Zeitreise(n) durch Bad Iburg

 

Wilhelm Petermöller
Kapitän und Ehrenkapitän

Am 5. August 1946 wurde eine Postkarte von Wilhelm Petermöller aus Meppen an den Amtsgerichtsrat Hermann Anton Friedrich Pohlmann (geb.: 03.01.1878) in Iburg verschickt.
Doch wer war der Absender Wilhelm Petermöller?

Postkarte von Wilhelm Petermöller an Herrn Amtsgerichtsrat Hermann Pohlmann
Postkarte von Wilhelm Petermöller an Herrn Amtsgerichtsrat Hermann Pohlmann
Quelle: Archiv von Henning Kellersmann

Wilhelm Petermöller wurde am 21. August 1877 in Wellingholzhausen geboren - getauft wurde er am 23. August 1877 in der Kirche "St. Bartholomäus" in Wellingholzhausen; sein Taufpate war Dr. Johannes Wilhelm Bruns aus Melle.
Sein Vater war der im Dorf Wellingholzhausen wohnende Dr. med. Johann Heinrich Petermöller, der am 4. März 1845 in New York geboren wurde. Dieser war seit dem 10. November 1872 mit Anna Maria Agnes Bruns, geboren am 12. November 1846 in Melle, verheiratet.
Dr. med. Johann Heinrich Petermöller war später Medizinalrat und Kreisarzt in Meppen. Seine am 22. November 1873 in Meppen geborene Tochter Elisabeth Petermöller heiratete am 22.11.1873 Alfons Julius Gregor Schründer, Sohn des Fabrikanten Joseph Schründer, der am 30. September 1855 Mitbegründer der "Grevener Baumwollspinnerei" war.
Der Sohn des Mitbegründers Joann (Johan) Becker, Anton Clemens Martin Becker, heiratete die Iburgerin Anna Maria Elisabeth Caecilia Pohlmann.

Die Großeltern von Wilhelm Petermöller bzw. die Eltern von Dr. med. Johann Heinrich Petermöller waren die in Iburg am 9. September 1809 geborenen Georg Hermann Petermöller und seine am 20. November 1808 in Iburg geborene Ehefrau Maria Catharina Bruns.
Ein weiterer Sohn neben Johann Heinrich war Carl, geboren in Iburg am 7. Mai 1848, der am 14. November 1876 in Iburg Carolina Ernestina Louise Bücker (geb.: 21.04.1848 in Melle) heiratete - diese war die Tochter von Ernst Henrich Bücker und Maria Louise Schwaner.

Mit 19 Jahren (1896) fuhr Wilhelm Petermöller bereits zur See - er hatte eine Größe von ca. 1,73 m und wog ca. 81 kg.

Im Mai 1905 nahm Wilhelm Petermöller als 3. Offizier auf dem Kombischiff "Main" an einer Ozean-Wettfahrt teil - bei der Fahrt von Bremen nach Baltimore (US-Bundesstaat Maryland) waren insgesamt 3.017 Passagiere an Bord. Dies war die größte Anzahl Passagiere auf einem Dampfer der Norddeutschen Lloyd, seitdem die Schiffe dieser Gesellschaft nach Baltimore fahren.

Wilhelm Petermöller war in der Folgezeit auf zahlreichen Schiffsfahrten für den Norddeutschen Lloyd unterwegs:

Schiff: Tätigkeit: Ort Abreise: Ankunft: Ort Ankunft:
Hannover1 2. Offizier Bremerhaven 13.03.1922 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 21.04.1922 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 01.06.1922 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 13.07.1922 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 25.08.1922 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 07.10.1922 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 19.11.1922 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 01.01.1923 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 11.02.1923 New York
Hannover 2. Offizier Bremerhaven 21.03.1923 New York
Bremen2 1. Offizier Bremerhaven 11.11.1925 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 15.01.1926 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 11.03.1926 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 19.04.1926 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 20.05.1926 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 24.06.1926 New York
Bremen Master Bremerhaven 25.07.1926 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 29.08.1926 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 30.12.1926 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 09.02.1927 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 14.03.1927 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 25.04.1927 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 30.05.1927 New York
Bremen 1. Offizier Bremerhaven 29.06.1927 New York
Bremen Master Bremerhaven 31.07.1927 New York
Karlsruhe3 Kapitän Bremerhaven 27.07.1931 New York
Karlsruhe Kapitän Bremerhaven 28.08.1931 New York
Karlsruhe Kapitän Bremerhaven 01.09.1932 New York
Dresden4 Kapitän Bremerhaven 06.02.1933 New York
Dresden Kapitän Bremerhaven 06.03.1933 New York
Dresden Kapitän Bremerhaven 03.04.1933 New York
Dresden Kapitän Bremerhaven 02.05.1933 New York
Dresden Kapitän Bremerhaven 29.05.1933 New York

1 Das Kombischiff "Hannover" wurde am 25. November 1899 in Dienst gestellt - sie hatte 7.438 Bruttoregistertonnen mit einer Besatzung von 110 Seeleuten; sie hatte eine Passagiereinrichtung für 91 Kajütenpassagiere (II. Klasse) und 514 Fahrgäste III. Klasse. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 12,5 Knoten (= 23 km/h).
2 Das Passagierschiff "Bremen" (III) wurde am 06. September 1900 in Dienst gestellt und 1923 in "Bremen" umbenannt. Das Schiff hatte 10.881 Bruttoregistertonnen mit einer Besatzung von 223 Seeleuten; in der Mittelklasse fanden 355 Passagiere Platz und die III. Klasse fasste 520 Fahrgäste. Die Höchstgeschwindidgkeit betrug 16 Knoten (= 30 km/h).
3 Das Passagierschiff "Karlsruhe" (II), vorherig fuhr es als Passagierschiff "Bremen" (III), war ab 1928 wieder im Dienst des Norddeutschen Lloyd.
4 Das Dampfschiff "Dresden" wurde am 21. Januar 1915 unter dem Namen "Zeppelin" in Dienst gestellt - es hatte 14.690 Bruttoregistertonnen mit einer Besatzung von 320 Seeleuten; das Schiff konnte in der I. Klasse 200 Passagiere, in der Touristenklasse 350 Passagiere und in der III. Klasse nochmals 600 Passagiere befördern. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 15,5 Knoten (= 29 km/h).

Passagierschiff "Bremen", ab 1928 unter dem Namen "Karlsruhe" fahrend
Passagierschiff "Bremen", ab 1928 unter dem Namen "Karlsruhe" fahrend

 

Kapitän Wilhelm Petermöller   Kapitän Wilhelm Petermöller   Kapitän Wilhelm Petermöller
Kapitän Wilhelm Petermöller   Kapitän Wilhelm Petermöller und
seine eigenhändige Unterschrift
  Kapitän Wilhelm Petermöller
Quelle: Archiv des Heimatvereins Glane e.V.

Am 27. November 1933 wurde die nationalsozialistische Gemeinschaft "Kraft durch Freude (KdF)" gegründet; mit dem "Amt für Reisen, Wandern und Urlaub" war die KdF der größte Reiseveranstalter in der Zeit des Nationalsozialismus.
Am 3. Mai 1934 wurde das Schiff "Dresden" für die erste "Kraft-durch-Freude-Reise" gechartert - Kapitän wurde Wilhelm Petermöller.

Dampfschiff "Dresden"
Dampfschiff "Dresden"
Quelle: Archiv der Hapag Lloyd AG

Am 16. Mai 1934 rettete die Besatzung der "Dresden" ein im Ärmelkanal in Seenot geratenes französisches Marineflugzeug mit fünfköpfiger Besatzung - am 12. Februar des Folgejahres wurde durch den Bremer französischen Generalkonsul Hebard im großen Sitzungssaal des Norddeutschen Lloyd die Rettungsmannschaft der "Dresden" geehrt: Kapitän Petermöller erhielt das Offizierskreuz des Ordens für Verdienste zur See, eine schon seit mehreren Jahren nicht mehr verliehene französische Staatsauszeichnung. Petermöller betonte, es habe sich nur um die Erfüllung einer selbstverständlichen seemännischen Pflicht gehandelt.
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger hatte aus Anlass dieser Rettung Kapitän Petermöller die goldene Medaille der Gesellschaft verliehen.

Die "Dresden" ging am 18. Juni 1934 mit 975 Passagieren auf die 7. Norwegen-Reise der KdF:
am frühen Morgen des 20. Juni befand sich das Dampfschiff bei Kopervik, der größten Stadt auf der Insel Karmøy in Norwegen, wo sich eine Lotsenstation befand, die man für Schiffe eingerichtet hatte, die den "Schärenhof" für die Fahrt nach Norwegen benutzten. Auf der Brücke befanden sich neben dem Kapitän Petermöller auch der norwegische Lotse Jakobsen, der die Aufgabe hatte das Schiff durch das Klippengebiet zu lotsen; dies sollte für den Lotsen keine schwere Aufgabe darstellen, da er sich hier gut auskannte.
Bei zunehmend schlechten Wetter im Karmsund in der Nähe von Utsire bekam das Schiff um 18:17 Uhr plötzlich Berühung mit einem Unterwasserfelsen - eine Warnboje, die vor dem Felsen warnen sollte, war durch den Sturm abgetrieben worden. So schlitterte das Schiff an der Nordkante eines Granitbrockens entlang und riss die Schiffswand auf einer Länge von 30 Metern und einer Breite von 4 Metern auf - Wasser schoss daraufhin unaufhaltsam in den Schiffsrumpf. Kapitän Petermöller ließ unmittelbar nach der Kollision um 18:30 Uhr SOS senden. Er, Lotse Jakobsen und die Besatzung behielten die Nerven und setzten das leck geschlagene Schiff an der Ostküste der Insel Karm auf. Dadurch konnte ein Sinken im tiefen Gewässer verhindert und die auf dem Schiff befindlichen Personen vor dem Tod bewahrt werden.
Die in der Nähe befindlichen norwegischen Dampfer "Kong Haakon" und "Kronprinzessin Martha" sowie das französische Inspektionsschiff "Ardent" kamen zu Hilfe und konnte alle Passagiere und Besatzungsmitglieder in einer zweistündigen Aktion retten; es gab 14 Verletzte, zwei davon schwer. Erst auf der Rückfahrt der "Kong Haakon" nach Stavanger (Stadt im Südwesten Norwegens) starben zwei gerettete Frauen an Herzschwäche.
Am Morgen des 21. Juni 1934 kenterte die "Dresden" und sank in 10 Meter Tiefe.
Das nationalsozialistische Regime leiß keine ausführlichen Berichte zum Unglück zu und teilte lediglich mit, dass die "Dresden" aufgrund höherer Gewalt verunglückt sei und alle Passagiere und Besatzungsmitglieder gerettet werden konnten.
Fahrgäste und Mannschaft wurden mit dem Schiff "Stuttgart" nach Bremerhaven zurückgebracht. Reichsleiter Dr. Robert Ley dankte der Mannschaft und Kapitän Petermöller für den Mut, die Tapferkeit und Umsicht: "Ganz Deutschland dankt Ihnen für Ihre Mannestat".
Im August 1934 wurden große Stahlteile des Schiffes in Stavanger verschrottet - Wrackreste sind noch heute leicht von der Küste aus zugänglich und liegen in vier bis zehn Meten Tiefe.

Die gekenterte "Dresden"
Die gekenterte "Dresden"

Am 5. Juli 1934 verhandelte das Seeamt Bremerhaven über den Unfall, dabei kam heraus, dass die Unglücksstelle seit 1864 nicht mehr nachgemessen worden sei und sich an dieser Stelle vor Jahren bereits ein Schiff die Schiffsschraube abgeschlagen habe.
Der Schiffsleitung wurde keine Schuld und eine mustergültige Pflichterfüllung bescheinigt; die Verhandlung vor dem Seeamt spiegelt ein Beitrag im "Hamburger Fremdenblatt" wieder und kann
hier im pdf-Format heruntergeladen werden.

Nach dem Untergang der "Dresden" charterte im Juni 1934 die "Deutsche Arbeitsfront (DAF)" die "Sierra Morena" und benannte diese am 20. Juli 1934 in "Der Deutsche" um. Dieser Doppelschrauben-Dampfer wurde ursprünglich am 10. Oktober 1924 in Dienst gestellt - es hatte 11.430 Bruttoregistertonnen und 298 Personen Besatzung. Schon zwei Tage später wurde das Schiff für "Kraft-durch-Freude-Kreuzfahrten" als Einklassenschiff für 1.000 Passagiere eingesetzt.
1935 wurde das Schiff von der DAF gekauft.
Bei zahlreichen KdF-Urlaubsfahren weltweit war Wilhelm Petermöller Kapitän - in einem Beitrag zu Eindrücken und Beobachtungen von einer Madeira-Fahrt schrieb ein Journalist in der Zeitschrift "Arbeitertum" vom 15. April 1935: "Kapitän Petermöller, für den die Besatzung durchs Feuer geht, widmet sich in der Freizeit ganz den Gästen."

Doppelschrauben-Dampfer "Der Deutsche"
Doppelschrauben-Dampfer "Der Deutsche"
Ansichtskarte aus dem Verlag F. Morisse, Bremerhaven

In einer Korrespondenz teilte eine Fahrtteilnehmerin dem "lieben Kapitän Petermöller" mit: "Noch oft denken und sprechen wir von den schönen Stunden, die wir auf der herrlichen Norwegenreise erleben durften."

Speisekarte an Bord des Dampfers "Der Deutsche" vom 22. Juli 1935
Speisekarte an Bord des Dampfers "Der Deutsche" vom 22. Juli 1935

Im Jahr 1937 erreichte Wilhelm Petermöller, der "in den in- und ausländischen Seefahrerkreisen, wie auch durch viele Kraft-durch-Freude-Fahrten innerhalb der deutschen Arbeiterschaft bekannt" ist, die Altersgrenze. Auf der Jahrestagung der KdF in Hamburg am 27. November 1936 wurde er von Reichsleiter Dr. Robert Ley zum Ehrenkapitän der KdF ernannt.

1946 wohnte Wilhelm Petermöller in Meppen (Emsland) in der Emsstraße 5 - nur wenige hundert Meter von der Ems entfernt.
Das Haus wurde von der Familie Petermöller von 1924 bis 1976 bewohnt.

Auf der eingangs erwähnten Postkarte gab Wilhelm Petermöller an "sehr abgemagert" zu sein, doch ginge es ihm "gesundheitlich noch gut".

Wilhelm Petermöller verstarb plötzlich und unerwartet am 15. August 1947 im Alter von 69 Jahren auf einer Reise in Osnabrück.

Kapitän Wilhelm Petermöller - erster und später populärster KdF-Kapitän!

 

Für zahlreiche Hinweise, insbesondere auch der Bereitstellung der Postkarte und des Artikels "Der Untergang der "Dresden" vor dem Seeamt", danke ich ganz herzlich Henning Kellersmann, Bad Iburg.


Nicht zu verwechseln mit dem Kapitän Wilhelm Petermöller (geb.: 21.08.1877 in Wellingholzhausen, gest.: 15.08.1947 auf einer Reise in Osnabrück) ist der in Iburg geborene Wilhelm Petermöller.
Dieser wurde am 18. April 1878 in Iburg geboren und zwei Tage später in Iburg getauft. Die Eltern wohnten in Iburg auf dem Hagenberg: Vater Johann Heinrich Petermöller, geboren am 3. September 1849, war Wegewärter in Iburg und seit dem 25. November 1874 mit der in einem Heuerhaus des Colonen Brinkmann in Lienen-Holperdorp (Holperdorp 54) geborenen Anna Lisette Grave (geb.: 24.07.1849) verheiratet.
Wilhelm Petermöller verstarb am 9. Oktober 1954 im Alter von 76 Jahren.
Gemeinsam ist beiden: der Großvater von Wilhelm Petermöller (geb.: 21.08.1877), Georg Hermann Petermöller (geb.: 09.11.1809 in Iburg), war der Sohn des Urgroßvaters Caspar Heinrich Petermöller (geb.: 1772) von Wilhelm Petermöller (geb.: 18.04.1878).

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