Zeitreise(n) durch Bad Iburg

Ein Zufallsfund - Geschichten anhand eines Geschäftsbuches

Beim Abbruch des Hauses "Große Straße 31" im Jahre 1982 wurde von dem Iburger Schüler Michael Mönstermann (geb.: 11.07.1963) im Gebäudeschutt ein Geschäftsbuch der Iburger Ziegelei "Fischer" gefunden; seine Eltern betrieben in Bad Iburg den Jeansladen "MWO Jeans & Fashion".
"MWO Jeans & Fashion" begannen 1974 ihren Jeans-Verkauf am Jürgensort 5 in Osnabrück (dortige Schließung Ende 2017).
1976 begann der Verkauf in Bad Iburg: zuerst bis zum Abbruch im alten "Haus Klüsener/Tepe" (Große Straße 31), danach im Hause des ehemaligen Lebensmittelladens "August Schengber, Inhaber Hubert Schengber" (Schloßstraße 9) und zum Schluss im Hause des ehemaligen Lebensmittelladens "Ursula Adams" (Große Straße 30).
Ende 2021 wurde die Firma mit der "M & M Jeans Fashion GmbH & Co." verschmolzen.
Privat wohnte die Familie in den Anfangsjahren in der Immanuel-Kant-Straße.

Geschichte des Hauses bis Mai 1957

Das Fachwerkhaus Nr. 79 war eines der ältesten Häuser des Fleckens und früher dem Kloster hörig.

In einer ersten schriftlichen Erwähnung wird im Jahre 1736 in dem Haus ein Surenbroik erwähnt - vermutlich ein Nachfahre des Iburger Bürgermeisters ("Consul") Joannes Surenbroik, dessen Familie sich später Surenbrock nannte.

Ab 1789 taucht als Bewohner Joannes Fridericus Meyer auf.
Nach dem "Ortsfamilienbuch Bad Iburg" kommt nur der Tuchmacher Joannes Fridericus Meyer in Frage, der am 29. Juli 1730 in Iburg getauft wurde. Seine Eltern waren Joannes Fridericus Meyer, getauft am 2. Februar 1681, und Anna Catharina, geborene Mogebier; die Großeltern waren Philippus und Anna Catharina Meyer, geborene Surenbrock.
Der Tuchmacher Joannes Fridericus heiratete um 1764 Maria Gertrud Hotfilter - die gemeinsame Tochter Anna Maria wurde am 29. September 1765 getauft.

Im Jahre 1805 wird Johan Henrich Wilhelm Hunke genannt Klüsener erwähnt.
Johan Henrich Wilhelm Hunke genannt Klüsener wurde am 22. August 1780 in Iburg geboren. Seine Eltern waren der Tuchmacher Johan Henrich Hunke genannt Klüsener und dessen Ehefrau Catharina Elisabeth, geborene Spellmeyer; das Ehepaar hatte sechs Kinder.
Johan Henrich Wilhelm Hunke genannt Klüsener war später Drechsler. Er war mit Maria Gertrud Bernardina, geborene Koch, verheiratet; das Ehepaar hatte sechs Kinder.
Am 28. Februar 1851 verstarb Johan Henrich Wilhelm an Altersschwäche.

Sein ältester Sohn Joannes Henricus Klüsener, geboren am 29. Juni 1806, übernahm das Haus; er war zu diesem Zeitpunkt Zimmermeister in Iburg. Joannes Henricus war seit dem 16. Juli 1839 mit der aus Melle gebürtigen Maria Louise Bücker verheiratet. Das Ehepaar hatte elf Kinder, darunter die am 23. Juli 1845 geborene älteste Tochter Maria Gertrud Klüsener.

Um 1936 lautete die Anschrift "Iburg Nr. 101".

Bis zum Abbruch des Hauses im Mai 1957 wohnten dort die Witwe Klara Tepe, geborene Fischer, und ihr Sohn, der Bauingenieur Paul Tepe. Die Anschrift lautete nach dem 2. Weltkrieg "Große Straße 31" - während des 2. Weltkrieges lautete die Anschrift kurzzeitig "Adolf-Hitler-Straße 31".

Heirat der ältesten Tochter Maria Gertrud mit Mathias Fischer

Maria Gertrud Klüsener heiratete am 13. April 1869 in Iburg Johann Mathias Fischer.
Johann Mathias Fischer wurde am 29. August 1836 als Sohn des Landwirtes Joannes Henricus Fischer und seiner am 4. November 1835 geheirateten zweiten Ehefrau Anna Elisabeth, geborene Wibbelsmann aus Wellingholzhausen, geboren; Mathias Fischer hatte eine Halbschwester und zwei Brüder.
Der Hof des Markkötters Fischer (Kötterstelle Nr. 3) befand sich westlich des Jagdhauses Freudenthal.
Der Ururgroßvater von Mathias Fischer war ein geborener Schweppe - Joannes Casparus (getauft: 19.09.1694) nahm den Hofnamen an.
1876 wurden Grundstücke und Gebäude von Joseph Heinrich Fischer, geborener Alterbaum, an den Landwirt Johann Georg Röckener (geb.: 27.08.1828, gest.: 23.10.1879) verkauft - von 1956 bis zum Jahre 2013 befand sich in dem Hauptgebäude das Gasthaus "Jägerhof" (Mäscher 1).

Die Ziegelei

Im Jahre 1861 begann Mathias Fischer in der "Tegelheide" mit dem Ton aus der "Fischerschen Tongrube" Ziegel in einem Feldbrandofen zu brennen.
Der Name "Tegelheide" setzt sich aus den Wörtern Tegel (= Ziegel) und Heide zusammen.

Die Ziegelei wurde 1932 an Heinrich und Joh. Glied verpachtet und als "'Dampfziegelei Gebrüder Glied" weitergeführt.

Näheres zur Ziegelei finden Sie auf meiner Homepage unter http://www.geo-iburg.de/ton_Glied.html !

Das Geschäftsbuch

Das gefundene Geschäftsbuch hat die Maße 35 cm x 22 cm, ist 3 cm stark und mit schwarzem Stoff bespannt; weder die Vorder- bzw. Rückdeckel noch der Rücken sind beschriftet. Aufgrund der Strukturen ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich früher im oberen Bereich des Rückens bzw. mittig des Vorderdeckels eine Beschriftung befunden haben könnte.

Geschäftsbuch
Geschäftsbuch

Das Buch umfasst 234 Seiten aus Büttenpapier, wobei nur die ersten 38 Seiten beschrieben sind sowie auf letzter Seite links oben eine kurze Notiz steht. Ebenfalls ist der Vorsatz bekritzelt. Die Einträge wurden in deutscher Kurrentschrift geschrieben.

In dem Geschäftsbuch sind die einzelnen Seiten mit zwei verschiedenen Wasserzeichnen geprägt: das eine Wasserzeichen zeigt auf einem Schild die Buchstabenkombination "J H & Z", das andere Wasserzeichen ziert ein Wappen, welches inneliegend mit "Honig" und darunter mit "J H & Z" beschriftet ist.
Das Papier entstammte damit der Papiermanufaktur "J. Honig & Zoonen", hergestellt in Zaandijk (Nordholland); das Papier wurde dort bis zur Liquidierung des Unternehmens im Jahre 1879 produziert.

Die Einträge beginnen im Jahr 1868 und enden fortlaufend im Jahre 1874.

1868  
1868  
1868
1870
H. [einrich]Haverkamp
31.05.1869 Großer Brand
1869
1870
1872
Tovar, Iburg [Große Straße]
1869
1872
Wilhelm Meier, Hagenberg, Iburg
Temme, Glane
1869
1870
1871
Georgs-Marien-Hütte, Oesede
Mai 1869
1870
Colon Brockmeyer, Glane
1869 Großer Brand
1869
1870
1871
Colon Fischer, Iburg
1869
1870
1871
1872
Thörner Schmiede, Iburg
1869 Allerlei
1869 Allerlei
1869
1870
1871
1872
1873
1874
Gottfried Meier, Iburg
1869
1870
1871
1872
Papiermühle Oesede, [Wilhelm] Quirl
1869
1871
1872
Colon Obermeyer, Glane
1869
1870
1871
H.[ermann] Pohlmann, Iburg
1869 Allerlei 1869
1870 Allerlei 1870
1870
1871
Allerlei 1870
1870
1871
1872
K.[onrad] Sander, Kaufmann, Iburg
1870
1872
Kocke, Iburg
1870
1871
1872
1873
Vornbäumen, Iburg
1871 Bauführer Harz, Georgsmarienhütte
1871
1872
Maurermeister [H.] Klinkers, Georgsmarienhütte
1871
1872
Allerlei
1871
1872
Allerlei
1871
1872
 
1871 Allerlei
1873 Bäcker Eichholz, Iburg
1873 Meister Klinkers, Oesede
1873 Klusmann, Iburg
1873 J. Kocke, Iburg
1873 Allerlei
1874 Neubauer Sellmeier, Oesede
1874 Bürgermeister [Bernard Joseph] Hiltermann
1874 Limberg, GM-Hütte

 

Einzelheiten zu den Kunden auf den einzelnen Seiten finden Sie hier!


Auf der letzten Seite befindet sich oben der Eintrag:
"Wegbaugeld für unser Haus 25 Pfennig und Kramers Haus 7 Pfennig gegeben am 21. November 1871 morgens 2 Uhr."

Ferner liegen dem Geschäftsbuch weitere Unterlagen privater (P) und geschäftlicher (G) Art sowie Schreiben der katholischen Gemeindevertretung (K) lose bei, die teilweise an den Rändern angefressen sind:

G: Eine Rechnung an den Iburger Tischlermeister Mathias Heinrich Kleyer (geb.: 30.09.1822) über die Lieferung von 13.177 Backsteinen und 1.500 Pfannen im Zeitraum Oktober und November 1869 - die Rechnung wurde ebenfalls als Schmierzettel für zahlreiche weitere kurze undatierbare Notizen und Berechnungen genutzt.
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P: Über die Geburt der Tochter Maria Gertrud im Jahre 1871 informiert ein kleiner Notizzettel: "(...) das Kind ist geboren am 21. September morgens 3 Uhr".
Maria Gertrud Fischer, dessen Patentante die Exkolonin Maria Gertrud Fischer aus Mäscher war, heiratete am 4. November 1897 in Iburg den Bäckermeister Wilhelm Andreas Stallmeier, gebürtig vom Hof Stallmeier in Holthausen (heute: Tecklenburg), mit dem sie zahlreiche Kinder hatte. Sie verstarb am 25. Februar 1953 in Recklinghausen.

Notizzettel über die Geburt der Tochter Maria Gertrud am 21.09.1871
Notizzettel über die Geburt der Tochter Maria Gertrud am 21.09.1871

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G: Eine Aufstellung aus dem Jahr 1872 über die Ziegel-Brände und den jeweiligen Ertrag vom ersten Brand am 2. Mai 1872 bis zum 12. Brand am 1. Oktober 1872 - gebrannt wurden neben Backsteinen und Pfannen auch Kalk.
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P: Am 3. Februar 1876 wurde Mathias Fischer vom Polizei-Sergeanten (Polizeidiener) Peter Heinrich Westmeyer von der Kleinen Masch (heute: Osnabrücker Straße 16) ein Schreiben der Polizei-Direktion Osnabrück vom 24. Januar 1876 zugestellt. Der Vorwurf lautete:
"Der Ziegler Mathias Fischer aus Iburg, Nr. 101, hat am 15. diesen Monats, vormittags etwa 11 Uhr, sein mit einem Pferde bespanntes Fuhrwerk auf der Johannisstraße [in Osnabrück] aufgestellt und sich dann entfernt, ohne solches unter Aufsicht gestellt zu haben, was zur Folge gehabt, daß das gen. Fuhrwerk von dem Pferde rückwärts auf dem Trottoir [Bürgersteig] geschoben, wodurch dasselbe längere Zeit vollständig gesperrt wurde."
Peter Heinrich Westmeyer (geb.: 26.07.1835) war ein Bruder des Komponisten Wilhelm Westmeyer (geb.: 11.02.1829). Im Mai 1857 wanderte sein Bruder Joseph Caspar Heinrich Anton (geb.: 21.12.1837) im Alter von 19 Jahren nach Cincinnati (Nordamerika) aus, im Juni 1858 wanderte sein Bruder Anton Heinrich (geb.: 03.03.1843) mit 15 Jahren in die Niederlande aus und der Bruder Gerhard Carl (geb.: 17.09.1840) wanderte 1862 mit 21 Jahren nach London aus.
Für das Vergehen musste Mathias Fischer gem. §§ 46 und 47 der Straßenordnung für die Stadt Osnabrück vom 7. Juni 1839 als Strafe 3 Mark zahlen.
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G: Beigelegt auch ein handschriftlich verfasster Auszug eines Protokolls des Magistrats- und Bürgervorsteherkollegiums Iburg - wahrscheinlich von Mathias Fischer Ende 1876 geschrieben.
Im Jahre 1861 begann Mathias Fischer mit der Ziegelproduktion und nutzte diesbezüglich eine in unmittelbarer Nähe befindlichen Tongrube.
Im November 1875 reichte Fischer beim Iburger Magistrat ein Gesuch ein, um auf einer Grundfläche von 4 Scheffelsaat und 50 Ruthen (= 5.808m2) auf der Tegelheide weiter Ton abzubauen - die Abbaugenehmigung wurde Mathias Fischer im Juni 1876 mündlich durch den Bürgermeister zugesichert. Zwei Monate später war die Fläche ausgemessen - am 13. November 1876 konnte Fischer die Fläche für den Abbau beanspruchen.
Mathias Fischer weigerte sich jedoch die Pacht ab dem 10. November 1875, also ein Jahr früher, zu bezahlen, wurde aber vom Bürgermeister gezwungen die Pachtbedingungen zu unterschreiben. Daraufhin bat Fischer Magistrat und Bürgermeister erneut über den Pachtvertrag zu entscheiden, da er das Grundstück 15 Jahre gepachtet habe, aber nur 14 Jahre in Benutzung haben würde.
Über ein Ergebnis findet sich nichts in den Unterlagen.
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G: In einer schriftlichen Erklärung vom 18. August 1878 zeigte Fischer an, dass der Kleinhändler Friedrich Buschmeyer aus Ebbendorf diesem vollständig unbekannt sei, eine Veranlagung von 6 Mark jährlich aber nicht zu hoch sei.
Des weiteren wurde auf demselben Zettel aufgeführt, dass die Reklamation von Schopmeyer zu Hagen-Beckerode vollständig unbegründet ist und die Veranlagung von 9 Mark nicht zu hoch sei.
In welchem Zusammenhang die Erklärungen stehen ist derzeit völlig unbekannt.
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G: Am 15. Januar 1885 wurde eine Rechnung an den Colonen H.[einrich] Ernst, Hofbesitzer in Mäscher nordöstlich der Oberen Tegelheide, ausgestellt - darin wird die Lieferung von 150 Backsteinen, 850 Dachziegel und 51 Ringel sowie 11 Scheffel Kalk aus den Monaten Februar 1882 bis August 1886 i.H.v. 54,60 Mark in Rechnung gestellt.
Der Preis für 100 Dachziegel betrug 3,30 Mark, 100 Backsteine kosteten um 3 Mark und 1 Ringel Kalk 0,40 Pfennig.
Eine Umrechnung der Maßeinheiten "Ringel" und "Scheffel" in heutige Maßeinheiten ist schwierig, da diese zeitlich und regional sehr unterschiedlich waren und für den Osnabrücker Raum keine gesicherten Umrechnungswerte vorliegen - um 1865 waren 51 Ringel ca. 3 m3 und um 1900 waren 11 Scheffel ca. 6,6 m3.

Rechnung vom 15.01.1885
Rechnung vom 15.01.1885

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P: Das eingelegte "Firmungs-Andenken" mit dem Bildnis des Bischofs erinnert an eine Firmung durch den münsterschen Bischof Johann Bernard Brinkmann im Mai 1885 in Warendorf. Bischof Johann Bernard Brinkmann war erst im Jahr zuvor aus seiner neunjährigen Verbannung in Leuth (heute: Nettetal bei Venlo) aufgrund der Kulturkampfgesetze zurückgekehrt. Nach kurzem Krankenlager verstarb Brinkmann am 13. April 1889 in Münster.
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G: Ein Schreiben des Landrathes des Kreises Iburg sandte der Kreissekretär Rath am 3. August 1886 an Mathias Fischer. Darin wird mitgeteilt, dass Ziegeleien auch dann als "Fabriken" zu betrachten und zur Unfallversicherung herangezogen werden müssen, sobald diese 100 - 200.000 Steine jährlich herstellen. Mathias Fischer musste mitteilen, wie viel Steine jährlich zur Anfertigung gelangen und, falls der Betrieb versicherungspflichtig sein sollte, diesen beim Landrath anmelden; als Beginn der Versicherungspflicht war der 1. Oktober 1885 anzugeben.
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G: Im Dezember 1886 ging Mathias Fischer ein "Prolongations-Schein" (lateinisch prolungare = verlängern) der "Westdeutschen Versicherungs-Actien-Bank in Essen" zu - versichert wurde ein Schaden bei Brand und Blitzschlag. Die Versicherungssumme betrug 8.370,- Mark; die Laufzeit begann am 1. Januar 1887 und endete zum 1. Januar 1897.
Der Abschluss der Versicherung erfolgte über die Agentur Iburg, vertreten durch Heinrich Haverkamp - die General-Agentur befand sich in Bielefeld.
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P: Mit Datum vom 15. September 1887 erhielt Mathias Fischer vom Königlichen Amtsgericht, Gerichtsschreiberabtheilung II, eine Kosten-Rechnung i.H.v. 4,20 Mark für die Erteilung einer Abschrift des Grundbuchblattes seines Wohnwesens 94 in Iburg; die Gebühr zahlte Fischer sofort an den Gerichtsvollzieher Lilienthal.
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G: Eine Rechnung des Maurers Franz Matthias Menkhaus, geb.: 16.07.1853, vom 11. Dezember 1887 für Tätigkeiten zwischen dem 23. September und 22. November. Weiter aufgeführt Arbeiten eines weiteren Maurers vom 5. Oktober bis zum 26. November und eines Arbeiters vom 23. September bis zum 18. November.
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G: Für einen Streitwert in Höhe von 120,- bis 200,- Mark beauftragte Mathias Fischer im Jahre 1888 den Iburger Rechtsanwalt Georg Hartung mit der Durchsetzung seiner Interessen gegen den Bäckermeister A.[ugust] Bruns in Iburg - worum es in dem Rechtsstreit ging ist nicht erkennbar.
Am 22. August 1889 erhielt Fischer von der Königlichen Gerichtskasse eine Kosten-Rechnung über einen Kostenvorschuss i.H.v. 7,50 Mark für den Zivilprozess "Fischer gegen Bruns".
Gestempelt war die Kosten-Rechnung vom Amtsgerichtssekretär Fritz Knickenberg, der sich in seiner Freizeit mit der Ornithologie beschäftigte. So erschienen im "26. Jahresbericht des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissenschaft und Kunst für 1897/98" seine "Ornithologischen Beobachtungen aus dem Kreise Iburg im Jahre 1897/98". 1905 erschien sein Buch "Der Hund und sein "Verstand"" - im Jahre 1908 erschien im Rahmen der "Tier-Psychologie" sein Buch "Ist das Tier eine Maschine oder ein sensitives Wesen?".
Fritz Knickenberg, geboren als Friederich Adolph Knickenberg, wurde am 6. Februar 1863 in Düsseldorf geboren und verstarb am 14. Juli 1932.
Das Geld wurde umgehend an den überbringenden Gerichtsvollzieher Lilienthal ausgehändigt.

Der Rechtsanwalt und Notar Georg Hartung (geb.: 1852, gest.: 1913) wechselte 1897 von Iburg nach Goslar. Dort war er später Mitinhaber der "Goslarschen Dampfziegelei am Osterfelde Brauns & Hartung". Nach seinem Tod 1913 ging sein Anteil an den Fabrikanten Oskar Braune aus Sieber über; 1926 wurde Oskar Braune alleiniger Inhaber.
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G: Nachdem Fischer am 15. Januar 1885 für gelieferte Backsteine, Kalk und Dachziegel eine Rechnung i.H.v. 54,60 Mark an den Colonen Heinrich Ernst gefertigt hatte, erhielt Mathias Fischer am 31. Dezember 1888 eine Rechnung von Heinrich Ernst.
Darin werden Fuhrwerkstätigkeiten für Kalk und Kohle in den Jahren 1883 bis 1888 i.H.v. 1.246,90 Mark in Rechnung gestellt.
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G: Im Juni 1889 unterzeichnete Mathias Fischer einen "Versicherungsantrag für industrielle Etablissements aller Art" mit einer Laufzeit von 10 Jahren bei der Versicherungsgesellschaft "Thuringia" (heute: "Generali Deutschland"). An Gebäuden werden das 1861 errichtete Ziegeleigebäude mit einem massiven Ziegelofen mit einem Taxwert von 660 Mark, eine Wohnung aus Steinfachwerk aus dem Jahre 1883 mit einem Taxwert von 540 Mark sowie Hofraum mit einem Taxwert von 450 Mark aufgeführt; als Anschrift wurde "Iburg 101" aufgeführt.
Fischer gab weiter an, dass der Ofen mit losen Ziegeln bedeckt ist und bei Wohnung und Scheune die Ziegel auf eine Strohdecke aufgelegt sind. Weiter führte er aus, dass bei Nacht mit fünf Personen gearbeitet wird - auch gab es einst einen Brandschaden, der aber von keiner Versicherung erfasst wurde.
Der seinerzeit beigefügte Grundriß ist nicht mehr vorhanden.
Abgestempelt ist die Police vom "Landrath des Kreises Iburg".
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G: Mit Datum 28. Februar 1890 erhielt Mathias Fischer eine Rechnung in Sachen Fischer ./. Bruns (siehe dazu auch vorhergehende Notiz aus dem Jahr 1888) - unterzeichnet war die Rechnung von einer Frau Schneider. In dieser wurden Auslagen und Zustellgebühren des Zeitraums 27. Februar 1889 bis 29. September 1889 aufgelistet und mit 14,15 Mark in Rechnung gestellt.
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P: Am Sonntag, den 13. April 1890, empfing Georg Fischer die erste heilige Kommunion - das Andenkenblatt wurde vom Druck- und Verlagshaus "B[ernhard] Kühlen" in M. Gladbach hergestellt und vom Lehrer Joseph Feldmann überreicht.
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G: Eine Bekanntmachung des Regierungspräsidenten vom 25. November 1890 erläutert, dass das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz am 1. Januar 1891 in Kraft tritt.
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G: Am 1. April 1891 erhielt Mathias Fischer von Heinrich Tepe eine Rechnung über 133 Scheffel gelieferten Kalk in den Jahren 1879 bis März 1891 in Höhe von 61,90 Mark, die am 20. April 1891 beglichen wurde - die Begleichung wurde von Heinrich und Wilhelm Tepe gegengezeichnet.
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P: Ende April 1891 wurde der Lehr-Vertrag zwischen seinem jüngsten Sohn Georg Heinrich, geboren am 7. Oktober 1877, und dem Zimmermeister Johannes Ahmerkamp (geb.: 04.08.1857, gest.: 28.07.1927) in Warendorf unterzeichnet. Die Lehrzeit dauerte vom 1. Mai 1891 bis zum 1. Mai 1894 - es wurde kein Lehrgeld gezahlt, dafür erhielt Georg Kleidung, eine Schlafstelle und wurde im Hause des Meisters beköstigt.

Lehr-Vertrag zwischen dem Zimmermeister Johannes Ahmerkamp und Georg Fischer
Lehr-Vertrag zwischen dem Zimmermeister Johannes Ahmerkamp und Georg Fischer

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G: In einem Schreiben der "Mühlen-Versicherungs-Gesellschaft zu Osnabrück" (Natruper Straße 14) vom August 1891 an die "Besitzer und Vertreter von Ziegeleien" bietet diese eine Feuer-Versicherung für Ziegeleien an: "Diese Gesellschaft ist bereit, die Ziegeleien im Bereiche ihres Geschäftsgebietes (...) als Thonmühlen zu ihren Versicherungsobjecten zu zählen und zur Versicherung ganz oder theilweise anzunehmen." Unterzeichnet war das Schreiben von H. Schröder, dem auch die Herausgabe des "Mühlenblattes", dem Vereinsorgan, oblag; beigefügt ein zugehöriger Fragebogen.
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K: Ferner lag ein Entwurf eines Protokolls der Gemeindevertretung bei, "(...) wozu sämtliche Mitglieder mit Ausnahme von Thörner, Steinkühler, Eichholz und Amtsgerichtsrat Kramer erschienen waren."
Folgende Tagesordnung wurde behandelt:
"1. Vorlegung der Veranschlagung der Kirchenrechnung pro 1893 und Genehmigung derselben.
2. Vorlegung der Kirchenrechnung pro 1892.
3. Auskunft über die Verwendung der Sperrgelder.
4. Vorlegung der Rechnungen pro 1890 und 1891."

In dem Entwurf wurde ausgeführt:
"Da vom Kirchenvorstande keiner zu dieser Sitzung erschienen, obschon der Vorsitzende rechtzeitig zu derselben geladen war, so wurde einstimmig beschlossen, eine Kommission zu wählen welche ermächtigt ist den Kirchenvorstand zur Erledigung obiger Punkte zu veranlassen namentlich die Regierung zu ersuchen, daß die obigen Punkte erledigt werden.
2. Zu dieser Kommission wurde Herr Winninghoff, M. Fischer und Kassenbrock gewählt."
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K: In einem Schreiben vom 28. Dezember 1892 an den Vorsitzenden der Gemeindevertretung, Herrn Amtsgerichtsrath Kramer, bemerkten die Gemeindevertreter zu den Einnahmen und Ausgaben für die Pfarr-Gemeinde, die Armen-Mittel, das St. Franziskus-Hospital und die Freckersche Fundation:
Beim 40stündigen Gebet wurden 18 Mark an Einnahmen erzielt - die Einnahmen sollen beim nächsten 40stündigen Gebet verwandt werden um " (...) ein paar Patres zur Aushilfe kommen zu lassen." Der Iburger Pastor Karl Heilmann wirkte nämlich alleine in der Kirchengemeinde.
Das vierzigstündige Gebet in der römisch-katholischen Kirche ist als fromme Übung ein Element der Volksfrömmigkeit, bei dem in der Kirche das in der Monstranz ausgesetzte Allerheiligste, die konsekrierte Hostie, ununterbrochen 40 Stunden lang verehrt wird; das Gebet findet zumeist vor der österlichen Bußzeit während der Karnevalstage statt.
Weiter folgte: "Wir vermissen die Einnahmen über Kirchensitz-Miethen."
Folgende Bemerkungen folgten zu den Ausgaben:
"Titel IV. No. 10: Paramente 150 Mark. Wir möchten über diesen Punkt Aufklärung haben.
Als Paramente bezeichnet man die im Kirchenraum und in der Liturgie verwendeten oftmals künstlerisch aufwendig gestaltete Textilien.
Titel V. No. 1: Maurerarbeit 100 Mark. Wir finden diesen Punkt ziemlich hoch, da die Kirche doch neu restauriert ist.
1892 erfolgte bei der Fleckenskirche die Renovierung der Kuppel mit neuer Eindeckung des Kirchturms mit Schieferplatten; ferner wurde der Hahn, das Kreuz sowie die Kirchturmuhr renoviert.
Titel VIII.: Verwaltungskosten, Salair [Arbeitsentgelt] für Rechnungsführer 100 Mark. Wir finden diesen Punkt ziemlich hoch und glauben hervorheben zu müssen, daß früher die Rechnungsführung seitens des Kirchenvorstandes als eine Ehrenleistung fast unentgeltlich geleistet wurde."
Abschließend wird festgestellt: "Weitere Bemerkungen haben wir nicht, auch bezüglich der anderen Voranschläge. Indem wir Ihnen Anheim geben die Gemeinde-Vertretung über unsere Bemerkungen abstimmen zu lassen zeichnen hochachtungsvoll Heinrich Kassenbrock, Mathias Fischer."

Auf der ersten Seite zu den Einnahmen ist auf der linken unteren Seite folgendes nachträglich vermerkt:
"Ad 1. Der Versuch bei Gelegenheit des 40tägigen Gebetes Patres kommen zu lassen, ist schon wiederholt gemacht, aber ohne Erfolg. Die Patres sind gerade zu Fastnacht derartig in Anspruch genommen, daß viele Gemeinden, um sich dieselben zu sichern, sie ein für alle Mal engagiert haben.
Ad 2. Über die Verwendung der Kirchenbankmiete wird eine eigene Rechnung aufgestellt und demnächst auf der Gemeindeversammlung vorgelegt werden. Es werden aus den Beiträgen zunächst die der Straßen gehörenden neuen Bänke bezahlt werden. Auch wird darauf Bedacht genommen aus dieser Einnahme möglichst bald die neuen Kinderbänke zu beschaffen."

Auf der zweiten Seite zu den Ausgaben ist auf der linken Seite folgendes nachträglich vermerkt:
"Ad 1. Schon vor einigen Jahren hat der Kirchenvorstand beschlossen, von jetzt an jährlich für kirchliches Parament d. h. Meßgewänder pro Jahr eine Summe einzustellen, da die vorhandenen abgängig werden und allmählich durch neue ersetzt werden müssen. Im Jahr 1892 ist erstmalig ein neues Meßgewand - und zwar ein grünes angeschafft worden.
Ad 2. Für Maurerarbeiten ist ein Betrag von 100 Mark festgesetzt worden, weil das obere Zimmer im Pastoratsgebäude vollständig neu verputzt werden muß. Die ganze Decke droht einzustürzen; auch sind die Wände nur mit Lehm verputzt und haben sich die Tapeten überall abgelöst.
Ad 3. An dem Salair für den Rechnungsführer ist leider nichts zu ändern. Die Arbeiten sind wahrlich nicht gering und werden noch vermehrt werden, da dem Rechnungsführer nächstens auch die Erhebung der Kirchensteuer obliegen wird."

Die Vermerke auf den beiden Seiten wurden am 3. Januar 1893 von Pastor Heilmann, Vorsitzender des Kirchenvorstandes, nachgetragen.
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K: Vom 16. Januar 1893 datiert ein Schreiben an den Vorsitzenden der katholischen Gemeindevertretung, Herrn Amtsgerichtsrath Julius Kramer. Darin ist zu lesen:
"Nach einem bischöfl.[ichen] Schreiben vom 7. d. M. hat die Gemeindevertretung durch ihren Beschluß vom 21. Dezember v. J., worin sie einen Antrag des Kirchenvorstandes, den Verkauf eines Pachtgrundstückes an Johannes Vornbäumen zu genehmigen, nur mit der Bedingung, daß dafür ein Kaufpreis von 1.300 Mark gezahlt werde, zustimmte, ihre Befugnis überschritten. Es steht der Gemeindevertretung gesetzlich nur eine einfache Annahme oder Ablehnung des Antrages zu. -
Um nun eine Übereinstimmung der Beschlüsse des Kirchenvorstandes und der Gemeindevertretung herbeizuführen, hat ersterer sich entschlossen, den Kaufpreis von 1.300 Mark zu ermöglichen und ersucht nunmehr die Gemeindevertretung nachstehenden Beschlusse zuzustimmen:
"Der Kirchenvorstand genehmigt auf Antrag den Verkauf eines auf dem [...] kampe gelegenen, eines 1 1/2 Scheffelsaat großen, südlich an der Landstraße von Iburg nach Glane, westlich von dem Garten von Ferd.[inand] Meyer, nördlich an der Sandbahn und östlich an einen von Conrad Sander gemietheten [...], sowie an einen von der Landstraße abzweigenden Feldweg grenzenden [...]grundstückes an Johannes Vornbäumen zu Iburg zum Kaufpreis von 1.300 Mark."
Dem Wunsche der Gemeinde-Vertretung, die Kircheneinnahmen pro 1890 vorzulegen, kann der Kirchenvorstand nicht nachkommen, da die Rechnung von der Behörde noch nicht zurück ist.
Ebenso wenig kann der Kirchenvorstand genehmigen, daß die Namen der Bankbesitzer auf den neuen Kirchenbänken angebracht werden, da solches von der bischöfl. Behörde nicht gestattet wird.
Die Beantwortung des seitens der Gemeindevertretung an dem diesjährigen Etat gemachten Aufstellungen wird später erfolgen.
Euer Hochwohlgebohren ersuche ich, die Gemeindevertretung, wenn möglich, auf Mittwoch, den 18. [diesen Monats], 5 Uhr nachmittags einzuladen."
Unterzeichnet ist das Schriftstück vom Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, Pfarrer Karl Heilmann.
Karl Heilmann war von 1888 bis 1911 Pfarrer in Iburg - er war ein Sohn des Sanitätsrates Dr. med. Ludwig Gustav Heilmann aus Riemsloh und ein Neffe des Kreisschulinspektors Windthorst.
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K: Am 11. Mai 1893 ging ein Schreiben an den Vorsitzenden der Gemeinde-Vertretung der katholischen Kirchengemeinde, Amtsgerichtsrath Julius Kramer. Darin forderten einige Gemeindemitglieder baldmöglichst eine Sitzung der Gemeinde-Vertretung zu veranlassen - auch die gewünschte Tagesordnung wurde aufgeführt.
Mathias Fischer war stellvertretender Gemeindevorsteher - diesem wurde das Schreiben von Julius Kramer mit der Bitte, die entsprechende Einladung zu fertigen, weitergeleitet.
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K: Eine handschriftliche Einladung, unterzeichnet von dem stellvertretenden Gemeindevorsteher Mathias Fischer, ging den Gemeindevertretern der katholischen Gemeinde zu. Die Versammlung fand am 4. Juni 1893 "(...) nach beendigtem Hochamte in der Knabenschule (...)" statt.
Vertreter der Kirchengemeinde waren:
- Pastor Karl Heilmann, Vorsitzender des Kirchenvorstandes,
- Amtsgerichtsrath Julius Christoph Heinrich Kramer, der bis zu seinem 82. Lebensjahr im Jahr 1913 im Richteramt blieb - er soll der älteste amtierende Richter im Königreich Preußen gewesen sein,
- Georg Heinrich Kassenbrock, der den Hanfseilerbetrieb Kassenbrock auf dem Hagenberg führte,
- Johann Heinrich Nadermann, Schneidermeister in Iburg,
- Franz Heinrich Hermann Ludwig Eymann, er war der Sohn des Bäcker und Gastwirtes Heinrich Eymann und seiner Ehefrau Elisabeth - auch er arbeitete als Bäcker in Iburg,
- Georg Heinrich Steinkühler, Bäcker in Iburg,
- Ludwig Franz Heuer, Maurer in Iburg,
- Heinrich Fischer (wahrscheinlich der Arbeiter Franz Heinrich Fischer),
- Anton August Ferdinand Niemeyer, Zimmermeister und Architekt,
- Bernard Heinrich Winninghoff, Provinzial-Wegemeister,
- A. Hagedorn (wahrscheinlich ein Sohn des Gärtners und späteren Briefträgers Johann Heinrich Hagedorn),
- Heinrich Kleyer,
- Anton Conrad Sigismund Becker, Glaser und Anstreicher,
- Georg Petermöller,
- G. Rolfes,
- Johann Bernard Friedrich Thörner, Schmiedemeister,
- H. Eichholz.
Bei den vier Tagesordnungspunkten ging es um haushaltsrechtliche Angelegenheiten der Kirchengemeinde.
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G: In einer Lohnliste für die Lohnperiode von April bis Dezember 1893 wurden folgende Arbeiter mit den entsprechenden Arbeitstagen aufgeführt:
H.[einrich] Berenswerth, Iburg: 140 Arbeitstage / J. Nagel, Glane: 175 Arbeitstage / M. Specht, Glane [sehr unleserlich]: 85 Arbeitstage / A. Klare, Iburg: 120 Arbeitstage.
Ebenfalls lag ein Blanko-Formular bei.
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P: Am 10. Mai 1895 bescheinigte Mathias Fischer von dem Kirchenvorsteher Dünnewald als Entschädigung für den in Pacht gehabten klösterlichen Garten 160 Mark erhalten zu haben.

G: Die Rückseite der vorgenannten Bescheinigung enthielt eine Rechnung an H. Pohlmann in Iburg vom 15. Oktober 1875. Dort wurden verschiedenste Positionen aufgeführt, u.a. für die Anfuhren von Wasser, Holz und Latten, Kalk sowie Backsteinen aus Versmold und von Hölscher. Die Ziegelei Hölscher in Sentrup wurde 1888 von dem Lipper Hermann Blanke gekauft - den Ziegeleibetrieb nahm dieser im Frühjahr 1889 auf.
Der Rechnungsvordruck entstammte der Stein- und Buchdruckerei "Hermann Paal" aus der Großen Straße unweit der Hase in Osnabrück.
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G: Am Wochenende um den 25. Mai 1895 verletzte sich der 53jährige Arbeiter Heinrich Behrenswerth mit einem "Bruch" - in der Unfall-Anzeige an die Ortspolizeibehörde hielt Fischer fest: "Der Verletzte gibt an, den Bruchschaden beim Arbeiten in meinem Betriebe erhalten zu haben."
Gem. § 56 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 mussten von jedem in einem versicherten Betriebe vorkommenden Unfall, durch welche eine in demselben beschäftigten Person getötet wird oder eine Körperverletzung erleidet, welche eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge hat, von dem Betriebsunternehmer bei der Ortspolizeibehörde schriftliche Anzeige erstattet werden.
Und Fischer schrieb weiter: "Ob dieses [der Unfall in seinem Betrieb] der Fall ist, vermag ich nicht anzugeben. Auf jetziges Anrathen des behandelnden Arztes, Dr. Lamby in Iburg, bringe ich dieses zur Anzeige." Augenzeugen gab es keine.
Dr. Alfred Lamby (geb.: 15.11.1829, gest.: 03.04.1900) war, wie sein Vater auch, Arzt in Iburg.
Heinrich Behrenswerth war bei der Ortskrankenkasse Iburg versichert.
Ebenfalls lagen zwei Blanko-Unfall-Anzeigen bei.
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P: Am 12. Juni 1895 hat Mathias Fischer 6 Positionen in Gesamthöhe von 548 Mark zur Versicherung gegen Hagelschaden bei der "Norddeutschen Hagel-Versicherungs-Gesellschaft in Berlin" angemeldet; es handelte sich dabei um die Versicherung von Feldfrüchten.
Vertrauensmann der Versicherung war der Iburger Heinrich Stapenhorst (wahrscheinlich der Sohn des Gastwirtes Ludwig Stapenhorst).
Der Police angehängt sind die "Zweck und Art der Gemeinde-Versicherungen und Bestimmungen für die Theilnehmer derselben" vom März 1893.
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G: Laut einer Rechnung des Ziegelei-Besitzers M. Fischer vom 30. Juni 1895 an das "Dropsche Colonat" (Vollerbenhof Drop) in Oesede-Dröper wurden 3.000 Dachziegel für 108 Mark verkauft.
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P: Abgestempelt am 8. April 1897, lag dem Kassenbuch auch ein Umschlag an Mathias Fischer mit dem Aufdruck "Militarial" bei.
In einem Brief vom 6. April 1897 schrieb Mathias Fischer an das Bezirksamt Waldshut:
"Von amtlicherseits hier habe ich erfahren, daß mein Sohn Georg Fischer aus Iburg, sich dort zum Militärdienst angemeldet hat, da derselbe seit 3 Monaten nicht mehr geschrieben hat, und ich seine Adresse nicht weiß, so möchte ich die verehrte Kommission bitten, falls Sie seinen Aufenthaltsort kundig wären mir doch gefälligst davon in Kentniss zu setzen. Ich möchte meinen Sohn umständehalber gerne zu Haus haben. Bitte nochmals freundlichst um Antwort."
Dem Schreiben war eine Marke zur Rückantwort beigelegt.
Die knappe Antwort erhielt Mathias Fischer am 9. April 1897:
"Ihr Sohn Georg Heinrich geb. 7. Oktober 1877 in Iburg wohnt in Schaffhausen (Schweiz) Gasthaus zum Bären und hat morgen hier zum Einsatzgeschäft zu erscheinen".
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P: In doppelter Ausfertigung liegt ein Werbeschreiben von C. Karstadt in Herford betreffend der Heilung von offenen Beinschäden, Krampfader-Geschwüre und Hautkrankheiten vor, in dem Danksagungen von Patienten der Jahre 1896 und 1897 enthalten sind.
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G: Auf dem 1. Januar 1898 ist die Rechnung eines Schmiedes für Tätigkeiten im Februar und Dezember 1897 datiert - mit einer Gegenrechnung i.H.v. 6 Mark wurden die restlichen 5,25 Mark im Februar 1898 bezahlt.
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G: Aus dem Jahr 1898 zeugt folgender Vertrag:
"M. Fischer zahlt W. Schneider Abschlagszahlungen und den Rest wenn alles fertig und gebrannt ist.
Unterschrieben von Beiden.

Kontrakt

Zwischen dem Ziegeleibesitzer M. Fischer Iburg und dem Ziegel-Meister oder Arbeiter W. Schneider aus Asemissen in Lippe ist heute folgender Kontrakt abgeschlossen:
W. Schneider verpflichtet sich dem Ziegeleibesitzer M. Fischer gegenüber, seine auf der Ziegelei für das Jahr 1898 zu machenden Backsteine und Dachziegel und auch Kalk zu machen und auch zu Brennen, und zwar mit folgenden Bedingungen.
1. W. Schneider bekommt für 1000 Stück gut gebrannter Steine 8 Mark
2. für Dachziegel 1000 Stück 18 Mark gut gebrannt
3. für Kalk pro Scheffel 15 Pfennige
4. für nicht gar gebrannte Steine [?]
5. Pferd wird demselben zu den nöthigen Arbeiten geliefert
6. den Ton oder Lehm wird Schneider in der Tratte [?] geschafft
7. das nötige Geräth zu den Ziegelarbeiten wird Schneider geliefert von Fischer
8. Steine aufladen während der Zeit das Schneider mit seinen Leuten bei der Ziegelarbeit ist wird für 1000 Stück 50 Pfennige bezahlt, mit Ausnahme der Tage das der Ofen ausgeladen wird
9. Übernimmt Schneider dafür zu sorgen daß sämtliche Geräthschaften auf der Ziegelei, auch Hausgeräth, und auch das Pferd möglichst geschohnt wird
10. W. Schneider verpflichtet sich die gemachten und getrockneten Steine und Dachziegel nach Bedarf zu Brennen
11. Bohlen werden Schneider geliefert von Fischer
12. das nöthige [?] und auch die nöthigen Latten und etwas Land werden Schneider zur Benutzung von M. Fischer gelieferet."
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G: Mit Datum vom 6. August 1898 erhielt Mathias Fischer ein Antwortschreiben des General-Vertreters Gustav Katzenstein von der "Hera - Internationale Gesellschaft für Acetylen-Beleuchtung" mit Geschäftssitz in der Goethe-Strasse 46 in Hannover - in diesem Jahr fand vom 6. bis zum 20. März in Berlin die 1. Acetylen-Fachausstellung statt: die Firma "Hera" erhielt auf dieser Ausstellung als einzige deutsche Firma eine Goldene Medaille.
Vorausgegangen war dem Antwortschreiben eine Anfrage von Mathias Fischer betreffend Acetylen-Anlagen für ein Hotel.

"Hera" auf dem Geschäftspapier der Firma
"Hera" auf dem Geschäftspapier der Firma

Gustav Katzenstein erwähnt, dass die Acetylen-Apparate nicht billiger werden, wohl aber das benötigte [Calcium-]Carbid erheblich billiger würde - Ende Mai 1898 kostete ein Kilo Carbid 80 Pfennig, Anfang August 1898 nur noch 40 Pfennig.
Calciumcarbid reagiert mit Wasser zu Ethin (Gebrauchsname: Acetylen). Wer sich näher mit dieser Thematik beschäftigen möchte, dem empfehle ich das 1923 herausgegebene Buch "Das Acetylen. Seine Eigenschaften, seine Herstellung und Verwendung" von Prof. Dr. Johann Heinrich Vogel - ab Seite 130 ff. wird auch auf die Wirkweise des Hera-Apparates eingegangen.
Für den Fall, dass "Hera" für die Acetylen-Apparate den Auftrag erhält, wurde Fischer die Provision in Aussicht gestellt. Sollte der Apparat geliefert werden, was sehr vom General-Vertreter gewünscht wurde, würde " (...) das dortige Publikum mit dem wunderbaren Licht und der großen Billigkeit eingeweiht (..)" werden.
Katzenstein lud Fischer und den Hotelbesitzer, der namentlich unbekannt bleibt, nach Hannover ein um seine " (...) im größeren Maßstabe angelegte Anlage zu besichtigen, damit er sich von einer größeren Anlage einen Begriff machen kann. Seien Sie der Überzeugung, wenn der betreffende Herr meine Anlage sieht, er sich sofort entschließen wird, sein neues Haus mit unserem Licht versehen zu lassen, (...)"; für die Planung einer derartigen Anlage sollte ein Situationsplan des neuen Hauses mitgebracht werden.
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G: Am 13. Juli 1899 schrieb die Kleie-Großhandlung "H & R Wertheim" aus Berlin (Burg-Strasse 22) Mathias Fischer mit der Bitte an " (...) über Charakter, Ruf und Verhältnisse Herrn Gebr. Greve eine möglichst genaue Auskunft zu ertheilen. Hauptsächlich liegt uns daran, zu erfahren, s
Und weiter: "Für Ihre freundliche Mitteilung, deren diskretesten Gebrauch wir versprechen, sagen wir Ihnen im Voraus unseren verbindlichen Dank. Zu Gegendiensten gern bereit, empfehlen wir uns Ihnen." Unterzeichnet war der Brief vom Inhaber Commerzienrath Rudolph Wertheim - dieser war Mitglied im "Central-Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen".
Carl Greve pachtete im Jahre 1881 die am späteren Charlottensee befindliche Sägemühle, die am 29. August 1894 von den Söhnen Adolf und Louis Greve übernommen wurde. Nach Beschwerden von Anwohnern wurde ab 1900 die Wasserkraft nicht mehr für den Mühlenbetrieb eingesetzt. Ab dem 24. November 1912 führte Adolf Greve den Sägebetrieb alleinig weiter.
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G: Eine Rechnung der Kohlengroßhandlung "Heinrich Eberhardt" aus Dissen gewährt einen Einblick in die genutzte Steinkohle.
Laut der Rechnung vom 31. Oktober 1899 wurden am 6. Oktober 10 Tonnen der "Bestmelierten" der "Zeche Pluto" (Herne, heute: Wanne-Eickel) zum Preis von 11,- Mark pro Tonne geliefert - eine Fettkohle mit etwa 50% Stückgehalt, am 27. Oktober wurden 15 Tonnen melierte Kohlen (= unsortiert geförderte Kohlen) der "Zeche König Ludwig" (Recklinghausen) ebenfalls zum Preis von 11,- Mark pro Tonne geliefert.
Am 25. Oktober 1899 folgten noch Kohlen im Wert von 72,- Mark.
Heinrich Eberhardt bewohnte seit 1881 den Frommenhof 3 in Dissen (heute: Frommenhof 1) - er betrieb anfänglich an der Großen Straße in Dissen ein Kolonialwarengeschäft, verlegte dann den Hauptsitz seines Geschäftes an den Dissener Bahnhof, wo er einen Handel mit Mehl, Brennstoffen und Kunstdünger betrieb. Zudem war er von 1906 bis 1907 und von 1922 bis 1926 Vorsitzender des "Teutoburger-Gebirgs-Verbandes" (dem späteren "Teutoburger-Wald-Verband e.V.).

1911 kaufte Heinrich Eberhardt ein Grundstück am Limberg, auf dem im Jahre 1910 das Luftschiff "VII Deutschland" strandete. Ein Jahr später errichtete dort der "Teutoburger-Gebirgs-Verband" den "Zeppelinstein" - 1913 übereignete Heinrich Eberhardt das Grundstück der Stadt Osnabrück, die dafür die Pflege des Denkmals übernahm.
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G: Am 26. März 1900 beantragte der Prozess-Agent F. Kramer auf Antrag des Ziegeleibesitzers Math. Fischer einen Zahlungsbefehl beim Königlichen Amtsgericht II in Iburg gegen den Markkötter Klöntrup in Sentrup - wahrscheinlich handelte es sich um den Markkötter Conrad Heinrich Klöntrup, geb. Bosse.
Der Anspruch lautete auf Zahlung von 5,60 Mark nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 1900 sowie 20 Pfennig für den Zahlungsbefehl zuzüglich der Zustellungskosten i.H.v. 60 Pfennig.
Am 31. März überbrachte der Gerichtsvollzieher den Bescheid persönlich an den Schuldner - auch diese Gebühren i.H.v. 50 Pfennig zuzüglich Schreibgebühren i.H.v. 10 Pfennig musste der Schuldner begleichen.
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P: Mit Schreiben vom 19. Oktober 1900 des "Königlichen Landgerichts Osnabrück" wurde Mathias Fischer mitgeteilt, dass er für das Jahr 1901 zum Hilfsschöffen des Landgerichts Osnabrück gewählt wurde.
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G: Eine geheftete "Satzung des Allgemeinen Deutschen Versicherungs-Vereins a.G. in Stuttgart" vom Mai 1901.
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P: Auf einem DIN A5 - Zettel hatte Fischer den Wert seines Inventars, seiner Verbrauchsgegenstände und seines Besitzes aufgeführt:

Bezeichnung:

Wert:

Gewöhnliche Möbel und Hausgeräthe

400 Mark

Spiegel, Porzellan, Glaslack und lackierte Sachen 40 Mark
Kleidungsstücke: 300 Wäsche, 300 Betten 225 Mark
Ungeschnittene Leinwand und Garn 100 Mark
Teppiche und Vorhänge 30 Mark
1 große Hausuhr, 10 / 2 Taschenuhren 22 Mark
Gemälde und Kupferstiche 5 Mark
Naturalien zum Haushalt ohne Winterfutter 10 Mark
Brennmaterial 25 Mark
Ackergeräthe, Hof- und Kellerutensilien 20 Mark
Speck und Fettwaren 25 Mark
Geschnittene Holzdielen 15 Mark
5 Scheffelsaat Roggen 90 Mark
3 Scheffelsaat Hafer 42 Mark
2 Scheffelsaat Gerste 28 Mark
2 Scheffelsaat Weizen 40 Mark
Bohnen 10 Mark
Erbsen 5 Mark
100 Zentner Heu 100 Mark
2 Scheffelsaat Kartoffeln 48 Mark

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G: Ein Hinweis der "Ziegelei-Berufsgenossenschaft" verweist auf die Pflicht, dass die Unfallverhütungsvorschriften ausgehangen werden müssen - die Berufsgenossenschaft bietet diese für 25 Pfennig als Papierplakat oder für 1,25 Mark als Blechplakat an.
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G: Der "Deutsche Privat-Beamten-Verein, Magdeburg", 1881 gegründet mit nunmehr "15.000 Mitgliedern in ca. 300 Zweigvereinen" (um 1898), bot eine kostenfreie Vermittlung von Stellen an - später wurde der Verein in "Deutscher Angestellten-Bund zu Magdeburg" umbenannt.
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G: Ein blauer Briefumschlag, bedruckt auf der Vorderseite mit "Dampfziegelei "Herrenrest", Besitzer: W. Wiemann.".
1897 veräußerte der Auktionator H. Säffer seine Ziegelei an der Herrenrest an den Iburger Wilhelm Wiemann, der diese unter dem Namen "Dampfziegelei Herrenrest" weiterführte.
1909 übernahm Adolf Kamp aus Oesede-Dröper die Ziegelei, die später unter dem Namen "Ziegelei Kamp" bis 1963 Ziegel produzierte.
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G: Drei blanco Lade-Scheine des Ziegelei-Besitzers M. Fischer für den Bezug von Backsteinen, Dachziegel und Kalk.

Lade-Schein der Zeigelei M. Fischer
Lade-Schein der Zeigelei M. Fischer

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Zwei unbeschriebene Blätter Briefpapier sowie ein kleingerissenes Papier mit dem Eintrag 1891.

Geschichte des Hauses ab 1957

Nach dem Abbruch des Hauses im Mai 1957 errichtete Paul Tepe auf dem Grundstück, versetzt um drei Meter von der Straßenkante, in die Fluchtlinie der anderen Häuser ein neues Gebäude. Die Bauleitung oblag dem Maurermeister Wilhelm ("Willy") Heuer (Drostenhof 10) - die Fertigstellung erfolgte im Oktober 1957.

Paul Tepe, geboren am 12. Januar 1913 in Iburg, heiratete am 16. Juni 1940 in Löningen Josefa Willoh. Der Ehe entstammten die Kinder Clara Auguste (geb.: 29.03.1941), Elsbeth (geb.: 15.06.1950) und Hildegard (geb.: 1954).
Elsbeth Tepe heiratete kirchlich am 12. Oktober 1974 Rainer Klewin - das Ehepaar bekam fünf Kinder.

1980/1981 wurde das Haus abgebrochen - 1982 wurde dann durch das Ehepaar Klewin ein neues großes Geschäftshaus erbaut.

 

Für die Bereitstellung von Informationen danke ich Michael Mönstermann, Osnabrück, sowie Elisabeth und Dr. Rainer Klewin, Bad Iburg, ganz herzlich!

 

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