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Torf
Einige Jahrhunderte alt ist die
Geschichte des Abbaus von Torf im Großen Bruch
("Graute Brok") von Ostenfelde.
Bruch ist die Bezeichnung
für ein Sumpfgebiet mit (ehemaligem) Busch- und Waldbestand; die
charakteristische Vegetation ist Bruchwald.
Lageplan des "Großen Bruches" und der
südlich angrenzenden Gebiete "Große Heide" und "Donnerbrink" in Ostenfelde (aus: BRINKMANN, Matthias: Der Vogelbestand eines Wiesenbruches mit Rand- holzung im Südosnabrücker Flachland. In: Biologische Abhandlungen, Heft 11, Würzburg 1955) blauer Punkt = Örtlichkeit des nachstehenden Bodenprofils |
Ein Bodenprofil in der Ostenfelder Heide zeigt in 73 cm bis 130 cm Tiefe das Vorhandensein von Torf:
Bodenprofil aus der Ostenfelder Heide (aus: BURRICHTER, Ernst: Wald- und Forstgeschichtliches aus dem Raum Iburg, In: Natur und Heimat, 12. Jhg., 2. Heft, Münster 1952) |
Untersuchungen von dem Münsteraner
Universitätsprofessor a.D. für Geobotanik, Dr. rer. nat. Ernst
Burrichter, um 1951 ergaben, dass die Torfschicht mit fossilen
Erlenwurzeln und Schilfrhizomen reichlich durchsetzt war; es
stockte somit früher an dieser Stelle ein Erlenbruchwald.
Die Datierung anhand des Profils ermöglichte eine Einordnung in
die Übergangszeit von der Mittleren (Atlantikum) zur Späten
Wärmezeit (Subboreal). - das entspricht einer Zeit um 2.200 v.
Chr.
Bereits 1609 kam es zwischen den fürstlichen Beamten des Fürsten Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel, dem Abt Johann Strubbe und Johann von Hake von Scheventorf auf der einen Seite und Heinrich Wilhelm [?] von Borghorst gen. Kerstapel, dem Besitzer der Schleppenburg, bezüglich des Torfabbaus zu Streitigkeiten, da der Besitzer von Schleppenburg für sich Markrechte in Anspruch nahm.
1615 musste der Lienener Erbkötter
Börger (Holzhausen Nr. 28 / Schulstraße 6), weil er "wider
Verbott Torf gestochen", 2 Gulden Strafe zahlen.
[Derzeit ist unbekannt, in
welchem Bereich Börger Torf gestochen hatte.]
In dem Grenzvertrag "Lynischer
Vergleich zwischen Osnabrück und Tecklenburg" vom 09.
Oktober 1656, bekannt geworden als "Lienener Rezess von 1656",
wurde aufgrund der vorausgegangenen zahlreichen
Grenzstreitigkeiten - auch bezüglich des Torfstichs - zwischen
dem Osnabrücker Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg und dem
Tecklenburger Grafen Moritz von Bentheim-Tecklenburg erneut der
Grenzverlauf festgesetzt.
Bereits 1606 wurde im
Rahmen der Grenzfestsetzung festgelegt, dass die Grafen von
Bentheim-Tecklenburg das Kirchspiel Lienen und das Fürstbistum
Osnabrück die Bauerschaft Ostenfelde erhält.
Der erste Hauptverhandlungspunkt war die Teilung des Torfmoores zwischen Lienen und Glandorf. So steht auf Seite 4 des "Lienener Rezesses": "(...) daß solch Mohr, soweith es zum Torffstechen dienet zum Gebrauch gleich getheylet der Gestalt, daß der eine halber Theyll den Eingeseßenen deß Kirspels Glandorff, der ander deß Kirspels Lynen zum Torffstechen ahn gewiesen sein (...)". Die genaue Festsetzung der diesbezüglich notwendigen Grenze erfolgte am 27. und 28. Juni 1656 durch den erfahrenen und unpartaiischen Landvermesser Everhard Alerdinck (geb.: 1598 in Münster, gest.: 11.05.1658 in Münster). Die Trennlinie zwischen den Kirchspielen durch das zum Torfstechen benutzte Gelände betrug "einhundert ein und achtzig Rueten" [= ca. 682 m]. Diese neue Grenze wurde sodann mit vier eingegrabenen Säulen vermarkt.
Um 1676 wurden im "Ostenfelder Bruch" die ersten Wiesen angelegt; im Herzes des Bruches wurde noch weiterhin Torf abgebaut.
In einem Privilegium [Urkunde] des
Grafen Johann Adolf von Bentheim-Tecklenburg (geb.: 22.09.1637
auf Schloss Tecklenburg, gest. 29.08.1704), Holzgraf ("Holting")
in der Ostenfelder Mark, vom 25. Oktober 1686 fand "auf
Veranlassung der Eingesessenen der Bauerschaft Ostenfelde,
Markengenossen unseres Lienenschen Holzgerichtes" die
Teilung des sich im Südosten der Lienener Bauerschaft Dorfbauer
befindlichen Moores in Distrikte statt. Der Graf bewilligte darin
auf Ersuchen der Ostenfelder Markgenossen "wegen Abgang des
Holzes ihren Feuerbrand aus dem Moore zu nehmen."
Die Holzgrafschaft über
die Glaner und Sentruper Mark besaß bis 1628 Johann von Hake von
Scheventorf. Der Holzgraf hatte die polizeiliche Aufsicht in der
Mark und bei Streitigkeiten die richterliche Gewalt.
Unter Mark versteht man diejenigen Grundstücke, deren Nutzung
sämtlichen Dorfbewohnern einer Klasse zusteht.
Bei der Zuteilung verschiedener "Wahren" [Mengen] nach Erbesklassen durfte jeder Vollerbe neun, jeder Halberbe sechs, jeder Erbkotten vier und jeder Markkotten drei Fuder Torf im Jahr stechen. Diese Bedingung galt zunächst für vier Jahre. Der Vogt von Lienen, Kaspar Hermann Docen, hatte, damit alles ordentlich zuging und das Moor nicht verdorben werde, die Überwachung inne. Auch der zu zahlende "Canon" wurde festgesetzt.
Vollerbe: | Halberbe: | Erbkotten: | Markkotten: |
Borchardt (Nr. 6 / Lienener Straße 28) |
Jan Brinkmann (Nr. 8 / Münsterstraße 50) |
Alterbaum (Nr. 16 / Lienener Straße 40) |
Johann auf der Heide (Nr. 26 / Alter Postdamm 14) |
Middendorp (Nr. 7 / Lienener Straße 16) |
Huilßbroich (Nr. 11 / Lienener Straße 30) |
Tönnies Waltermann (Nr. 15 / Alter Postdamm 5) |
Berend aufm Masch (Nr. 29 / Münsterstraße 73) |
Niemeyer (Nr. 4 / Eichengrund 1) |
Hülsman (Nr. 12 / Lienener Straße 32) |
Wellenbrock (Nr. 14 / Äckernweg 2, ehem. Scheventorffer Schaafstall) |
Hermann Brinkmann (Nr. 20/ Münsterstraße 50) |
Schulte (Nr. 5 / Lienener Straße 23) |
Rockener (Nr. 13 / Lienener Straße 28) |
Glosemeier (Nr. 23 / um 1880 aufgelöst) |
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Sommer (Nr. 2 / Alter Postdamm 2) |
Tonies im Berge (Nr. 9 / Zwischen den Wellen 9) |
Hölscher (Nr. 22 / Donnerbrinksweg 4) |
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Vogelsanck (Nr. 3 / Lienener Straße 34) |
Wacker (Nr. 10 / Zwischen den Wellen 10) |
Kreutzman (Nr. 28 / Alter Postdamm 12) |
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Wiemann (Nr. 1 / Kreuzbrink 25) |
Kuhlmann (Nr. 18 / Lettweg 1) |
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Maßmann (Nr. 30 / Lienener Straße 22) |
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Metteker (Nr. 24 / Auf den Äckern 6) |
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Everd Möller (Nr. 27 / Zum Eschholz 2) |
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Nieman (Nr. 31 / Lienener Straße 38) |
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Picker (Nr. 25 / Roggenkamp 1) |
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Roggenkamp (Nr. 17 / Roggenkamp 3) |
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Johann Tewes (Nr. 29 / um 1900 aufgelöst) |
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Vedder (Nr. 21 / Donnerbrinks Weg 6) |
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Trockel Waltermann (Nr. 19 / Münsterstraße 50) |
Nach der Einteilung der
Bauernhöfe in ein Klassensystem richteten sich die
Berechtigungen und der Umfang dieser Berechtigungen nach der
Erbqualität.
Vollerben waren Altbauern als erste Siedler, Halberben entstanden
durch Teilung von Vollerben-Hofstätten und waren daher kleiner
als Vollerben, Erbkotten entstanden durch Abspaltung von älteren
Höfen und waren bäuerliche Neugründungen, Markkotten waren
Neugründungen selbständiger Hofstätten.
Das Kloster Iburg erhielt in einem Sonderprivileg vom 25. Oktober 1686 vom Grafen Johann Adolf von Bentheim-Tecklenburg bei der Verteilung des dortigen Torfmoors so viel an Torfstich als einem vollem Erben zugelegt wurde - das waren 9 Fuder Torf jährlich. Als Grund gibt der Graf an, "wie er Herr Abt uns und unser Grafschaft mit sonderlicher Genegentheit [Geneigtheit] jederzeit beygepflichtet gewesen uns gute Dinge gethaen, er und seine successores [Nachfolger] noch ferner erweisen können und wollen." Das Kloster zahlte nichts.
Das Torfmoor war immer wieder
Streitpunkt zwischen den Eingesessenen der drei umliegenden
Kirchspiele Glandorf, Lienen und Ostenfelde.
Ein "eigentlicher Entwurff des Streitigen Torff Mohrs
zwischen denen glandorffischen und ostenfeldern osnabrückischen
Seiten und denen Lynischen Teckelenburgischen Seiten, nebst der
herumb liegenden Situation Anno 1709 im August" zeigt die
strittigen Torfflächen. Die Karte umfaßt ein Gebiet von 43 km2
und eingezeichnet ist der Lienener und der Iburger Torfabbau.
Historische Karte der streitigen Torfgebiete, August
1709 (Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Osnabrück, NLA OS K73 Nr. 103 H, Veröffentlichungsgenehmigung v. 01.02.2017) |
Historische Karte der streitigen Torfgebiete, August
1709 (Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Osnabrück, NLA OS K73 Nr. 103 H) genordete Karte mit eingefügten Bezeichnungen zur Orientierung |
Bei der Karte handelt es sich um eine
verkleinerte kolorierte Zeichnung von E[beron] W. Brockmann aus
dem Jahr 1769, gezeichnet nach dem Original von
Artilleriekapitän A[lexander] L[udwig] Corfey (geb.: 1670 in
Iburg, gest.: 1728) vom August 1709 [siehe nachfolgende Abbildung].
Alexander Ludwig Corfey war
der Halbneffe des 1668 in Warendorf geborenen Offiziers,
Ingenieurs und Architekten Lambert Friedrich Corfey; dieser starb
am 18.02.1733 in Münster.
Historische Karte der streitigen Torfgebiete, August
1709 (Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Osnabrück, NLA OS K73 Nr. 101 H, Veröffentlichungsgenehmigung v. 01.02.2017) |
Das "L" bezeichnet den "Platz,
alwo von denen Iborgischen der Torf weck gehohlet in Anno 1709".
In der vorherigen stark kolorierten Karte bezeichnet das "L"
den Bereich, "wo der Torff von denen Iburgischen weg geholet
in Anno 1709".
Auch im Gemeindearchiv Lienen befindet sich eine Akte mit "Streitigkeiten über das Torfmoor 1743 - 1798".
In historischen
Vermessungskarten aus der Zeit vor 1800 ist das Moor (noch)
eingezeichnet.
In der 1805 vom preußischen Generalmajor Karl Ludwig
Jakob Edler von Le Coq herausgegebenen "Karte eines Theils
von Münster, Ravensberg, Osnabrück, Minden, Tecklenburg, Lingen,
Paderborn. Lippe-Detmold, Rheda und Rietberg" (Blatt 13) ist
der Moorteil auf Lienener Gebiet als "Bestochenes Moor"
wiedergegeben:
Auszug aus der Karte von Generalmajor von Le Coq |
In der "Topographischen
Karte der Landdrostei Osnabrück" (Gaußsche Landesaufnahme
der 1815 durch Hannover erworbenen Gebiete), aufgenommen in den
Jahren 1842 - 1847, ist in diesem Bereich "Heide" und
leicht östlich davon "Nasse Wiese" eingetragen.
Carl Friedrich Gauß
führte die Vermessung im Bereich von Iburg nicht selber durch -
sein Sohn Carl Joseph Gauß und Leutnant Friedrich
Hartmann führten die Vermessungsarbeiten durch. Nach dieser
Aufnahme gab es in Ostenfelde 80 Feuerstellen.
Voraussetzungen, als Vermessungsgehilfe den Gauß'schen
Ansprüchen zu genügen, waren "... reger Eifer für die
Sache, die größte Pünktlichkeit und Sinn für die größte
Genauigkeit, eine gewisse praktische Anstelligkeit, einige
Kenntnis vom Bauwesen, ...", so Carl Friedrich Gauß in
einem Brief vom 30. Mai 1819.
In späteren Karten ist ein Eintrag für Moor nicht mehr zu finden.
Um 1900 war das Gebiet ein sumpfiges Grünlandmoor. An einzelnen Stellen wurde von Bauern noch nach Torf gegraben; dieses Torf hatte aber aufgrund seines jungen Alters nur eine geringe Heizkraft.
Weitere Flachmoortorf-Vorkommen befanden
sich nördlich der Straße "Auf der Reckte"
am Recktebach in Ostenfelde sowie nordwestlich des Hofes
"Große Hartlage" und östlich der Albershöfe am
Siebenbach in Glane. Noch am Ende des 18. Jahrhunderts
wurde bei den Albershöfen nach Torf gegraben.
Im weiteren Verlauf des Siebenbaches heisst heute eine Straße
Moorweg (Verbindungsstraße zwischen Visbecker Ring und
Bielefelder Straße).
Die Moorgebiete wurden von den nahen Anwohnern vollständig
abgetorft; die dortigen Äcker zeigen noch heute im Bereich des
moorigen Bodens eine sehr viel dunklere Bodenfärbung auf.
Ob die 1552 südlich von Iburg erbaute
Wasserburg Scheventorf mit den nahen
Torfvorkommen in Verbindung gebracht werden kann, ist nicht
nachweisbar und fraglich.
Das Geschlecht derer von
Scheventorf ist seit Mitte des 13.Jahrhunderts mit dem Ritter
Wigger von Scevintorp belegt - dabei kann die Endung torp für
Dorf (= eine bäuerliche Kleinsiedlung) stehen.
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