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Ziegelei Kamp, Herrenrest
Die Geschichte einer Ziegelei auf dem Herrenrest
geht zurück auf die Gründung des Auktionator's H. Säffer. In
der 1895 aufgenommenen Topographischen Karte 1 : 25 000 ("Meßtischblatt
Iburg") ist diese Ziegelei jedoch noch nicht eingezeichnet.
Säffer veräußerte um 1897 seine Ziegelei an den Iburger
Wilhelm Wiemann, der diese unter dem Namen "Dampfziegelei
Herrenrest" weiterführte.
1898 berichtete die "Tonindustrie-Zeitung", dass die
Dampfziegelei auf der Herrenrest durch Anlegung eines neuen
Ringofens vergrößert werden soll und die diesbezüglichen
Arbeiten bereits in Angriff genommen wurden.
Kopf eines Briefumschlages |
1904 sprach der promovierende Student Karl Andrée in seiner Dissertation "Der Teutoburger Wald bei Iburg" von einer "... neuerdings wieder aufgenommenen Ziegelei-Tongrube".
Der Name Herrenrest beruht darauf, dass der Osnabrücker Bischof , wenn er mit seinem Gefolge von Osnabrück nach Iburg fuhr, dort eine Pause machte und die Pferde wechselte. Auch bildete der Herrenrest einst die Grenze zwischen den Wegebau-Inspectionen Melle (mit dem Wegbau-Aufseher Winninghoff aus Iburg) und Osnabrück.
1909 schließlich gründete dort am Herrenrest, östlich vom Dörenberg, der Protestant Adolf Kamp aus Dröper eine Ziegelei.
Die Tongrube befand sich südlich der Borgloher
Straße, die Ziegelei lag nördlich der Straße. Unmittelbar
südlich an die Tongrube angrenzend verlief die Grenze zwischen
den Gemeinen Iburg und Oesede.
Besitzerin des Tongruben-Grundstücks war die Witwe Pohlmann aus
Osnabrück.
Lage von Ziegelei und Tongrube (aus einer Wanderkarte des Kneipp-Heilbades Iburg) |
In der Tongrube waren oberster Serpulit,
bestehend aus grauen dickschieferigen Tonen und Mergeln mit
eingelagerten Zellenkalken und Steinsalzpseudomorphosen, sowie
dunkle Schiefertone des Wealdens erschlossen. In der Sammlung des
Geologischen Institutes der Universität Göttingen lagern noch
heute Fundstücke aus der Iburger Sammeltätigkeit von Karl
Andrée, darunter auch das Handstück "Ob. Wealden
Herrenrest bei Iburg, leg. 1903".
Karl Andrée führte in seiner Dissertation "Der Teutoburger
Wald bei Iburg" folgende Fossilien auf:
die Muscheln Cyrena orbicularis A. ROEM., Cyrena elliptica DUNKER,
Cyrena obtusa A. ROEM., Cyrena ovalis DUNKER, Cyrena dorsata
DUNKER, Cyrena parviostris ? A. ROEM., Cyrena mantelli DUNKER,
Cyrena nuculaeformis A. ROEM., Corbula sp. (cf. inflexa A. ROEM.?),
die Schnecken Melania sp., Littorinella sp. und Valvata sp.
Am 29. Juni 1911 sammelte der Arzt und Heimatkundler Dr. Otto
Kanzler in der Grube. In seinem Buch über die Geologie des
Teutoburger Waldes führt er aus: "Ein sehr guter Aufschluß,
der viele Versteinerungen lliefert, findet sich nördlich von
Iburg am Ostfuße des Dörenberges, bei der sogenannten
Herrenrest, in der Ziegeleigrube an der Straße nach Borgloh."Im
"Karteiblatt für die Aufnahme der Lagerstättenkarte von
Niedersachsen" vom 12.06.1939 wurde vom zuständigen
Feldgeologen folgendes Profil einer 6 m hohen Abbauwand
angefertigt:
aufliegender Abraum | |
0,5 m | Löß |
2,0 m - 3,0 m | lehmige Grundmoräne mit großen nordischen
Geschieben (nur zum Teil für die Ziegelherstellung mitverwendet) |
3,0 m - 4,0 m | grauer bis rostbrauner Ton, zum Teil geschiefert, mit
eingelagerten Toneisensteingeoden, dazwischen dünne Mergelschichten |
Blick in die Tongrube, 01. Mai 1950 (Aufnahme: Hans Hasekamp, Sammlung: Werner Beermann, beide Georgsmarienhütte) |
Ein eindrucksvoller Fund aus der Tongrube, bekannt geworden als die "Steinbombe" vom Herrenrest, veranlasste den Heimatkundler und Kreisbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz des Kreises Osnabrück-Land, Prof. Dr. Matthias Brinkmann (geb.: 31.03.1879, gest.: 21.09.1969), am 20.10.1950 in der "Neuen Tagespost" zu folgendem Artikel:
Neue Tagespost, 20.10.1950 |
Prof. Dr. Brinkmann berichtete über einen
kinderkopfartigen festen grauen Steinballen mit hervorstehenden
roten Riffen.
Es handelte sich um einen mit Ton gefüllten Hohlraum, in dessen
Rissen sich Brauneisenstein (a-FeOOH+H2O) und Calcit (CaCO3)
absetzte. Durch Mechanismen der Verwitterung glättete sich die
Oberfläche, die festere Spaltenfüllung ragte hinaus:
"Steinbombe" vom Herrenrest |
Das ausgefällte Eisen erklärt das schwere Gewicht; die Geode
hat einen Umfang von ca. 42 cm.
Das damalige Fundstück erfreut im Wohnzimmer eines Nachfahren
des Ziegeleibesitzers Kamp noch heute so manchen Besucher.
Eine 200 Meter lange Feldbahn führte die in der Grube abgebauten Tone unter der Borgloher Straße hindurch in die Ziegelei.
Neubau eines Tunnels von der Tongrube unter der
Borgloher Straße hindurch zur Ziegelei, Juni 1926 |
Lage des Tunnels |
Luftbild der Ziegelei, ca. 1950 In dem Wohnhaus unten rechts wohnte Fritz Sprengelmeyer, sein ebenfalls im Betrieb beschäftigter Bruder Heinrich wohnte Borgloher Straße 1. |
Ziegelei Kamp von Südwesten (Aufnahme: Hans Hasekamp, Georgsmarienhütte, 29.05.1940) |
Blick vom Kamp'schen Obstgarten |
Gruppenaufnahme 1937/38: 1 = Adolf Kamp sen., 2 = Erhard Brinkkötter, 3 = Wilhelmine Kamp, 4 = Gustav Brinkkötter, 5 = Adolf Kamp jun., 6 = Erna Brinkkötter, 7 = Heinrich Sprengelmeyer (gest.: 1963) |
Der Betrieb belieferte die nächste Umgebung mit Klinkern, Hintermauersteinen und Drainagerohre. Im Juni 1939 waren sechs Arbeiter in dem Betrieb beschäftigt.
Lageplan des Ziegeleigeländes, Februar 1948 (gezeichnet vom Architekten Schmalstieg, Iburg) |
Während des zweiten Weltkrieges nutzten Osnabrücker Unternehmen den außer Betrieb genommenen Ringofen, um dort Bücher und Lederwaren zu deponieren.
Nach dem 2. Weltkrieg pachteten von 1948 bis 1958 Adolf und August Blanke die Ziegelei. Dort endete dann auch die fast 70jährige Produktion von Ziegeln durch die Familie Blanke.
Gewerbliche Anzeige aus: MGV "Concordia" Remsede: Festschrift zum 60. Stiftungsfest des Männergesangvereins "Concordia" Remsede am 29. Mai 1950 (2. Pfingsttag) |
Gewerbliche Anzeige aus: Festschrift zum 25jährigen Gründungstag der Freiwilligen Feuerwehr Iburg am 25., 26. und 27. Mai 1957 |
Das Gelände der Ziegelei ging, nachdem 1956
Wilhelmine Kamp verstorben war, Ende 1958 auf die Geschwister
Erna Brinkkötter und Emmy Blanke über.
1962 wurde das Gelände auf Hildegard Bobe umgeschrieben.
Ob verwandtschaftliche Beziehungen zum Sylbacher
Maurermeister und Bauunternehmer Freidrich Bobe bestanden, der
1909 in Lage/Lippe mit Gustav Beermann die "Ziegelei
Beermann" (heute: "Ziegelei Lage") gegründet
hatte, ist derzeit unbekannt.
1963 wurden während der Sommermonate für eine Saison ein letztes Mal Ziegel gebrannt.
In den sechziger Jahren überlegte man eine neue Tunnelofenanlage durch die "Keramische Industrie-Bedarfs-KG Paul Gatzke" aus Berlin/West erbauen zu lassen und die alte Ziegelei wieder in Betrieb zu nehmen.
In den Jahren 1966/1967 wurde die Ziegelei
abgebrochen und das ehemalige Ziegeleigelände an Anton Brinkhege
(geb.: 1915, verst.: 1993) verkauft. Im Jahre 1968 stand nur noch
das ehem. Kessel- und Maschinenhaus, das alte Wohnhaus und der
zwischen Garten und Trockenschuppen (9) befindliche Lorengraben.
In den Jahren 1970/1971 wurde schließlich das alte Wohnhaus
abgebrochen und der Lorengraben verfüllt. Heute befindet sich
das Grundstück in Besitz von Peter Brinkhege, Sohn von Anton
Brinkhege.
Die Tongrube wurde Mitte der 70iger Jahre mit
Aushubboden der Trassenverbreiterung der B 51 am Herrenrest
verfüllt.
Beim Neubau der einst unter Napoleon Bonaparte
1800 - 1812 erbauten Paßstraße über den Herrenrest im Jahre
1931/1932 wurde der Abraum, der durch einen zehn Meter tiefen
Durchbruch entstand, mittels einer Lorenbahn in das der Tongrube
westlich gegenüberliegende "Rote Loch" abgekippt.
ehem. Kessel- und Maschinenhaus, April 1986 |
Die Grabstätte der Familien Kamp und Brinkkötter befindet sich auf dem Friedhof in Bad Iburg.
Grabstein der Familien Kamp und Brinkkötter |
Hier die pdf-Version des von mir gehaltenen Kurzvortrages "Ziegelei Kamp": (6,95 MB)
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