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Dampfziegelei Gebrüder Glied, vormals Fischer'sche Tongrube

Im Jahre 1861 begann Johann Mathias Fischer (geb.: 29.08.1836 in Iburg, gest.: 1925) in der "Tegelheide" in unmittelbarer Nähe zu seiner "Fischerschen Tongrube" Ziegel in einem Feldbrandofen zu brennen.

Tegelheide setzt sich zusammen aus den Wörtern Tegel (=Ziegel) und Heide.

Blick auf die Ziegelei in der Tegelheide, ca. 1925.
Vorne links befand sich das Haus B. Schönebeck, auf der rechten Seite
Peters, vor der Ziegelei Theodor Fischer und schräg gegenüber Heinrich Glied.
(aus dem Kalender 2004 der Hirsch Apotheke, Bad Iburg)

Mathias Fischer war seit dem 30.03.1869 (standesamtl.) bzw. seit dem 13.04.1869 (kirchl.) mit Maria Gertrud Klüsener (geb.: 23.07.1845, gest.: 1927) verheiratet; sie hatten sechs Kinder, von denen drei aufgrund von Krankheiten nicht das zweite Lebensjahr erreichten.
Der jüngste und einzig lebende Sohn Georg Fischer (geb.: 07.10.1877) machte ab dem 01. Mai 1891 eine Lehre bei dem Zimmermeister Johannes Ahmerkamp in Warendorf.

Unterschrift Mathias Fischer

Das Fachwerkhaus samt Nebengebäude der Eheleute Fischer befand sich in der Großen Straße 79 (heute: Große Straße 31); das Haus wurde im Mai 1957 abgebrochen und an deren Stelle ein neues Einfamilienhaus mit Geschäftslokal errichtet (Familie P. Tepe); die Fertigstellung erfolgte im Oktober 1957.

Blick in den unteren Bereich der Großen Straße mit dem Haus Fischer (unten links),
ca. 1910

Die Ziegelei produzierte Ziegelsteine und Dachziegel, brannte aber auch Kalk.

Den Kalk lieferte u.a. das Kalkwerk Heinrich Tepe.

Für die Befeuerung der Ziegelei wurden Kohlen von der Kohlengroßhandlung Heinrich Eberhardt aus Dissen bezogen. Die melierten, d.h. unsortiert geförderte, Karbonkohlen kamen von der Zeche "Pluto" in Wanne-Eickel (Herne) und von der Zeche "König Ludwig" in Recklinghausen.

Rechnung der Kohlengroßhandlung Heinrich Eberhardt aus Dissen, 31. Oktober 1899

Beliefert wurde die nächste Umgebung, darunter auch die Papiermühle Quirl in Oesede, die Georgs-Marien-Hütte und (mit Kalk) die Wegebauinspection Iburg.
In einem alten Kassenbuch*, datiert 1868 bis 1874, sind Datum, der Empfänger, die gelieferten Produkte, die Mengen und die Preise festgehalten; nach Zahlung wurde der diesbezügliche Eintrag durchgestrichen.
So tauchen in dem Kassenbuch die Namen bekannter Iburger, Glaner und Ostenfelder Familien und Höfe auf. Auch der Iburger Bürgermeister Bernhard [Bernardus Josephus] Hiltermann wurde von Juli bis August 1874 mit Kalk und Ziegelprodukten beliefert.

 
Ausschnitt aus dem Kassenbuch des Jahres 1869   Ausschnitt aus dem Kassenbuch der Jahre 1871/1872

Im Jahre 1874 belieferte Fischer auch den Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenverein für die ober- und untertägigen Gebäude am Karlsstollen:

Ausschnitt aus dem Kassenbuch des Jahres 1874

 

Lade-Schein für Backsteine, Dachziegel und Kalk

Später wurden Rechnungen geschrieben.

Rechnung von Mathias Fischer vom 30. Juni 1895 an das "Dropsche Colonat" in Dröper / Oesede über die
Lieferung von insgesamt 3000 Dachziegel zum Preis von 108 Mark

In der Lohnliste der Lohnperiode April bis Dezember 1893 sind H[einrich] Berenswerth aus Iburg (mit 140 Arbeitstagen), J[oseph] Nagel aus Glane (mit 175 Arbeitstagen), A. Klare aus Iburg (mit 120 Arbeitstagen) und ein weiterer [nicht lesbarer] Arbeiter (mit 85 Arbeitstagen) aufgeführt.

Siehe auch: Ein Zufallsfund - Geschichten anhand eines Geschäftsbuches des Zieglers Mathias Fischer

Die Ziegelei wurde 1932 an Heinrich und J. Glied verpachtet und als "Dampfziegelei Gebrüder Glied" weitergeführt.

Blick vom Kleinen Freeden über den Kotten des Hofes Eichholz hinweg zur Ziegelei,
29.05.1939 (Aufnahme: Hans Hasekamp, Georgsmarienhütte)

 

Lageplan der Ziegelei in der Unteren Tegelheide im Flecken Iburg
(gezeichnet im Januar 1958 von dem Iburger Architekten Georg Niemeyer)

In dem mit "Th. Fischer" bezeichneten Gebäude westlich der Ziegelei befand sich die "Pension Waldesruh" (Eichholzweg 30 / Tegelheide 12) von Theodor Fischer: "Abseits vom Straßenverkehr gelegen, am eigenen Wald mit schattigen Ruheplätzen und Liegestellen", so warb Th. Fischer im Mai 1937. Ab 1972 wohnte dort die Dachdecker-Familie Verhoeven - zu diesem Zeitpunkt war die Ziegelei bereits abgerissen.
Die kleinere "Pension Monika" von dem Ziegeleibesitzer Heinrich Glied befand sich in am Eichholzweg 25 / Tegelheide 10. Einige Jahre bestand die "Pension Waldfrieden" von Bernhard Glied (Eichholzweg 27).

Postkarte aus dem Verlag Hankers-Druck, Iburg
große Bilder von links oben nach rechts unten:
Gasthaus zum Freden, Pension Waldfrieden, Pension Waldesruh, Pension Monika
Vom 10.06. - 10.07. und vom 01.09. - 20.09.1958 nahm das Gasthaus zum Freden je 3 Betriebs-
angehörige der Erzbergbau Porta-Damme AG zu einem 10-tägigen Erholungsurlaub auf.

 

Kopf der Rechnungen

Briefkopf

 
Blick vom Hagenberg Richtung Dörenberg, 29.05.1939
(Aufnahme: Hans Hasekamp, Georgsmarienhütte)
  Detail aus nebenstehender Aufnahme mit der "Dampfziegelei Gebrüder Glied"

 

 
Ansicht der "Dampfziegelei Gebrüder Glied"   Ansicht der "Dampfziegelei Gebrüder Glied"

 

Auszug aus dem "Amtlichen Fernsprechbuch der
Reichspostdirektion Oldenburg (Oldb) 1938-1939",
Ortsnetz Iburg

 

Die Ziegelei förderte aus einer unmittelbar nordwestlich davon befindlichen Tongrube einen dunklen tonig verwitternden weichen Flammenmergel (kru2ß) des Ober-Alb (Flammenmergel-Formation, Untere Kreide), der einen hohen Kieselsäuregehalt aufwies.
Eine Analyse des Flammenmergels ergab nach Angaben des Geologen Wilhlem HAACK:
15,5 % CaCO3 (Calciumcarbonat),
13,7 % Al2O3 (Aluminiumoxid / entsprechend 33,38 % wasserhaltigem Ton).

Wilhelm Haack führte in den "Erläuterungen zur Geologischen Karte von Preußen und benachbarten deutschen Ländern, Blatt Iburg" an Mineralien eiförmige bis zylindrische Phosphoritknollen und an Fossilien die Muscheln Aucellina gryphaeoides SOWERBY und Inoceramus cf. concentricus PARKINSON sowie den Belemniten Belemnites minimus LISTER und den Ammoniten Hoplites cf. deluci D'ORBIGNY auf.

Die Tongrube hatte eine Länge von ca. 200 m sowie eine Breite von ca. 100 m und war zwischen 5 m und maximal 10 m tief; die Grubensohle befand sich über der örtlichen Grundwasseroberfläche.
Der Ton wurde mit Loren aus der Grube bis zum Werk befördert; nach Walzung und Trocknung wurde der Ton in einem ovalen Ringofen gebrannt.

Am 12. Juni 1939 waren 13 Arbeiter in dem Betrieb beschäftigt. Der 2. Weltkrieg unterbrach 1940 die Arbeiten - 1946 fand ein erneuter Anfang statt.

Produziert wurden Klinkersteine, Pfannen und Drainagerohre - die Absatzgebiete lagen bis Münster und Osnabrück.

Aus Tonmangel wurde der Betrieb 1955 eingestellt.

Im Anschluss wurde die ausgebeutete Tongrube mit Bauschutt (Ziegelresten, Keramik, Fliesen, Beton), geringen Schlackenresten und Bodenaushub (mit Holz- und Wurzelresten) verfüllt.
Bereits für 1970 ist der Abschluss der Verfüllung dokumentiert.

Lage der Tongrube (eingezeichnet in heutigen Lageplan)

 

* Für die Bereitstellung des Kassenbuches danke ich ganz herzlich Michael Mönstermann, Osnabrück!


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