Zeitreise(n) durch Bad Iburg |
Landhaus Dütting - ein Leben auf dem Langenberg
Vorgeschichte - das Kalkwerk Conrad Sander
1872 errichtete Julius (?) Kocke am Ostende des Langenberges einen Kalkofen und baute dort Kalkstein aus dem Cenoman (Oberkreide) ab.
Später wurde das Kalkwerk von dem Iburger Kaufmann Franz Conrad Sander (geb.: 06.03.1829 in Glane, gest.: 1907) übernommen - das Kalkwerk bestand bis Ende 1905.
Weiterführende Informationen zur
"Kalkbrennerei Sander - vormals Kocke -" finden
Sie auf dieser Homepage unter: |
Landhaus Dütting
1. Familie Christian Dütting
Wahrscheinlich Ende 1905 kaufte
Bergassessor Christian Dütting (geb.: 20.12.1862 in Osnabrück,
gest.: 21.07.1921 in Bad Nauheim) das Gelände am östlichen
Langenberg.
Christian Dütting war seit dem 28. April 1900 mit Johanna
Maria Franziska Dütting, geborene Offenberg aus Münster (geb.:
06.08.1878), verheiratet.
Johanna und Christian Dütting, 1900 |
Christian Dütting wurde wie folgt beschrieben:
"Vater war von zartem Körperbau, neigte zur Fülle und
wirkte dadurch rundlich und untersetzt, später wurde er wieder
schlanker. Der Kopf war klein, aber das Gesicht rund, die Augen
blau, aber - da er kurzsichtig war und einen Kneifer trug - etwas
matt und blaß. Seine Haare kannte ich nur dünn und graumeliert,
seitlich gescheitelt; (...)".1
In der Chronik der Familie ist noch zu lesen:
"Christian Dütting verstand es durch seinen Humor und seine
Redegewandtheit in jede Gesellschaft Fröhlichkeit und vergnügte
Stimmung hineinzubringen. Dichterisch begabt, machte er zu den
Hochzeiten der Verwandten und anderen Festlichkeiten
humoristische Gedichte und Lieder, die stets größte Heiterkeit
hervorriefen."2
Nachdem Dütting zwischen 1899 und 1905 die "Zeche Nordstern" in Gelsenkirchen-Horst leitete, übernahm er 1905 die Leitung der "Zeche Holland" in Bochum-Wattenscheid.
Weiterführende Informationen zu
"Christian Dütting (1862 - 1921)" finden Sie
auf dieser Homepage unter: |
Christian Dütting erbaute 1906 auf dem Kalkfelsen ein Landhaus als Erholungs- und Feriendomizil. Zu diesem Zeitpunkt hatten seine Ehefrau Johanna und er vier Kinder: Gertrud Maria Therese (geb.: 24.03.1901 in Gelsenkirchen), Beate Henriette (geb.: 23.10.1902 in Gelsenkirchen-Horst), Johann ("Hans") Caspar Heinrich (geb.: 27.12.1903 in Gelsenkirchen-Horst) und Adolf Christian (geb.: 07.07.1905 in Gelsenkirchen-Ückendorf); das fünfte Kind war unterwegs.
Entwurfszeichnung für das Landhaus Dütting,
Gelsenkirchen, um 1906. Archiv: Gelsenkirchener Bergwerks-AG |
Johanna Dütting " (...) hat sich sehr
für den Hausbau interessiert und eifrig am Plan, besonders an
der inneren Ausgestaltung, mitgewirkt."3 Besonders
wichtig erschien Johanna Dütting immer blühende Blumen im und
am Haus zu haben.
Der persönliche Geschmack der Eheleute Dütting zeigte
sich in der Vorliebe für dunkle Holzvertäfelungen - Christian
Dütting liebte das Gebirge und " (...) wanderte (...) in
seinem Urlaub mit [seiner Ehefrau] in den schweizerischen und
bayerischen Alpen."4
Später war der Sohn Hans Dütting Mitglied und Funktionär im
"Deutschen und Österreichischen Alpenverein (DuOeAV)",
der sich 1938 in den "Deutschen Alpenverein (DAV)"
umbenannte.
Anfang 1907 wurde Christian Dütting zum Generaldirektor und Vorstandsmitglied der "Phoenix Aktiengesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb" ernannt; Die Phoenix AG war eine der größten und bedeutendsten Montankonzerne des Ruhrgebietes.
In Gelsenkirchen-Ückendorf wurden die weiteren Kinder geboren: Hanna Agathe (geb.: 18.09.1906), Juliane Margarethe ("Jane", geb.: 22.02.1908), Agnes Liselotte ("Lotte", geb.: 07.11.1910) und Hildegard (geb.: 05.06.1912). Die einzige Klinikgeburt war am 16.05.1914 der Sohn Franz Karl Benjamin. Damit hatte das Ehepaar Dütting insgesamt neun Kinder.
Die Kinder der Eheleute Dütting im Garten, ca. 1920 |
Als Schneiderin der Familie wirkte die Iburgerin Frl. Tina Peters.
Landhaus Dütting mit romanischem Wehrturm auf einer
Postkarte, gelaufen: 27.07.1908 |
Im Laufe der Jahre vergrößerten sich die Dütting'schen Besitzungen in Iburg um Waldgrundstücke, einem Landstück an der damaligen Rennbahn und einen Obstgarten (in unmittelbarer Nähe des noch heute dort befindlichen Pumpenhäuschens), so dass die Besitzungen schließlich eine Fläche von ca. 50.000 m2 einnahmen.
Pumpenhäuschen an der "Rennbahn" |
Das Gelände zur "Rennbahn" (heute:
Charlottenburger Ring) umfasste Dütting mit einer Sandsteinmauer,
die Einfahrt zum Anwesen bildete ein zweiflügeliges Holztor.
Der alte Kalkofen wurde zu einem romanischen Wehrturm umgebaut.
Der Wehrturm wurde wegen Baufälligkeit 1958 durch die Iburger
Firma Hubert Reiferth abgerissen.
Ansicht vom Einfahrtsbereich und romanischen Wehrturm, im Vordergrund die "Rennbahn", um 1909 |
Begehbarer Wehrturm, im Vordergrund Johanna Dütting, um 1910 |
Das Gelände des ehemaligen Steinbruchs wurde liebevoll in einen Gartenpark umgewandelt.
Blick in den Steinbruch mit der Blockhütte (oben links) | Im Gartenpark | |
Im Gartenpark mit Blick auf den Steinbruch, 1929 |
Blick auf den Steinbruch und die "Aussicht" | |
Gartenpark mit Blick auf eine Sitzbank | Christian Dütting mit seinen Kindern Adolf und Hans
am Gartenhaus unterhalb der Holzbrücke |
Vom Leben auf dem Langenberg zeugt ein Gemälde des namhaften Düsseldorfer Malers Carl Schmitz-Pleis:
Gemälde "Im Maien in Iburg" von Carl
Schmitz-Pleis, um 1915 (vor der Restaurierung 2011) |
Das Gemälde entstand um 1915 von dem in
Kaiserwerth (heute: Düsseldorf) beheimateten Maler Carl Schmitz-Pleis
(1877 - 1943), der zu dieser Zeit dem Düsseldorfer Kunstverein
"Malkasten" und dem "Verein der Düsseldorfer
Künstler" angehörte. Das Bild zeigt Gertrud und Beate
Dütting auf der Terrasse des Iburger Landhauses Dütting mit
Blick auf dem Schlossberg mit dem dortigen Schloss und Kloster
Iburg.
Karl Schmitz-Pleis wohnte und malte während des ersten
Weltkrieges wochen- oder monatelang bei Düttings sowohl in Iburg
als auch in Gelsenkirchen.
Der Verkaufspreis für das Gemälde betrug
seinerzeit 500,- Mark. Später wohnte Schmitz-Pleis in der
Grimmstraße 38 in Düsseldorf.
Im Jahre 1911 entstanden von dem ungarischen Portraitmaler Arthur
Ludwig Ratzka (1869 - 1958) jeweils ein Gemälde von Christian
Dütting und eines von Johanna Dütting.
Hauptwohnsitz der Familie war bis zum Frühjahr
1919 Gelsenkirchen-Ückendorf (Ückendorfer Straße), danach
erfolgte der Umzug nach Essen (Bismarckstraße 66).
Das Ferien- und Urlaubsdomizil Iburg wurde von Tochter Hanna als
"schöner Lebensraum" bezeichnet.
Obwohl Christian Dütting jedes Wochenende in Iburg weilte, schrieb er seiner derweil in Iburg wohnenden Ehefrau im Laufe der Woche jeden oder jeden zweiten Tag einen Brief.
Am 30. Geburtstag von Johanna Dütting am 6. August 1908 überraschte Christian Dütting sie mit dem von Wilhelm Vornbäumen auf der Trompete gespielten Soldatenlied "Schier dreißig Jahre bist du alt".
Das Landhaus war zudem Treffpunkt von weiteren zahlreichen örtlichen und auswärtigen Freunden: Familie Wilhelm Vornbäumen (Geschäftsführer Drahtseilwerk) aus Iburg, Kunsthistoriker Prof. Dr. Hermann Ehrenberg aus Iburg, Pfarrer und Orientalist Prof. Dr. Paul Moritz Karge, der im Iburger Krankenhaus wohnte und Vikar Wilhelm Holtkort aus Gelsenkirchen, der dann im Blockhäuschen wohnte und oft betend über den Kammweg des Langenberges wandelte (von Düttings Kinder daher als "Brevierweg" bezeichnet).
Während der langen Sommermonate gingen mehrere
der Kinder in die Iburger Volksschule. So besuchte Hanna die
katholische Volksschule an der "Rennbahn", wo sie
zeitweise von Hauptlehrer Johannes Hegger und Frl. Clara
Biedendieck aus Glandorf unterrichtet wurde.
Johannes Hegger trat am 1. Oktober 1932 in
den Ruhestand und verstarb nach längerem Leiden am 24. Juli 1942.
Daneben erhielten Jane und Hanna noch
privaten Französisch-Unterricht von der in Lengerich/Westf.
wohnenden Bertha Giovannini.
Christian Dütting fotografierte gerne Frau und
Kinder - er hatte einen großen Plattenapparat, deren Platten er
selbst in einer eingerichteten Werkstatt im Blockhäuschen
entwickelte und Abzüge erstellte.
Johanna Dütting war sportlich und spielte am Forsthaus
Freudenthal Tennis.
Christian Dütting hatte bereits seit jungen
Jahren gesundheitliche Probleme mit dem Herzen, und so begab er
sich im Sommer 1921 zur Kur nach Bad Nauheim (nördlich
von Frankfurt), wo er am 21. Juli 1921 an den Folgen eines
Herzanfalls verstarb.
Die Beerdigung fand in Iburg statt:
"Am Beerdigungstag waren wir alle in der Kirche zum Requiem.
Als wir zurückkamen und den Berg heraufgingen, stand der Sarg in
einer Fülle von Kränzen und Blumen unter der alten Buche beim
Waschhäuschen. (...) Es war auch ein ergreifender Anblick
gewesen sein: Mutter und wir neun Kinder, alle in tiefer Trauer,
das heißt schwarzgekleidet. Es versammelten sich nach und nach
an dieser Stelle viele Menschen, die uns allen die Hand geben
wollten. Viele grüßten stumm den Sarg, manche knieten im Freien
nieder und sprachen ein stilles Gebet. Ich erschrak über die
Menschenmenge, über so viele bedeutende Persönlichkeiten,
entfernte Verwandte und viele Unbekannte. (...) Dann kam der
Priester und sprach die üblichen Texte. Bergknappen, in
Bergmannstracht mit brennenden Grubenlampen, trugen den Sarg fort.
Nur unsere Brüder gingen mit der Beerdigung; Frauen gingen
früher nicht mit zum Grab. Wir sahen vom Berg aus der langen
Menschenschlange nach. Eine Bergmannskapelle spielte Trauermusik.
Noch nach fünfzig Jahren hat mich eine Iburger Frau gefragt,
wann doch die Beerdigung unseres Vaters gewesen sei; solchen
Eindruck hatte sie gemacht!"5
Auf dem alten Iburger Friedhof (Grabstätte
Dütting) war bereits die einstige Gesellschafterin von
Christians Eltern, Maria Wilhelm (geb.: 19.05.1852, gest.: 04.09.1908)
beerdigt worden. Es folgte 1921 Christian Dütting, 1965 Johanna
Dütting, 1986 Beate Dütting, 1992 Dr. Rolf Fritz, 2000 Dr.
Hanna Fritz, geborene Dütting, Franz Dütting und 2011 Dr.
Hildegard Rapp, geborene Dütting.
Grabstätte Dütting mit den Grabsteinen für
Christian Dütting (links) und Maria Wilhelm (rechts), 23.05.1929 |
2. Johanna Dütting und Kinder
Zahlreiche Aquarelle von der nicht ganz 17jährigen
Hanna Agathe Dütting, entstanden zwischen Ende August und
Anfang September 1923, ergänzt um spätere
Fotografien, zeigen auch das Hausinnere:
Die Fotografien aus den Kriegsjahren
entstanden mit einem Fotoapparat aus dem Besitz des "Museums
für Kunst- und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund", der in
Iburg verwahrt wurde; Dr. Rolf Fritz war seit 1936 dortiger
Direktor, welches er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1966
leitete.
Landhaus Dütting Aquarell von Hanna Dütting, 22. August 1923 |
Landhaus Dütting Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Vom gefliesten Herd in der Küche gelangte die Wärme durch Warmluftschächte in andere Räumlichkeiten.
Küchenherd Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Küchenherd, 1943 |
In der Diele existierte ein offener Kamin, auf dem verschiedenste Zinngefäße standen. Die ebenfalls gekachelte Sitzbank wurde über Warmluftschächte des Küchenherdes erwärmt.
Am offenen Kamin in der Diele Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Hanna und Sohn Michael Fritz am offenen Kamin in der
Diele - fast keine Veränderungen an der Aufstellung der Zinngefäße, Weihnachten 1942 |
Im sogenannten "Bauernstübchen" befand sich ein Kachelofen.
Kachelofen im Bauernstübchen Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Im "Bauernstübchen" stand ein Tisch mit Sitzgelegenheit und einem Herrgottswinkel, der sich gegenüber dem Ofen befand. Ferner hingen Bilder an der Wand, oberhalb der Vertäfelung standen bunt bemalte Porzellan-Zierteller.
Bauernstübchen Aquarell von Hanna Dütting, 02.09.1923 |
Bauernstübchen Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Auch am Treppenaufgang befanden sich Zinnteller.
In dieser Diele hingen auch zwei von Johanna Dütting gemalte
ungerahmte kleine Bilder von der "Aussicht" auf das
Schloss - eins vom Frühjahr, eins vom Sommer.
Aufgang zum Obergeschoss in der Diele Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Hanna Fritz am Aufgang zum Obergeschoss in der Diele, Weihnachten 1942 |
Im Obergeschoss befand sich ein Schreibpult mit beistehendem Schrank.
Schreibpult Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Auch im Obergeschoss befanden sich Sitzmöglichkeiten.
Sitzgelegenheit im Obergeschoss Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Östlich des Hauses befand sich eine größere Terrasse ("Aussicht").
"Aussicht" Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
"Aussicht", 21.05.1929 | "Aussicht", 01.09.1929 Im Sommer 1929 wurde die Pergola - bis auf zwei Stümpfe - entfernt und die "Aussicht" mit einem neuen Zaun umgeben. |
Unterhalb des Landhauses wurde eine Blockhütte ("Gästehäuschen") errichtet.
Blockhütte Aquarell von Hanna Dütting, 1923 |
Blockhütte, Sommer 1939 |
In einer Zisterne wurde Regenwasser gespeichert.
Die Gestaltung der Innenräume sowie die Blumenpflege oblag der Hausherrin Johanna Dütting, Sommer 1934 |
Im Frühjahr 1925 zog die Familie an den Hauptwohnsitz in Essen-Bredeney (Zum Ruhrstein 17, "Mutterhaus").
Auch jetzt waren Besucher im Landhaus Dütting willkommen.
Adolf Vornbäumen mit Ehefrau Wolfhild und Tochter
Ingeborg im Dütting`schen Garten, 1929 |
Johanna Dütting " (...) sagte oft, ohne den Sommeraufenthalt in Iburg wären wir [Kinder] wohl nicht so gesund durch den Krieg gekommen. Es war dort ein viel einfacheres Leben als in der Stadt. Milch bekamen wir zwar auch nicht und mußten sogar unsere Ziegen aus der Stadt nachkommen lassen. Ich sehe noch, wie sie in einem Holzverschlag ankamen und dann im Steinbruch das Gras abweideten. Wir wurden in Iburg auch zu allerlei häuslichen Arbeiten angehalten, mußten Holz sammeln, Besorgungen machen und dergleichen. Wir gingen viel spazieren - die kleineren Geschwister zogen wir im Bollerwagen hinter uns her - und sammelten Pilze und Beeren. Vater kam zu jedem Wochenende; er konnte mit dem Zug bis Oesede kommen und ging dann weiter zu Fuß; bis Herrenrest mußten wir ihm entgegengehen, und er war verstimmt, wenn wir zu spät kamen, aber sonst war er recht heiter, ging draußen viel umher, immer mit Rosenschere, um allerlei zurückzuschneiden, und mit seinem kleinen Geologenhammer, - denn im Steinbruch wurden viele Versteinerungen gefunden -, um am Gestein zu klopfen (Schere und Hammer waren bis zuletzt in Iburg vorhanden). Ein großes Ammonshorn, das auf unserem Grundstück gefunden worden war, lag auf der Terrasse, und ein ganzer Koffer aus Eichenholz mit eisernen Beschlägen voll von Versteinerungen, die Vater im Steinbruch gesammelt hatte, stand unter dem Blockhäuschen; (...)."6
Blick über das Sägewerk von August Schwartengräber
auf das "Landhaus Dütting" (oben mittig) und
das Blockhaus (rechts daneben), 1936 |
3. Familie Dr. Rolf Fritz
Ab 1940 bewohnte Hanna Fritz, Tochter von Johanna und Christian Dütting, mit ihrem Sohn Johann Michael das Haus, da der bisherige Wohnort Dortmund zunehmend von Fliegerangriffen bedroht wurde. Der Ehemann und Vater, Dr. Rolf Fritz, war von 1949 bis 1945 als Soldat (Dolmetscher für Französisch und Niederländisch) in Dortmund eingezogen und kam nur von Zeit zu Zeit kurz zu Besuch.
Landhaus Dütting, Ansicht nach Osten, um 1940 Auf der Gartenbank sitzend Dr. Hanna Fritz, geborene Dütting |
Auch im Hause Dütting waren während des Krieges Lebensmittel knapp: von befreundeten Landwirten in Holperdorp (Höfe Huneke (Holperdorp 3), Timpe (Holperdorp 10) und Sprengelmeier (Holperdorp 16)) erhielt die Familie Eier.
Hausansicht von Westen, Frühjahr 1941 Im November 1940 fegte ein Sturm über das Grundstück und entwurzelte zahlreiche Bäume - die Schäden wurden im März 1941 beseitigt. |
Aufgang zum "Landhaus Dütting" - es
führte noch immer kein Fahrweg zum Haus, Dezember 1941 |
Gab es Jahrzehnte im Haus Dütting keinen
elektrischen Strom - man nutzte für Licht Petroleumlampen -
wurden im März/April 1942 elektrische
Lichtleitungen gelegt.
Geheizt wurde weiterhin mit Holz und Kohle.
Dr. Rolf Fritz beim Holzhacken, Juli 1936 |
Dr. Rolf Fritz und sein Sohn Michael holen Holz für
die Öfen und Kamine, März 1942 |
Trotz zahlreicher Entbehrungen war das Grundstück aber auch ein Spielparadies für Kinder: eine Lehmgrube, eine Schaukel, ....
Im April 1942 wurde für Michael Fritz die neue Schaukel gebaut |
Am 14. August 1942 kam Sohn Michael in die
katholische Volksschule an der "Rennbahn", wo bereits
seinerzeit seine Mutter unterrichtet wurde. Michaels Lehrerin
wurde Frl. Clara Biedendieck aus Glandorf, die bereits seit 1916
dort unterrichtete und 1951 in den Ruhestand verabschiedet wurde.
Nach den ersten beiden Schuljahren wurde Michael von der
pensionierten Lehrerin Frl. Meschede unterrichtet. 1944 wurde die
Klasse in der Landwirtschaftlichen Schule untergebracht, doch
bereits nach wenigen Wochen wurde die Schule geschlossen - ein
anschließender Privatunterricht mit einigen anderen Schülern
durch Frl. Meschede im Hause Dütting wurde von den Engländern
verboten.
Etwas später erhielt Michael ersten Lateinunterricht beim
pensionierten Studienrat Landwehr, der auf dem Urberg wohnte.
Michael beim Rechnen, August 1942 | Besuch von Manfred Schnöckelborg (links), Sohn des
Iburger Notars und Rechtsanwaltes Heinrich Schnöckelborg und seiner Ehefrau Katharina, Winter 1943/44 |
Hanna Dütting war während des Krieges in der Bibliothek des Fleckens Iburg zur Arbeit verpflichtet.
Zum Ende des Krieges musste Hanna Dütting ins
Iburger Krankenhaus aufgenommen werden:
"Der Gesundheitszustand der zarten jungen Frau war sehr
labil, sodass sie eine Zeitlang ins Iburger Krankenhaus
aufgenommen werden musste. Das ungewohnte Leben auf dem Berg, die
weiten Fußwege, das Heranschaffen und Hinauftragen der
Lebensmittel - es gab damals noch einen Fahrweg -, bescheidene
Bemühungen um eigene Landwirtschaft auf dem kargen
Kalksteinboden des Berges, das tägliche Feuer machen, das alles
bedeutete beträchtliche körperliche Anstrengungen, hinzu kamen
psychische Belastungen. Von einem idyllischen Refugium unter
diesen Gegebenheiten kann daher nur bedingt die Rede sein."7
Gegen Kriegsende im Jahr 1945 suchten auch die Großmutter Johanna Dütting aus Osnabrück und andere Verwandte aus den stark bombardierten Städten des Ruhrgebietes im Landhaus Zuflucht.
Am 20. Juli 1945 wurde in Erpen (heute: Dissen) Andrea Gabriele Fritz geboren.
Michael und seine Schwester Andrea, Winter 1945 |
Durch die Hilfsaktion "Storch" hatten Düttings nach dem Krieg für eine längere Zeit einen Berliner Jungen aufgenommen: Dieter Falkenhagen, der vom 1. Oktober 1945 bis zum 1. Mai 1946 bei Düttings in Iburg wohnte; hinzu kam noch eine junge heimatlose Frau aus Ostpreußen sowie eine Familie Lüchtefeld.
Besonders im Jahre 1946 kamen
Freunde zu Besuch, u.a.:
- Prof. Wolfgang Krönig, ehemaliger Studienfreund und nunmehr
Professor für Kunstgeschichte in Köln,
- Prof. Dr. Franz Beckmann, Professor für Altphilologie und
späterer Rektor an der Universität Münster, und seine Ehefrau
Dr. Clara Beckmann, die während des Krieges mit ihren vier
Kindern in Iburg bei der Schweizerin Alma Uhlig (Kronesch) lebten;
Frau Uhlig zog nach dem Krieg wieder in die Schweiz.
- der Kunsthistoriker Dr. Dr. Klaus Leonhardi, Kustos an der
schleswig-holsteinischen Kunsthalle Kiel.
Am 6. Februar 1947 erfolgte - bei eisiger Kälte - der Umzug der Familie Fritz nach Cappenberg, wo Dr. Rolf Fritz das dortige Museum leitete.
4. Besitztum Hellmann
1964 wurde das Haus mitsamt
dem umgebenden Gelände von Bernhard Hellmann, dem seinerzeitigen
Inhaber des "Waldhotels Felsenkeller", gekauft.
Das Wohnhaus wurde später vermietet.
Die Anschrift des Hauses lautet heute: "Charlottenburger Ring 44".
Herrn Prof. Dr. Johann Michael Fritz danke ich für den Abdruck historischer Fotografien aus den familiären Fotoalben sowie zahlreicher weiterführender Informationen!
Prof. Dr. Johann Michael Fritz (geb.: 30.01.1936
in Essen), emeritierter Hochschullehrer und Kunsthistoriker mit
dem Arbeitsschwerpunkt Gold- und Silberschmiedekunst in Europa
vom Mittelalter bis zur Neuzeit, lebte von 1940 bis Anfang 1947
mit seiner Mutter Hanna Fritz im "Landhaus Dütting".
Einen Einblick in das Iburger Leben bietet die Veröffentlichung
"Hanna Fritz - Aufzeichnungen aus dem Leben in Iburg 1942
bis 1945" im Heimat-Jahrbuch "Osnabrücker Land 2012",
S. 167 ff.
Der Nachlass von Christian Dütting wurde im September 2012 von
den Nachlassgebern Prof. Dr. Johann Michael Fritz und Dr. Hanna
Fritz in das Bergbau-Archiv Bochum unter der Bestandsnummer BDA
308 aufgenommen.
1 Fritz, Hanna: Erinnerungen an Vater, Münster
1978 (unveröffentlicht), S. 4.
2 Rapp-Dütting, Hildegard: Chronik der Familie
Dütting, 2. Ausgabe, 1952, S. 78.
3 Fritz, Hanna: Erinnerungen an Vater, Münster 1978 (unveröffentlicht),
S. 33.
4 Fritz, Hanna: Erinnerungen an Vater, Münster 1978 (unveröffentlicht),
S. 32.
5 Fritz, Hanna: Erinnerungen an Vater, Münster 1978 (unveröffentlicht),
S. 43 f..
6 Fritz, Hanna: Erinnerungen an Vater, Münster 1978 (unveröffentlicht),
S. 34.
7 Fritz, Johann Michael: Hanna Fritz - Aufzeichnungen
aus dem Leben in Iburg 1842 bis 1945. In: Heimat-Jahrbuch "Osnabrücker
Land 2012", S. 180 f..
Impressum / Kontakt / Datenschutzerklärung --- Inhaltsverzeichnis --- Zeitreise(n) durch Bad Iburg--- Landhaus Dütting