Zeitreise(n) durch Bad Iburg

Zeppelinstein

Vorgeschichte

Das siebte in Friedrichshafen von der "Luftschiffbau Zeppelin GmbH" gebaute Luftschiff "LZ VII" (Typ e) wurde auf den Namen "Deutschland" getauft. Nach der Jungfernfahrt am 19. Juni 1910 unter dem Kommando von Ferdinand Adolf Heinrich August Graf von Zeppelin wurde das Luftschiff am 22. Juni in Düsseldorf an die "Deutsche Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft (DELAG)" ausgeliefert; eine erste Rundreise fand am 24. Juni statt. Es war das erste mit Goldschlägerhaut (Darmserosa: aus der äußersten Hautschicht von Rinderblinddärmen hergestellt) für die Konstruktion der Traggaszellen gebaute Luftschiff.

Luftschiff "VII Deutschland", Juni 2010
Luftschiff "VII Deutschland", Juni 1910
Archiv: Library of Congress Prints and Photographs Disivion Washington, D.C. 20540 USA

Die nächste Rundfahrt erfolgte am 28. Juni 1910 unter der Führung von dem Konstrukteur und Oberingenieur Ludwig Dürr: 19 Journalisten, darunter zwei englische Berichterstatter der Londoner Tageszeitungen "Daily Mail" und "Daily Mirror", ein Pressevertreter einer Pariser Tageszeitung sowie der italienische Journalist Luigi Varzini, waren zu einer zweistündigen Rundfahrt von Düsseldorf aus über das Gebiet der Wupper eingeladen - damit sollten Luftschiffreisen weiten Kreisen bekannt gemacht werden. An Bord waren ferner 10 Besatzungsmitglieder, ein Kellner, der Fahrtenleiter und Prokurist Hugo Eckener sowie der Generaldirektor und Architekt der "Luftschiffbau Zeppelin GmbH" Alfred Colsman, die beide zugleich auch zum Vorstand der DELAG gehörten - damit waren 32 Personen im Luftschiff.

Der Start erfolgte um 8:35 Uhr am Luftschiffhafen Düsseldorf in der Golzheimer Heide.

Nach Problemen mit dem hinteren Backbord-Motor von Daimler wurde die "Deutschland" durch zunehmende Winde und heftige Regenfälle abgetrieben; über Kattenvenne konnte der Motor wieder in Gang gesetzt werden.
Über dem Teutoburger Wald geriet das Luftschiff schließlich in ein Sommerunwetter und wurde von 300 m Fahrthöhe in die Höhe von 1.050 m gerissen, Schneeflocken umwirbelten das Luftschiff; kurze Zeit später konnte das Luftschiff wieder auf die normale Fahrthöhe zurückgeholt werden. Als kurz nach 17:00 Uhr der vordere Daimler-Motor aussetzte, strandete das Luftschiff "LZ VII" um 17:10 Uhr in den im Limberg befindlichen Nadelwald - acht Meter über dem Waldboden lag das Luftschiff in den Ästen der Nadelbäume.

Über eine Strickleiter verließen Passagiere und Besatzung die "Deutschland" - der Monteur aus der Hintergondel, August Hohenstein, der als erster das Luftschiff verließ, erlitt beim Verlassen des Luftschiffes einen Steißbein-Bruch sowie eine Verletzung am Beckenknochen.

Passagiere verlassen nach der Strandung die vordere Gondel
Passagiere verlassen nach der Strandung die vordere Gondel
Zeichnung: Franz Kienmayer (1886 - 1963), Zeichner der "Illustrirten Zeitung" aus Leipzig, der sich ebenfalls an Bord befand

In dem nahegelegenen Hof (Visbeck Nr. 57, heute: Am Zeppelinstein 57) von Franz Heinrich und Franziska Anna Maria Winter, geb. Holkenbrink, wurden alle erstmal mit Essen und Trinken versorgt, bevor per Bahn die Heimreise angetreten wurde.

Telegramm, aufgegeben am 28. Juni

Telegramm, aufgegeben am 28. Juni, abends um 21:15 Uhr, am Bahnhof Wellendorf, von dem Chef des "J. P. Bachem-Verlages"
und dem Herausgeber der "Kölnischen Volkszeitung", Franz Xaver Bachem, an seine Familie in Köln
(© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons))

Der Luftschiffkommandant Ludwig Dürr äußerte, nachdem feststand, dass eine Reparatur nicht mehr möglich war:
"Normalerweise liegt der Teutoburger Wald in Deutschland, doch heute liegt die Deutschland im Teutoburger Wald."

Am nächsten Morgen wurde das Luftschiff geborgen, noch zu nutzende Teile, darunter auch die Motoren, wurden später in das "LZ 8 Deutschland II" eingebaut.

Bergung des Luftschiffes "VII Deutschland"
Bergung des Luftschiffes "VII Deutschland" durch das Infanterie-Regiment "Herzog Friedrich Wilhelm
von Braunschweig" Nr. 78 aus Osnabrück
Foto: Friedrich Enke, Osnabrück

Über die Geschichte der Luftschiffe, insbesondere über das Luftschiff "LZ VII Deutschland" sowie dessen Strandung, finden sie weiterführende Informationen in zahlreichen historischen Zeitungen sowie in folgenden Veröffentlichungen, aus denen Inhalte auch für diesen Bericht dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wurden:
Stadt Bad Iburg (Hrsg.): 1910 - 1980. Trotzdem vorwärts. Erinnerung an die Strandung des Luftschiffes LZ VII Deutschland am 28. Juni 1910 am Hohnsberg, Bad Iburg - Glane, 1980.
Heimatverein Glane e.V. (Hrsg.): Trotzdem vorwärts. 1910-2010. Strandung des Luftschiffes LZ VII "Deutschland" am 28. Juni 1910, 2010.

Zeppelinstein

Das Waldgrundstück, auf dem "LZ VII" strandete, gehörte dem Neubauern Johann Heinrich Möllenkamp (Haus Nr. 42 in Visbeck, heute: Laerer Straße 3). Nach dem Umglück verkaufte Johann Heinrich Möllenkamp das Grundstück 1911 an den Kaufmann Heinrich Eberhardt, der in Dissen ein Kolonialwarengeschäft, ergänzt um eine Mehl- und Kohlenhandlung, betrieb und im Dissener "Frommenhof" wohnte.
Heinrich Eberhardt war von 1906 bis 1907 und von 1922 bis 1926 Vorsitzender des "Teutoburger-Gebirgs-Verbandes".

1912 errichtete der "Teutoburger-Gebirgs-Verband" an der Unglücksstelle einen Gedenkstein; dieser Findling lag rund 1 km westlich des Unglücksortes.
Wie der Transport vom Fundort bis zum Aufstellungsort ausgeführt wurde ist bislang unbekannt.

Einweihung des Zeppelinsteins
Einweihung des Zeppelinsteins
Foto: Archiv Martin Frauenheim

Vor rd. 200.000 Jahren stieß das Eis der Saale-Kaltzeit im sog. Drenthe-Stadium, von Norden kommend, mit dem "Osnabrücker Gletscher" bis in die Westfälische Bucht vor. Bei diesem Gletschervorstoß brachte das Eis zahlreiche Findlinge mit, darunter auch Granite aus dem Grundgebirge Skandinaviens (vor allen Dingen aus Mittel- und Südschweden). In einer Höhe von 190 m ü.NN kam der Findling schließlich zum Liegen.
Zahlreiche kleine Findlinge finden sich in einer Senke nahe der Steinbecke zwischen Limberg und Hohnsberg, ebenfalls in einer Höhe zwischen 160,0 und 170,0 m.

Bei dem Findling handelt es sich um einen grobkörnigen Granit mit rötlichen Feldspäten mit einem Volumen von 4,5 m3 und einem errechneten Gewicht von 11,7 Tonnen.
Heinrich Eberhardt stellte für die Aufstellung des Denkmals den Grund und Boden kostenlos zur Verfügung.
Die Bronzetafel, geschaffen von dem Osnabrücker Modelleur und Bildhauer Heinrich Wulfertange (1854 - 1924), trägt die Inschrift "Graf Zeppelin Trotzdem vorwärts! Hier strandete schneebedeckt im Sturm am 28. Juni 1910 das 1.-Verkehrs-Luftschiff-Z-7-Deutschland-". Es ist noch das Original Bronze-Relief von 1912.
Die Errichtung des Gedenksteins kostete dem "Teutoburger-Gebirgs-Verband" insgesamt 3.033,74 Goldmark. Der "Verschönerungs- und Wanderverein von 1835 Osnabrück" spendete dazu 1.000 Goldmark.

Ansichtskarte Zeppelinstein, 1911   Das Relief
Ansichtskarte Zeppelinstein, 1911   Das Relief zeigt im oberen Bereich ein Bild des
Ferdinand Graf von Zeppelin, umrahmt von Lorbeerlaub
(als Zeichen einer besonderen Ehre);
darunter das Luftschiff in den Tannen, am Himmel
ein fahrendes Luftschiff und rechts davon die Germania

Im Juni 1913 übereignete Heinrich Eberhardt das Grundstück der Stadt Osnabrück, die dafür die Pflege des Denkmals übernahm; das Denkmal wurde ein begehrtes Wanderziel vieler Sparziergänger.

Der unterhalb des Zeppelinsteins wohnende Landwirt Franz Winter betrieb in dieser Zeit eine "Stillkenkniepen" - eine heimliche Schankwirtschaft, die später vom Landrat in eine offizielle "Schankwirtschaft" übergeleitet wurde.

1923 erhielt Gertrud Stönner (verstarb 1952) eine Schankerlaubnis - dies war der Beginn der Gastwirtschaft "Zum Zeppelinstein" (Visbeck Nr. 47, heute: Am Zeppelinstein 47). Die Gaststätte wurde aufgrund der sehr temperamentvollen, freundlichen und fröhlichen Wirtsfrau auch "Lustige Witwe" genannt.

Lageplan am Zeppelinstein
Lageplan am Zeppelinstein,
rot eingekreist: Zeppelinstein
Quelle: OpenTopoMap (CC-BY-SA)

 

Der Zeppelinstein, eingezäunt im Jahre 1937
Der Zeppelinstein, eingezäunt im Jahre 1937
aus: Heimatlese, August 1937, 5. Jahr, Heft 11 (Auf dem Dörenberg)

Im Jahre 1939 übergab die Stadt Osnabrück das Grundstück mit dem Zeppelinstein unentgeltlich an die Gemeinde Glane-Visbeck. Mit der Pflege der Anlage wurde der nahegelegene Pächter der Gastwirtschaft "Zum Zeppelinstein" und Schwiegersohn von Gertrud Stönner, Josef Fellhölter, beauftragt.

Ansichtskarte der Gastwirtschaft "Zum Zeppelinstein" (links) sowie der Zeppelinstein (rechts)
Ansichtskarte der Gastwirtschaft "Zum Zeppelinstein" (links) sowie der Zeppelinstein (rechts)
Foto u. Verlag: Foto-Kuhlmann, Bremerhaven (um 1957)

Nachdem die Familie Fellhölter 1960 in Glane ein Eigenheim gebaut hatten, gaben sie die Fortführung des Anwesens auf - die neuen Besitzer bauten die Gastwirtschaft aus und modernisierten diese.
Da sich nunmehr keiner mehr um die Pflege des Zeppelinsteins kümmerte, wucherten die Anlagen des Zeppelinsteins zu.

Im Jahre 1970 besuchte Freifrau Isa von Brandenstein (1910-1997), die Enkelin des Ferdinand Graf von Zeppelin, die Absturzstelle und den Gedenkstein.

Seit 1971 führt die traditionelle Mai-Wanderung des "Heimatvereins Glane e.V." zum Zeppelinstein: dort werden dann die Lieder "Der Mai ist gekommen" und das vom Lehrer Bernhard Berstermann geschriebene Glaner Heimatlied "Glane, du bist wohl gelegen" gesungen; im nahegelegenen Hause Winter / Dreier wurden abschließend Würstchen gegrillt und Getränke eingenommen.

Wanderung des Heimatvereins Glane e.V. zum Zeppelinstein 1971
Wanderung des Heimatvereins Glane e.V. zum Zeppelinstein 1971,
vorne rechts: Johannes Horstmeyer
Foto: Archiv Heimatverein Glane, aus dem Nachlass von Friedrich Pax

Im Rahmen der Vereinigung der Stadt Bad Iburg mit der Gemeinde Glane am 1. Juli 1972 zur Einheitsgemeinde Bad Iburg wurde diese in der Rechtsnachfolge Eigentümerin des Gründstücks.

Anlässlich der 70. Wiederkehr der Strandung des Luftschiffes im Teutoburger Wald wurde unter maßgeblicher Beteiligung des Heimatvereins Glane e.V. am 29. Juni 1980 der neue Rundwanderweg "Zeppelinweg" (Länge: 9 km / weißer Zeppelin auf schwarzem Grund mit weißem Außenkreis) eröffnet sowie die neu gestalteten Anlagen am Zeppelinstein, nach gründlicher Durchforstung des Waldstücks, der Öffentlichkeit übergeben.
Am 5. und 6. Juli wurde im Kurhaus Bad Iburg durch die "Zeppelinpost Arbeitsgemeinschaft im Bund Deutscher Philatelisten e.V." eine Briefmarkenausstellung durchgeführt, bei der auch ein Sonderpostamt eingerichtet und ein Sonderstempel herausgebracht wurde.

1982 errichtete der Heimatverein Glane e.V. am Zeppelinstein eine Informationstafel - die Beschriftung führte der Graphiker Horst Schöne aus.
Noch heute kümmert sich der Heimatverein Glane um die Pflege des Denkmals sowie des dazugehörigen Platzes.

Im Jahre 2010, 100 Jahre nach dem Absturz, fand im heimatkundlichen Museum "Averbecks Speicher" vom 28. Mai bis zum 31. August 2010 die Sonderausstellung "Zeppelin und Luftschifffahrt" statt - Teile der Ausstellung wurden ebenfalls vom 27. Oktober bis zum 30. November im Aeronauticum in Nordholz unter dem Titel "Vor 100 Jahren: Strandung des Luftschiffs "Deutschland" im Jahre 1910" gezeigt; ebenfalls führte die Sternwanderung des Heimatbundes Osnabrücker Land e.V. am 20. Juni zum Zeppelinstein und am 27. Juni wurde ein Sonderstempel herausgebracht.

Sonderstempel 1980   Erstausgabe mit dem Sonderstempel 2010
Sonderstempel 1980   Erstausgabe mit dem Sonderstempel 2010

 

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