmitglied Robert
Hülsemann wurde.
Dem 1. Vorstand gehörten der Fabrikant Heinrich Tepe sen. (Vorsitzender),
Schriftsteller Robert Hülsemann (Schriftführer), der
Krankenkassenrendant Fritz Kuhnert (Kassierer), der Seilermeister
Friedrich ("Fritz") Körner, der Kreissekretär Willi
Beinkämpen und der Justizsekretär Fritz Knickenberg an.
1937 war Franz von Papen (1879 - 1969)
Ehrenmitglied des Vereins - seit dem 28. Juli 1934 war er als
Außerordentlicher Gesandter und seit 1936 als Botschafter an der
Botschaft des Deutschen Reiches in Wien tätig. Im April 1939
wurde von Papen Botschafter in Ankara.
Der Bau des Charlottensees als "Sommererholungsstätte
für abgearbeitete Stadtbewohner" und Wassersportstätte
für die Jugend konnte nur - in dieser Größe - durch die
Möglichkeit des Freiwilligen Arbeitsdienstes geschaffen werden.
Im Juni 1932 wurde beim Landesarbeitsamt Niedersachsen in
Hannover ein Antrag auf Anerkennung dieser Maßnahme gestellt und
abschließend genehmigt. Der "Kurverein Iburg" wurde
als "Träger des Dienstes" und "Ausführende
Stelle" ermächtigt 35 jugendliche Arbeitsdienstfreiwillige
unter 25 Jahren einzustellen; die Arbeitszeit betrug 8 Stunden
täglich, wovon eine Stunde pro Tag der geistigen und sportlichen
Ertüchtigung gewidmet sein mussten - diese Aufgaben übernahmen
bereitwillig einige Iburger Herren. Die Entlohnung betrug 2,-
Mark pro Tag. Die Gesamtkosten der Maßnahme wurden auf 7.900,-
Mark festgestellt, wovon der Freiwillige Arbeitsdienst 2.300
Tagwerke im Betrag von 4.140,- Mark übernahm. Am 9. August 1932
erfolgte der erste Spatenstich.
In den Folgemonaten mussten rund 10.000 m3 Erdmassen
mit Schaufeln ausgehoben und in Kippwagen verladen. Elektrische
Winden beförderten die Loren mit der Erde auf Gleisen in die
Umgebung, wo sie zur Auffüllung von Sumpf- und Brachland
verwendet wurden.
Auf spätere Anträge wurde die Maßnahme um 3.200 Arbeitswerke
erweitert und die Gesamtkosten auf 15.000,- Mark erhöht, wovon
der Freiwillige Arbeitsdienst 9.480,- Mark übernahm.
Während der Bauphase wurden 111 Arbeitsdienstfreiwillige
beschäftigt - viele während der gesamten Zeit ihrer gesetzlich
auf 20 Wochen beschränkten Zulassung. Am Ende waren Baukosten i.H.v.
16.000,- Mark verzeichnet, wovon der Kurverein Iburg ein Drittel
dazusteuerte.
Am 15. Mai 1933 war der See fertig gestellt - die festliche
Einweihung des Charlottensees erfolgte am 18. Juni 1933; der
"1. Petri-Fischzug" folgte am 28 Oktober 1933 mit
anschließendem Fischessen im Waldhotel Felsenkeller.
Die Nähe von Robert Hülsemann zur Seefahrt äußerte sich in den am See aufgestellten Fahnen: die fünf Flaggen entsprachen dem internationalen Signalwesen auf See - es waren die Signalflaggen I - B - U - R - G.
Aus seiner Feder stammte auch das Iburger Heimatlied, welches von dem Lehrer und Dirigenten Willy Weber aus Osnabrück vertont wurde und das er dem Iburger Männergesangverein widmete:
Mein Iburg Iburg, herrliche
Heimat mein, Deiner Berge
stattliche Reihn, Deines
Bächleins klare Flut, Deiner
Geschichte reiche Pracht, Iburg, du
Kleinod im grünen Hain, |
1935 erschien das Buch "Luftkurort
Iburg":
"Fremdling, der Du nach Iburg kommst, lies dieses Buch,
Reicher gestaltet sich dann dein Besuch,
Wie unsere Ahnen hier einst gelebt
Dich verständnisvoll dann umschwebt.
Ernstes bringt es und heitere Sachen,
Denn zur Iburger Kur gehört auch das Lachen!"
Und er schrieb weiter: "Den Sommergästen möge dies
Büchlein Iburg vertraut machen, den Neubürgern die zweite
Heimat lieb und wert."
Zwei Jahre später, im Mai 1937, folgte das
Buch "Winke und Wegweiser für die Besucher Iburgs
im Teutoburger Wald", Druck und Verlag von Rudolf
Hankers, Iburg.
Im Vorwort schrieb der Verfasser: "Dem Kurverein Iburg sei
dieses Buch gewidmet. Möge es dazu beitragen seine Bestrebungen
- den Fremdenverkehr Iburgs zu heben - zu fördern. Erst die
genaue Kenntnis einer Landschaft und deren geschichtliche
Vergangenheit macht den Aufenthalt an einem fremden Ort
interessant und diesen lieb und wert."
Die beigefügte Karte von der Umgebung Iburgs zeichnete B. Wacker,
Iburg.
Robert Hülsemann |
Zu seinem 80. Geburtstag im Oktober 1948 schrieb über ihn der "Neuen Tagespost": "Wenn wir es nicht gewußt hätten, glaubten wir, einen wendigen Sechziger vor uns zu haben, ...". Zu diesem Zeitpunkt war er noch immer freier Mitarbeiter im Brockhaus-Verlag, wo er für die Lexika alles, was über Spiele wissenswert war, bearbeitete.
Ende 1949 erschien im Verlag Rud. Gottlieb, Bramsche, sein 400 Seiten starker historischer Roman "Hie Welf - damals, nach dem großen Kriege": die Ereignisse im 17. Jahrhundert an den Welfenhöfen zu Lüneburg-Zell, Hannover, Osnabrück und Iburg lebten darin auf, spannend und anschaulich.
Iburg-Schriften von Robert Hülsemann: |
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Iburg und seine Geschichte, 1930 |
Luftkurort Iburg, 1935 |
Winke und Wegweiser für die Besucher Iburgs, 1937 |
Im Jahre 1950 wurden Robert Hülsemann, dem "Förderer und Pionier des kulturellen Lebens in Iburg", auf Beschluss des Gemeinderates die Ehrenbürgerrechte verliehen - den Ehrenbürgerbrief nebst einem Geschenk überbrachten in seinem Wohnhaus am Krankenbett, Hülsemann war seit längerem erkrankt, der Bürgermeister Heinrich Schowe, Ratsmitglied Heinrich Große-Rechtien und Gemeindedirektor Josef Hunke. Es war beabsichtigt mit dem Rat und dem Kurverein im Rittersaal des Schlosses die Feierstunde nachzuholen. Doch dazu kam es nicht mehr!
Vorher nie einen Arzt wegen einer Krankheit
konsultiert, verstarb Robert Hülsemann am 5. Juli 1950 in seinem
Haus "Urmolle" in Iburg.
Die Trauerfeier fand auf dem Rondell seines Hauses statt: Pastor
Günther Herbst umriss das Leben Robert Hülsemanns, erschienen
waren Angehörige, die Gemeindevertretung, Vertreter des
Heimatbundes, seine Freunde sowie der Männergesangsverein Iburg.
Der große Trauerzug bewegte sich vom Urberg zum Alten Friedhof,
wo Bürgermeister Schowe und aus dem engsten Freundeskreis
Schulrat Sutter noch einmal des Verstorbenen gedachten.
Traueranzeige von Rat und Verwaltung des Fleckens
Iburg, Neue Tagespost vom 7. Juli 1950 |
Grabstein von Robert Hülsemann |
Im Oktober 1971 wurde eine Straße, die von der Hagener Straße in unmittelbarer Nähe der Bushaltestelle "Mineralbad" abzweigte und sich in Nähe zum "Haus Urmolle" befindet, nach ihm in "Robert-Hülsemann-Straße" benannt. Bis 1998 befand sich an dieser Straße das vom Caritas betriebene Mütter-Kurheim "St. Anna"; später entstanden auf dem Gelände 25 Baugrundstücke.
Bei der Enthüllung des Straßenschildes 1971 |
Bei der Enthüllung des Straßenschildes nahmen nicht nur Bürgermeister Heinrich Schowe und Stadtdirektor Heinz Köhne teil, sondern auch Gemeindedirektor a.D. Josef Hunke, Mitglieder des Gemeinderates sowie die Tochter Helene Braun-Berville aus Essen, der Sohn aus Hamburg, eine Enkelin sowie eine Urenkelin. Der Enthüllung des neuen Straßenschildes folgte ein gemeinsames Mittagessen.
Auch in Soest wurde eine Straße, der "Robert-Hülsemann-Weg", nach ihm benannt.
Einen ausführlichen Beitrag zu Robert
Hülsemann finden Sie unter dem Titel "Robert Hülsemann -
Werber für den Bergflecken Iburg" im Heimatjahrbuch "Osnabrücker
Land 2024", S. 178 ff.
Den Beitrag finden Sie auch online hier!
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