Zeitreise(n) durch Bad Iburg |
Krankenburg
Nördlich von "Mühlmeyers Mühle" in
Glane, wo Anfang 2018 am Glaner Bach das
Hochwasserrückhaltebecken "Mühlmeyer" entstand,
befand sich einst die "Krankenburg". Beim Bau des
Hochwasserrückhaltebeckens konnten Reste des ehemaligen
Gebäudes festgestellt werden - aufgefundene Holzpfähle und
Lagerbalken sprechen nach Auskunft der Stadt- und
Kreisarchäologie Osnabrück für eine Pfahlgründung in dem
sumpfigen Gelände.
Unweit, in der Siedlung "Averbecks Hof",
befand sich in der vorrömischen Eisenzeit (8. bis 12.
Jahrhundert) sowie im frühen und hohen Mittelalter bereits eine
Siedlungsstelle.
Lage der ehem."Krankenburg" (rot umkreist),
heute Teil des Hochwasserrückhaltebeckens links: Meßtischblatt 2079: Iburg, 1897, Aufnahme im Jahr 1895 / rechts: OpenTopoMap (CC BY-SA 3.0), September 2020 |
Im 13. Jahrhundert war die
Krankenburg eine Besitzung der Familie von Buck zu Willenburg -
ein Gut mit Ländereien und Rechten wie Mühlen-, Fischerei- und
Jagdgerechtigkeiten.
Der Stammsitz der Familie Buck zu
Willenburg befand sich in Natrup-Hilter (in unmittelbarer Nähe
der heutigen Straße "An der Horst") und war ein Lehen
der Grafschaft Rietberg; dazugehörige 39 Urkunden aus den Jahren
1353 bis 1798 befinden sich heute im Depot der Vereinigten
Westfälischen Adelsarchive e.V. in Cappenberg.
Später wurde die Krankenburg ein ritterliches Lehnsgut (erblich verliehenes Gut) des Iburger Klosters.
Die zur Krankenburg gehörende Mühle wurde erstmals in einer Urkunde vom 1. August 1284 unter dem Namen "molendinum superius" (obere Mühle) erwähnt. In dieser Urkunde bestätigte Bischof Konrad von Osnabrück die für das Kloster Iburg ausgestellten Urkunden seiner Vorgänger und zählte die dem Kloster Iburg zehntpflichtigen Güter auf: "Yburg domus una iuxta molendinum superius adiacens monti."
1338 wurde auf der Krankenburg
der Knappe Heinrich von Scheventorf [Hinricus de Scevinctorpe]
erwähnt; zur Krankenburg gehörte auch ein Vorwerk mit dem Namen
"Mühlmeyer".
1861 benannte man den Erbkotten Wilhelm
Mühlmeyer als Erbkötterstelle Nr. 35, 1935/36 war die Anschrift
des Erbhofbauern Franz Adolf Mühlmeyer Glane Nr. 35.
Heinrich von Scheventorf gab mit seiner
Ehefrau Lutmodis gemäß einer Urkunde vom 27. Mai 1338 die
Krankenburg als Pfand an die Witwe des Lutgard von Ploghus [Lutgardi
de Ploghus] für vier Solidi jährlicher Rente.
Heinrich von Scheventorf war ein Bruder zu
Johann von Scheventorf, der zu diesem Zeitpunkt im Besitz der
Glaner Burg Scheventorf war.
Stammbaum der Familie von Scheventorf |
Später ging die Krankenburg durch Erbfolge an seinen Sohn Johann von Scheventorf.
Im Jahre 1365 verkaufte Johann
von Scheventorf, der nunmehr auch den Beinamen "von
Krankenburg" führte, mit Einwilligung seiner Ehefrau
Apollonia, seines Sohnes Heinrich, seines Bruders Wessel, der
damals als bischöflicher Dienstmann am Hofe des Bischofs war,
eine ewige Rente von neun Maltern Roggen aus seinem Hause
Krankenburg und der dazugehörigen Mühle.
In den Iburger Klosterannalen hieß es dazu weiter: "Er
fügte noch das Versprechen hinzu, daß er ohne des genannten
Wessels Einwilligung weder von den Scheventorffschen noch von den
Krankenburgschen Besitzungen etwas verkaufen wolle." Damit
konnte Abt Albert diesem Vertrag als Lehnsherr seine Zustimmung
erteilen.
Nach dem Tod von Johann von Scheventorf von
Krankenburg erbte sein Sohn Heinrich von Scheventorf genannt
Crankenborch die Krankenburg.
Das niederdeutsche Wort 'borch' entspricht
dem hochdeutschen Wort 'Burg".
Mit Urkunde vom 24. Februar 1371 verkaufte Heinrich von Scheventorf genannt Crankenborch seinem Onkel Wessel von Scheventorf für 240 Mark das Wohnhaus Krankenburg nebst der Mühle sowie die Häuser von Syveken und Johann Straken mit der Einwilligung des Abtes Dethard Buck.
In einer Urkunde vom 25. April 1376,
beurkundet von dem Kanoniker des Osnabrücker Doms Sander von
Holtfeld, verkauften Wessel von Scheventorf (in der Urkunde:
Wessen van Schevingtorpe] und seine Ehefrau Cristina die von
ihnen bewohnte Krankenburg [in der Urkunde: Kranckenborg] nebst
weiteren Häusern, Zubehör und der Nutznießung für 212 Mark an
das Kloster Iburg; der Grund für die Wiederveräußerung war
deren Kinderlosigkeit: "... de do in der tyd neyne kindere
enhadden, ..." (Übersetzung: "... zu dieser Zeit
hatten sie keine Kinder ..."). Ein auf dem Kirchhof in Glane
gelegener Speicher, der zur Krankenburg gehörte, wurde nicht mit
verkauft.
Damit fiel die Krankenburg wieder an das Kloster Iburg zurück.
Es wurde anschließend auf bestimmte Jahre oder auf Lebenszeit vom Kloster verpachtet - es war von allen Stifts- und Kirchspiellasten frei; die auf ihm beschäftigten Leute durften zu keinen Steuern, Schatzungen, Kontributionen und Landfolgen herangezogen werden.
Im Jahre 1497 kam es zu einem
Streit zwischen Gerlach von Haren und dem Abt Rembert um die vom
Kloster einst gekaufte Krankenburg. In den "Iburger
Klosterannalen" ist dazu festgehalten: "Damit aber die
Sache nicht zu einem längeren aufregenden Proceß käme, wurde
Rudolf von Vincke zum Schiedsrichter erwählt, der die Parteien
dahin verglich, daß der Abt noch etwas mehr Geld zahlte und der
andere alle Ansprüche aufgab. Bei dieser Verhandlung waren
Zeugen der Pater Kellermeister, Johann Hake und der Pfarrer in
Wellingholzhausen, Johann Düvel."
Möglicherweise hing dies mit dem Kauf
einiger Ländereien im Iburger Felde im Jahre 1375 durch den
Iburger Mönch und späteren Priester Nicolaus von Haren zusammen,
der "... durch dieses Opfer aus seinem eigenen Vermögen
seine Verehrung gegen den Ort, wo er in den Orden getreten war
..." bewies.
1543 brannte die zur Krankenburg gehörige Mühle vollständig ab - die Wiederherstellung verursachte dem Abt Johann Meierinck "viele Arbeit und Kosten".
Im Jahre 1572 umgab der Abt Patroclus Meierinck die Burg "vermittelst Ausschachtung" mit Gräben.
Die Mühle wurde 1667 durch Abt Maurus Rost an der heutigen Stelle neu erbaut.
"... zu klösterlicher Erholung für die Brüder, aber in selteneren Fällen, und zur mitunter nöthigen Zerstreuung für vornehme Gäste ..." wurde 1689 die Krankenburg von Grund auf erneuert.
Am 9. März 1713 stand die
Mühle in Vollbrand und wurde im selben Jahr neu errichtet.
Über die Geschichte (auch) dieser Mühle
informiert Rainer Rottmann in seinem Buch "Geschichte der
Mühlen in Iburg und Glane", 1. Auflage 2019!
Ab 1726 wurde die Krankenburg an Joist Bernd Holthaus auf jeweils vier Jahre zu fünf Reichsthalern Jahrespacht vermietet - das Mietverhältnis dauerte bis mindestens 1740.
Die Krankenburg wurde 1789 - vermutlich wegen Baufälligkeit - abgerissen; nur noch ein Graben bei Elkerts Stätte war übrig geblieben: "Diruta illic domus, vel arcis fundamenta vel rudera extant in fossa prope praesentem domum cultum Elkert in Glane."
Die Lage der Krankenburg verdeutlicht eine Zeichnung des Geometers Leutnant Freiherr von der Horst vom 1. März 1822:
Erläuterungen: A Gartengrund rechts am Aufgang B Gartengrund am Aufgang C Kleiner Garten D Gartenland E Ackerland und der halbe Wasserumlauf F Ackerland und der halbe
Wasserumlauf G Weidegrund H Insel (ehem. "Krankenburg") J Graben um die Insel K Bleiche L Nasser Grasgrund M Aufgang N Graben |
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"Vererbpachtung der obersten Mühle vor Glane", NLA OS Rep. 556 Nr. 1068 |
Die dortigen Grundstücke wurden noch um 1900 als "Krankenburger Insel" bezeichnet.
Heute befinden sich im Gelände keinerlei Überreste und nichts erinnert mehr an ein großes Gutsgebäude, welches über viele Jahrhunderte Platz für pulsierendes Leben bot.
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